Bücherkompass

Beiträge zum Thema Bücherkompass

Kultur

Andreas Maiers Roman „Die Städte“
Mit Asterix auf dem Rücksitz

Der 54-jährige Schriftsteller Andreas Maier hat das nächste Teilstück seiner groß angelegten autobiografischen Lebensrundfahrt bewältigt. Kindheit, Jugend und Pubertät im Landstrich zwischen Gießen und Frankfurt standen in den Vorgängerwerken im Mittelpunkt. In „Die Städte“, der achte von elf geplanten Romanen unter dem Arbeitstitel „Ortsumgehung“, schweift der Blick nun über die heimatliche Wetterau und Frankfurt hinaus. Maiers Ich-Erzähler, der dem „Problem-Andreas“ aus den Vorgängerwerken...

Kultur

Moritz Hegers Roman „Aus der Mitte des Sees“
Bleiben oder gehen?

Um es gleich vorweg zu nehmen, der zweite Roman des 50-jährigen Stuttgarter Autors Moritz Heger hat nur eine (im konventionellen Sinn) spärliche Handlung und kommt daher nur äußerst behäbig in Fahrt. Ein Mönch zieht monologisierend Bilanz. Dabei geht es weniger um Religion, sondern um Lebensentwürfe, Vertrauen und den inneren Zwiespalt zwischen Nähe und Einsamkeit. Autor Moritz Heger, im Hauptberuf noch als Gymnasiallehrer für Deutsch und evangelische Religion tätig, hat die Idee zu diesem...

Kultur

Leila Slimanis großartiger Roman „Das Land der Anderen“
Zu keiner Seite gehören

Sie wird im Oktober erst vierzig Jahre alt, hat bereits 2016 den renommierten „Prix Goncourt“ erhalten und nun schon drei bedeutende Romane vorgelegt. Die Rede ist von der in Rabat geborenen und seit vielen Jahren in Paris lebenden Leila Slimani. Ihr 2017 in deutscher Übersetzung erschienener, preisgekrönter Roman „Dann schlaf auch du“, in dem ein Kindermädchen zur Mörderin wird, wurde in Frankreich im ersten Jahr gleich 350.000-mal verkauft. In ihrem dritten Roman hat die Tochter aus...

Kultur

Zum 80. Geburtstag der Schriftstellerin Monika Maron (am 3. Juni*) erschien der Essayband „Was ist eigentlich los“
Von links nach rechts

„Ich bin also verrückt, krank, leide an Transzendenzmangel und gehöre gelegentlich auch zu den Leugnern“, schreibt Monika Maron in ihrem jüngst erschienenen Essayband „Was ist eigentlich los“ über ein diffuses Gefühl, das sich bei ihr während der Zeitungslektüre oft einstellte. Harsche Medienkritik, das Ablehnen der Asylpolitik der Merkel-Regierung und eine mehr oder weniger offen formulierte Islamfeindlichkeit ziehen sich wie ein roter Faden durch die jüngeren Arbeiten des neuen Bandes. In den...

Kultur

Christoph Heins Roman „Guldenberg“
Nervöse Anspannung

Es ist kaum zu leugnen, dass Christoph Hein mit postmoderner Literaturtheorie nichts am Hut hat und ein leicht altmodischer, weil stark moralisierender Erzähler ist. Mit „Willenbrock“ (2000) und „Landnahme“ (2004) hat er präzise und authentische Panoramen der Nachwendegesellschaft vorgelegt. Christoph Heins Figuren – von der Ärztin Claudia aus „Der fremde Freund“ (1982) bis hin zum homosexuellen Literaturwissenschaftler Friedeward Ringeling in „Verwirrnis“ (2018) – verbindet der Hang zur...

Kultur

Judith Hermanns Roman „Daheim“
Die zersägte Frau

Um die Suche nach einer geografischen wie auch geistigen Heimat befinden sich die Figuren in Judith Hermanns zweitem Roman „Daheim“. Mit der inzwischen 51-jährigen Autorin sind auch ihre Protagonisten gealtert. Vor 23 Jahren hat Hermann mit ihrem literarischen Debütwerk „Sommerhaus, später“ gleich einen grandiosen Erfolg gefeiert. Der Band avancierte zum Bestseller, und der Name Judith Hermann galt fortan beinahe als Synonym für das mediale Phänomen „Fräuleinwunder“. Als „Stimme ihrer...

Kultur

Klaus Modicks Roman „Fahrtwind“
Mit Eichendorff im Cabrio

„Ich hatte herrlich lange geschlafen und ausgiebig gefrühstückt und setzte mich dann mit meiner Gitarre auf die Treppe, die vom Wintergarten in den Garten führte. Entspannt drehte ich mir eine Morgenzigarette, mischte zwecks Horizonterweiterung ein paar Krümel Gras dazu.“ Das sind die selbstverliebt anmutenden Gedanken des Protagonisten aus Klaus Modicks neuem Roman „Fahrtwind“. Modick, der am 3. Mai seinen 70. Geburtstag feierte, gehört seit vielen Jahren als feste Größe zum deutschsprachigen...

Kultur

Vor 100 Jahren wurde der Georg-Büchner-Preisträger Erich Fried geboren (6. Mai)
Mit den Steinen sprechen

Als der Schriftsteller Erich Fried am 17. Oktober 1987 den Georg-Büchner-Preis entgegennahm, war er bereits deutlich sichtbar von seiner schleichenden Krankheit gezeichnet. Dennoch holte er in der erlauchten Runde der Darmstädter Akademie noch einmal zu einem verbalen Keulenschlag aus, als er in seiner Dankesrede provokant behauptete: „Es ist wahrscheinlich, dass dieser Zwanzigjährige (gemeint ist Georg Büchner) sich in unserer Zeit zur ersten Generation der Baader-Meinhof-Gruppe geschlagen...

Kultur
Gero Pfeiffer ist Autor zahlreicher juristischer Fachpublikationen. Mit Tod im Container, einem klassischen „Whodunit“-Krimi, der den Mord in einer Reality-Show thematisiert, veröffentlichte er 2010 erfolgreich seinen ersten Roman. Auch "Das letzte Spiel" ist wieder ein Erfolg.

Heute schreibt er im Spannungsfeld zwischen Psychothriller, Suspense und Krimi.  | Foto: storyvent.com
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Lesekompass
Fesselnd bis zur letzten Seite

Mit einem Buch auf der Nase einzuschlafen, weil man es einfach nicht aus der Hand legen kann, das ist mir schon lange nicht mehr passiert. "Das letzte Spiel" von Gero Pfeiffer jedoch ist so spannend, dass man den Thriller nicht mehr saus der Hand legen mag. Ein Meisterstück von Gero Pfeiffer, der sich als Jurist und Fachautor ebenso einen Namen gemacht hat wie als Thriller-Spezialist. Von Andrea Rosenthal Erschienen ist "Das letzte Spiel" am 25. März bei Digital Publishers. Die Story ist ebenso...

Kultur

Mareike Krügels Roman „Schwester“
Fifty ways to leave your lover

„Sie brauchte einen Moment ganz ohne Informationen und Eindrücke, sonst würde es passieren, hier und jetzt, es würde das passieren, was sie immer schon befürchtet hatte: Sie würde verrückt werden“, geht es Iulia durch den Kopf, eine der Hauptfiguren im neuen Roman der 44-jährigen, in Schleswig-Holstein lebenden Schriftstellerin Mareike Krügel, die 2017 mit ihrem Roman „Sieh mich an“ auf beachtliche Resonanz gestoßen war. Krügel hat ihren vielschichtigen Roman in jener Gegend angesiedelt, die...

Kultur

Sasha Filipenkos Roman „Der ehemalige Sohn“
Ein Land im Koma

„Als ich damals versuchte zu schreiben, wie es ist, konnte ich eigentlich schon davon ausgehen, dass ich auch erzähle, was passieren wird. Für mich als Autor ist es natürlich super, dass mein Roman jetzt so aktuell ist“, erklärte der Autor Sasha Filipenko kürzlich. Man muss gleich vorweg schicken, dass dieser Roman bereits vor sieben Jahren im Original erschienen ist. Warum das wichtig ist? Filipenkos Roman spielt in Belarus, und die von ihm beschriebenen politisch-gesellschaftlichen...

Kultur

„Am siebten Tag flog ich zurück“ - der neue Roman von Georg-Büchner-Preisträger Arnold Stadler
Zwischen Harlekin und Märtyrer

„Auch wenn Verzweiflung über die Vergänglichkeit bei Stadler in noch so grotesk übermütiger Drapierung daherkommt und Passion von Posse manchmal kaum zu unterscheiden ist, stehen Stadlers Bücher in gänzlichem Gegensatz zur herrschenden hedonistisch-heidnischen Spaßkultur“, hieß es 1999 in der Jury-Begründung, als Arnold Stadler der Georg-Büchner-Preis verliehen wurde. Er ist weder als Vielschreiber noch als dem Zeitgeist nach hechelnder Autor bekannt worden. Im Gegenteil – die Romane des...

LK-Gemeinschaft

Literatur im Lokalkompass
Buch-Rezensent*in gesucht: "Alltagsgeschichten" von Heinz Grieger

Bürgerreporter Heinz Grieger ist ein tüchtiger Autor und Herausgeber seiner eigenen Bücher. Im Lokalkompass hat er bereits einige seiner Werke vorgestellt. Wir vergeben ein Exemplar seines aktuellen Bands "Alltagsgeschichten" zur Besprechung. Heinz Grieger nennt seine aktuellen "Alltagsgeschichten" einen "Sampler", also einen Sammelband, der eine handverlesene Auswahl von Erzählungen aus den davor erschienenen Büchern enthält. Er erzählt darin aus seinem vielseitigen Arbeitsleben (als...

Kultur

Christoph Ransmayrs Roman „Der Fallmeister“
Es rauscht und strömt

Der erste Satz trifft gleich tief ins Mark: „Mein Vater hat fünf Menschen getötet.“ Nein, wir haben es nicht mit einem Kriminalroman zu tun, sondern mit einem urwüchsigen Erzählstrom, der den Leser von der ersten bis zur letzten Seite mitreißt und ihm die Sinne kräftig durcheinander wirbelt. Zivilisationskritik, Klimakatastrophe, Familientragödie und Anleihen aus der Antike hat Christoph Ransmayr auf etwas mehr als 200 Seiten komprimiert. 1988 hatte der 67-jährige Österreicher mit seinem in...

Kultur

Matthias Jüglers Roman „Die Verlorenen“
Verlust und Verrat

„Alles stand plötzlich unter anderen Vorzeichen, und während ich die zwei dicht beschriebenen Seiten las, fühlte ich, dass ich allmählich die Kontrolle verlor“, geht es Johannes Wagner, Hauptfigur in Matthias Jüglers zweitem Roman, durch den Kopf. Der Protagonist ist in der Vorwendezeit in Halle/Saale aufgewachsen, hat später Wirtschaft studiert und als Verwaltungsangestellter gearbeitet. Der Lebensweg des introvertierten und kontaktscheuen Johannes ist geprägt von Verrat, Verlusten und Tod....

Kultur

Juli Zehs höchst aktueller Roman „Über Menschen“
Das Zauberwort „trotzdem“

„Weitermachen. Nicht nachdenken.“ Gleich zweimal finden sich diese markigen Worte auf der ersten Seite von Juli Zehs neuem Roman, der sich ganz nah am Zeitgeist bewegt und dessen Handlung zu Beginn der Corona-Krise im Frühjahr 2020 spielt. Diese zeitliche Nähe und auch das Abarbeiten von landläufigen Klischees ist für einen Roman nicht unproblematisch, aber die routinierte Erfolgsautorin Juli Zeh, die 2002 für ihren inzwischen in 35 Sprachen übersetzten Debütroman "Adler und Engel" den...

Kultur

Zum 85. Geburtstag des Nobelpreisträgers Mario Vargas Llosa am 28. März*
Zwischen Exotik und Realismus

Er hat 79 Ehrendoktorhüte bekommen, unzählige Literaturpreise entgegen genommen und war in seinem Heimatland Peru sogar einmal zur Präsidentenwahl angetreten. Der Schriftsteller Mario Vargas Llosa, der seit 2015 mit der Ex-Frau von Julio Iglesias liiert ist und in Madrid lebt, ist ein Mann der absoluten Superlative. Jede Buchneuvorstellung wird in der spanischsprachigen Welt als „Event“ zelebriert. In seinem letzten Roman „Harte Jahre“ (2020) hatte er sich äußerst kritisch mit der Rolle des CIA...

Kultur

„Die kanadische Nacht“ - das Romandebüt des renommierten Literaturkritikers Jörg Magenau
Auf Entdeckungsreise

„Warum weiß ich von meinem eigenen Vater weniger als von manchen Figuren, über die ich als Biograf geschrieben habe?“ Diese Frage stellt sich der Protagonist im Romandebüt des bekannten Literaturkritikers Jörg Magenau. Von der ersten Seite an sieht sich der Leser mit der Frage konfrontiert, wie stark autobiografisch die Figur des Ich-Erzählers ist und wo der Autor bewusst fiktionalisiert haben könnte. Magenau, 1961 in Ludwigsburg geboren und heute abwechselnd in Tübingen und in der Uckermark...

Kultur

Zum 25. Todestag des Schriftstellers Wolfgang Koeppen (am 15. März)
Der verstummte Dichter

Er ist heute noch ein großer Unbekannter, obwohl er zu den herausragenden deutschsprachigen Romanciers nach dem Zweiten Weltkrieg gehört. Die Rede ist von Wolfgang Koeppen, der früh das Schreiben eingestellt, kaum Interviews gegeben hatte und so schon zu Lebzeiten zum Mythos avanciert war. „Er war abhängig vom Verlag, hat es ausgenutzt und darunter gelitten“, erklärte der Germanist Michael Gratz, der viele Jahre das Wolfgang-Koeppen-Archiv an der Universität Greifswald betreute und damit auf...

Kultur

„Unsichtbare Tinte“ - der neue Roman von Nobelpreisträger Patrick Modiano
Graben im Gedächtnis

„Ich habe mich nie an eine chronologische Reihenfolge gehalten. Sie hat für mich nie existiert.“ So treffend hat der französische Schriftsteller Patrick Modiano vor einigen Jahren sein eigenes Schreiben charakterisiert, das wie ein unendlicher Erinnerungs- und Assoziationsprozess auf den Leser wirkt. Als Modiano 2014 etwas überraschend der Nobelpreis für Literatur zugesprochen wurde, hatte die Stockholmer Akademie ihn gerühmt „für die Kunst des Erinnerns, mit der er die unbegreiflichsten...

Kultur

Norbert Gstreins Roman „Der zweite Jakob“
Zwischen Kunst und Leben

"Jetzt kommen sie und holen Jakob." So eröffnete Norbert Gstrein 1988 seine erste literarische Veröffentlichung, die schmale Erzählung „Einer“. Nun steht ein Schauspieler namens Jakob Thurner im Mittelpunkt des neuen Romans, der sich wie eine künstlerische Zwischenbilanz des österreichischen Autors liest, der im Juni seinen 60. Geburtstag feiert. Längst gehört der seit einigen Jahren mit seiner Familie in Hamburg lebende Schriftsteller zu den arrivierten Autoren der deutschsprachigen...

Kultur

Juan Gabriel Vásquez' Erzählungen „Lieder für die Feuersbrunst“
Kurze Momente der Emotionen

Er ist momentan der erfolgreichste kolumbianische Schriftsteller und eine der wichtigsten jüngeren Stimmen des südamerikanischen Kontinents. Nobelpreisträger Mario Vargas Llosa hat ihn hoch gelobt, und seine Romane sind schon in 16 Sprachen übersetzt worden. Die Rede ist vom 47-Jährigen Juan Gabriel Vásquez, der einst an der Sorbonne studiert hat, nun mit seiner Familie wieder in Bogotá lebt und im Sommersemester 2021 der 44. Samuel Fischer-Gastprofessor an der FU Berlin werden soll. Nach fünf...

Kultur

„Krass“ - der neue Roman von Georg-Büchner-Preisträger Martin Mosebach
Ich bin ein Solitär

„Ich entstamme keiner Familie, ich gründe keine Familie, ich werde ohne Nachkommen sterben, ich bin ein Solitär.“ So beschreibt Martin Mosebach die Hauptfigur seines zwölften Romans „Krass“. Als "genialer Formspieler auf allen Feldern der Literatur" wurde er 2007 gepriesen, als ihm der Georg-Büchner-Preis verliehen wurde. Mosebach, der im Sommer seinen 70. Geburtstag feiert, gehört zu den eher leisen, aber dennoch deutlich vernehmbaren Stimmen im deutschsprachigen Literaturbetrieb. Der...

Kultur

Haruki Murakamis Erzählungen „Erste Person Singular“
Sprechender Affe in der Schwefelquelle

Seit vielen Jahren wird der inzwischen 72-jährige japanische Erfolgsautor Haruki Murakami als heißer Nobelpreisaspirant gehandelt. Im letzten Herbst war sein opulentes Erzählepos „Die Chroniken des Aufziehvogels“ in einer neuen Übersetzung erschienen. Hierzulande erfreut er sich seit dem Sommer 2000 enorm großer Popularität. Damals war es im "Literarischen Quartett" des ZDF über Murakamis Roman "Gefährliche Geliebte" zum öffentlichen Zerwürfnis zwischen Marcel Reich-Ranicki und Sigrid Löffler...