Jetzt haben die Richter das Sagen - ver.di klagt gegen die verkaufsoffenen Sonntage in der Adventzeit
„Hängepartie bald beenden“
In der Adventszeit soll nach dem Wunsch der Landesregierung die Ladenöffnung an den Sonntagen möglich sein. Das hat auch in Duisburg bei den Einzelhändlern Hoffnungen und Erwartungen geweckt. Die Ankündigung der Gewerkschaft ver.di, die entsprechende Landes-Verordnung „sorgfältig zu prüfen, um gegebenenfalls Klage einzureichen“, hatte zu Unverständnis und „Planungs-Unsicherheit“ geführt.
Viele Händler, Werberinge und organisierte Kaufmannschaften in der Innenstadt und in verschiedenen Stadtteilen sprachen von einer Hinhaltetaktik der Gewerkschaft, um im letzten Moment einen Eilbeschluss vor Gericht zu erwirken, der die notwendigen gen und mit entsprechenden Vorlaufkosten verbundenen Vorbereitungen des Handels ad acta gelegt hätte. Deshalb wurde in Duisburg noch abgewartet.
„Von Hinhalten kann keine Rede sein“, betont Gewerkschaftssekretär Nils Böhlke im Gespräch mit dem Wochen-Anzeiger, „uns musste doch Gelegenheit gegeben werden, die Verordnung der Landesregierung sorgfältig zu prüfen.“ Jetzt hat sich ver.di klar positioniert. Am Donnerstag hat die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft eine Normenkontrollklage gegen die in der aktuellen Coronaschutzverordnung des Landes NRW genehmigten verkaufsoffenen Sonntage vor dem Oberverwaltungsgericht NRW in Münster eingereicht. Sie reagiert mit dieser Klage darauf, dass die Landesregierung trotz der Appelle der Gewerkschaft auch in ihrer neuesten Coronaschutzverordnung an fünf verkaufsoffenen Sonntagen innerhalb von sechs Wochen im Advent und am 3. Januar 2021 festhält.
Böhlke betont, dass ver.di bereits in den vergangenen Monaten in zahlreichen Fällen erfolgreich gegen geplante verkaufsoffene Sonntage geklagt habe, nachdem diese ohne die verfassungsmäßig vorgeschriebenen „prägenden Anlassveranstaltungen wie Volksfeste oder Jahrmärkte“ durchgeführt werden sollten. Laut ver.di Landesbezirksleiterin Gabriele Schmidt führten Sonntagsöffnungen nicht zu einer Entzerrung von Kundenströmen, sondern zu einer Konzentration auf das Wochenende. Wörtlich meint sie: „Das ist bei steigenden Infektionszahlen völlig verantwortungslos. Andere Bereiche des gesellschaftlichen Lebens mussten bereits schließen, da ist es nicht nachvollziehbar, dass der innerstädtische Einzelhandel sogar noch an einem weiteren Tag öffnen soll.“
Zweifel an der
Rechtmäßigkeit
Das Oberverwaltungsgericht habe bereits vorher erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit verkaufsoffener Sonntage über die Coronaschutzverordnung angemeldet. Für Silke Zimmer, Fachbereichsleiterin Handel bei ver.di-NRW, muss dem Gesundheitsschutz der Beschäftigten, aber auch der Kunden in der Pandemie höchste Priorität eingeräumt werden: „Die Beschäftigten im Einzelhandel sind dem Infektionsrisiko an sechs Tagen in der Woche ausgesetzt. Für sie gibt es kein Home-Office, sondern sie halten den Laden vor Ort am Laufen.“ Dafür sollte ihnen die Landesregierung Wertschätzung und Dank entgegenbringen, anstatt sie durch verkaufsoffene Sonntage weiter zu belasten.
Gerade in der Advent- und Weihnachtszeit sei Stress extrem hoch. „Die Kolleginnen und Kollegen über mehrere Wochen durcharbeiten zu lassen, ist völlig inakzeptabel. Wir erwarten von der Landesregierung, dass sie umgehend reagiert und die Genehmigung für verkaufsoffene Sonntage aus der Coronaschutzverordnung herausnimmt“, so Zimmer. Genau das soll jetzt gerichtlich bewirkt werden.
„Entsetzt“ über die Argumentation der Gewerkschaft zeigte sich Doris Lewitzky, Geschäftsführerin des Handelsverbandes Niederrhein, der auch Sprachrohr für den Einzelhandel in unserer Stadt ist. „Mit der jetzt von Verdi erhobenen Klage wird nicht nur ein völlig falsches Zeichen in dieser für den stationären Handel extrem schwierigen Zeit gesetzt, auch die angeführten Argumente der Gewerkschaft sind unrichtig“, sagt sie unserer Redaktion.
Der Einzelhandel ist
kein Infektionshotspot
Der Einzelhandel stelle mit dem von ihm umgesetzten Hygienekonzepten keinen Infektionshotspot dar, weder für seine Mitarbeiter noch für seine Kunden. Lewitzky weiter: „Darüber hinaus müssen unsere Verkäufer auch nicht über mehrere Wochen durcharbeiten. Selbstverständlich erhalten die Mitarbeiter freie Tage und zudem zusätzliche Freizeit für einen Einsatz am Sonntag. Der Handel ist schon immer äußerst verantwortungsbewusst mit den Einsätze seiner Mitarbeiter am Sonntag umgegangen, was natürlich auch weiterhin gilt und praktiziert wird.“
Für Lewitzky ist es nicht nachvollziehbar, „dass ver.di dem Handel in der anstehenden Vorweihnachtszeit die Möglichkeit nehmen möchte, sich für seine Kunden an den von der Landesregierung freigegebenen Sonntagen coronakonform zu präsentieren und so auch Arbeitsplätze zu sichern.“ Jetzt hofft sie, „dass das Gericht möglichst rasch für Klarheit sorgt, damit die Hängepartie beendet ist.“
Autor:Reiner Terhorst aus Duisburg |
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