100 Jahre Rhein-Herne-Kanal

Brücke "Grimberger Sichel" in Gelsenkirchen. | Foto: Hans-Georg Rubenschuh
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LWL-Industriemuseum schickt schwimmende Ausstellung auf Reisen

Jahrzehntelang war der Rhein-Herne-Kanal die meist befahrene Wasserstraße in Europa. Zwar sind die Zeiten längst vorbei, als sich auf der 45,6 Kilometer langen Strecke Kohleschiff an Kohleschiff reihte. Doch bis heute ist die Verbindung zwischen Rhein und Dortmund-Ems-Kanal eine Lebensader des Reviers - nicht nur für die Wirtschaft, sondern auch für die Menschen.

Ruderer und Freizeitkapitäne, Ausflügler, Badelustige und Brückenspringer lieben die "Kumpel-Riviera". Im Juli wird der Rhein-Herne-Kanal 100 Jahre alt. Zum runden Geburtstag schickt der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) eine schwimmende Ausstellung auf Reisen.

Die Schau im Laderaum der "Ostara", einem Schleppkahn aus dem Jahr 1926, wird am Sonntag, 4. Mai, im LWL-Industriemuseum Schiffshebewerk Henrichenburg eröffnet. Anschließend wird das Schiff weiter nach Herne, Duisburg, Datteln und Gelsenkirchen geschleppt. Die Wanderausstellung ist Teil der Initiative "KulturKanal", die die Aktivitäten in diesem Jubiläumssommer bündelt.

"Die Ausstellung zeigt die Geschichte, aber auch die vielen kleinen Geschichten vom Leben und Arbeiten am Kanal. Die Kuratoren des Fördervereins haben Fotos, Filme und ganz besondere Erinnerungsstücke aus 100 Jahren zusammengetragen", erklärte LWL-Museumsleiter Dr. Arnulf Siebeneicker am Freitag (2.5.) bei der Vorstellung der Schau in Waltrop. So gehört zu den Ausstellungsstücken etwa die olympische Goldmedaille, die der Oberhausener Kajakfahrer Paul Lange 1960 in Rom gewann, aber auch ein geknackter Tresor, den die Polizei vor 20 Jahren in Essen aus dem Kanal fischte. Das LWL-Industriemuseum hat die Ausstellung gemeinsam mit dem Verein "Freunde und Förderer des Schiffshebewerks- und Schleusenparks Waltrop e.V." konzipiert. Jürgen Siebert, Vorsitzender des Fördervereins: "Zum ersten Mal hat unser Verein dabei mitgewirkt, ein so großes Projekt auf die Beine zu stellen. Das Kanaljubiläum interessiert unsere Mitglieder sehr - viele von ihnen fühlen sich mit der 'Kumpelriviera‘ eng verbunden." Die LWL-Kulturstiftung, die NRW-Stiftung und die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes haben das Projekt gefördert. "Der Rhein-Herne-Kanal ist ein starkes Stück Heimat. Dies zu bewahren und für künftige Generationen lebendig zu halten, ist eines der wichtigsten Ziele, denen sich die NRW-Stiftung verpflichtet fühlt. Deshalb haben wir das Ausstellungsprojekt gerne unterstützt", betonte Geschäftsführerin Martina Grote.

Hintergrund

Sechs Jahre lang schufteten tausende von Bauarbeitern, bevor die Wasserstraße am 17. Juli 1914 eröffnet wurde. "Eigentlich wollte der Kaiser selbst den Kanal seiner Bestimmung übergeben. Die politischen Wirren kurz vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs hinderten ihn aber daran", erzählt Herbert Niewerth, einer der beiden Ausstellungskuratoren. Die Bauarbeiter hatten ein 34,5 Meter breites und 3,5 Meter tiefes Kanalbett quer durch das Herz des Reviers gegraben. 13 Millionen Kubikmeter Boden mussten mit Baggern, aber auch mit Hacke und Schaufel bewegt werden. 13 Schleusenkammern waren nötig, um die 36 Meter Höhenunterschied von Duisburg nach Herne zu überwinden, zahlreiche Brücken und Häfen wurden errichtet.

Sofort nach der Eröffnung wurde der Kanal intensiv genutzt. Anfangs bestimmten die Schleppzüge das Bild, heute die Großmotorgüterschiffe. Im Nachkriegs-Rekordjahr 1968 wurden jährlich 21,9 Millionen Tonnen Ladung transportiert, heute sind es noch 13,8 Millionen. "Die Blütezeit von Kohle und Stahl ist vorbei, aber für den Transport von Massengütern bleibt der Kanal unverzichtbar", so Siebeneicker.

Die "Kumpel-Riviera" war die größte Badeanstalt des Ruhrgebiets. Inzwischen entdecken Touristen aus aller Welt die Reize der Industriekultur. Radfahrer, Jogger und Schwimmer verwandeln die Wasserstraße in eine Freizeitstätte. Der Rudersport blickt auf eine große Tradition zurück, aus der international erfolgreiche Athleten hervorgegangen sind. Die Faulenzer begnügen sich mit Liegestuhl und Picknickkorb.

Als die Zechen und Hütten am Kanal ihre Tore schlossen, hinterließen sie riesige Brachflächen. Die Planer der Internationalen Bauausstellung Emscher Park erschlossen ab 1989 die verlassene Industrielandschaft mit spektakulären Bauwerken von berühmten Architekten. Vor allem die neuen Fuß- und Radwegbrücken über den Kanal entwickelten sich zu populären Landmarken. Nicht zuletzt spielt der Rhein-Herne-Kanal auch in Filmen und Fernsehbeiträgen die heimliche Hauptrolle: Das Ausstellungskino an Bord zeigt flimmernde Bilder aus zehn Jahrzehnten.

Eröffnung

Die Eröffnung findet im Rahmen des Museumsfestes am Sonntag, 4. Mai, um 14 Uhr im Hafengebäude am Oberwasser des Schiffshebewerks statt. Hans-Jürgen Zurbrüggen, stellvertretender Vorsitzender der Landschaftsversammlung, begrüßt die Gäste im Namen des LWL. Grußworte sprechen Waltrops Bürgermeisterin Anne Heck-Guthe, Jürgen Siebert, Vorsitzender der Freunde und Förderer des Schiffshebewerk- und Schleusenparks Waltrop e.V., sowie Ulrich Reuter, Regionalbotschafter der NRW-Stiftung. WDR-Moderator Helmut Rehmsen führt durch die anschließende Gesprächsrunde mit den Kuratoren der Schau sowie mit Klaus Fähnrich vom Wasser- und Schifffahrtsamt Duisburg-Meiderich und Schiffsseelsorger Horst Borrieß. Für den musikalischen Rahmen sorgt der Ruhrgebietschor "Hömma".

Autor:

Siegfried Schönfeld aus Marl

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