Glück auf – der Erzschacht gehört jetzt dem Heimatverein
Er ist eines der Marler Wahrzeichen, aus der Luft schon von weitem gut zu erkennen und gehört dennoch zu einem Wohngebiet wie die Blume aufs Pils: der Erzschacht mitten im Stadtteil Drewer-Süd. Seit dem 1. März gehört das geschichtsträchtige Gebäude dem Heimatverein Marl e.V. Die Übergabe des Bauwerks von der Stiftung Industriedenkmalpflege und Geschichtskultur in die Hände der ehrenamtlichen Heimatfreunde wurde am Freitag, 2. März vor Ort groß gefeiert.
Großes Gedränge im Erzschacht
Gedränge herrschte in der großen Maschinenhalle der Erzschachts – viele Mitglieder des Heimatvereins wollten dabei sein, wenn die Stiftung das historische Gebäude an die Heimatfreunde übergibt. Auch der Stiftung Industriedenkmalpflege und Geschichtskultur war die Bedeutung des Tages bewusst, denn sie wurde vertreten durch Bernd Tönjes, stellvertretender Vorsitzender der Stiftung und Vorstandsvorsitzender der RAG Aktiengesellschaft, der Geschäftführerin der Stiftung Ursula Merfeld sowie dem nebenamtlichen Geschäftsführer Horst Heinrich. Die Stadt Marl repräsentierte Bürgermeister Werner Arndt und für den Heimatverein waren der Vorsitzende Hubert Schulte-Kemper, zahlreiche Mitglieder des Vorstandes sowie die Protagonisten, die Erzschachtfreunde, gekommen.
RAG bleibt Partner des Heimatvereins
In seiner Begrüßung stellte Hubert Schulte-Kemper heraus, dass der Heimatverein in verschiedenen Stadtteilen mit eigenen Häusern ein Domizil habe: Das Heimatmuseum mit Schmiede und den Mühlenturm in Alt-Marl, das Europäische Friedenshaus in Brassert, das HammerHeimatHaus in Marl-Hamm und ab jetzt der Erzschacht in Drewer. Eine Repräsentanz suche der Heimatverein auch in anderen Stadtteilen, zum Beispiel in Hüls. „Heute aber feiern wir die Übergabe des Erzschachts an den Heimatverein, die nicht möglich gewesen wäre ohne den Einsatz der Erzschachtfreunde“, sagte der Vorsitzende und zeichnete Horst Schmitz, Wolf-Dieter Berg und Hans Zillekens stellvertretend für alle, die an der Herrichtung des Gebäudes beteiligt waren, mit einem Präsentkorb aus.
Bernd Tönjes, Vertreter der Stiftung, erinnerte an den Beginn der Verhandlungen mit dem Heimatverein: „Wenn Hubert Schulte-Kemper auftaucht – so meine Erfahrung – dann muss gezahlt werden.“ So sei es auch beim Erzschacht gewesen. Als er sich aber vom Konzept und von der Leistung der Heimatfreunde überzeugt hatte, war er sicher, dass die Investition in den Erzschacht in Marl mehr als lohne. „Die Stiftung und die RAG will daher auch in Zukunft Partner des Marler Heimatvereins bleiben.“ Dabei verwies Bernd Tönjes auf die Architektur des Fördergerüsts, das in den 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts fortschrittlich und modern gewesen sei und nur noch in Marl erhalten blieb.
Geheime Absichten des Heimatvereins
Auch Marls Bürgermeister sparte nicht mit Lob. „Dieser Tag ist ein großer Tag in der Geschichte der Stadt Marl“, würdigte Werner Arndt den Anlass und bedauerte, dass das Ende des aktiven Bergbaus abzusehen sei. Mit viel Lob überschüttete der Bürgermeister alle Ehrenamtlichen. Schließlich seien sie es, die das alte Gebäude mit Ideen, Tatkraft, Schweiß und Liebe zur Geschichte mit Leben gefüllt haben.
„Jetzt, wo die Tinte unter dem Notarvertrag trocken ist, kann ich die Katze aus dem Sack lassen“, erläuterte Hubert Schulte-Kemper die wahren Absichten des Heimatvereins zur Übernahme des Erzschachts. „Bei den steigenden Rohstoffpreisen ist es nur noch eine Frage der Zeit, wann hier wieder die gut geölten Maschinen starten und die Förderung von seltenen Erzen und Metallen anläuft – unter der Regie des Heimatvereins.“
Erzschacht: Silber und Zink
Was sich heute dem Besucher als eine intakte Museums- und Erlebnisanlage präsentiert, nahm 1928 seinen Anfang mit dem Abteufen des Schachtes 4 von Auguste-Victoria. Nicht Kohle wurde hier bis 1962 zutage gefördert, sondern verschiedene Erze wie Zink und Silber. Nach der Stilllegung dauerte es bis 1995, als das Fördergerüst zum Denkmal erklärt wurde, weil es lange Zeit im Ruhrbergbau als modern und vorbildlich galt. Im Jahr 1999 rollten tausende von Betonmischern durch Drewer-Süd, um den Schacht 4 aufzufüllen. Die Marler CDU machte sich auf Wunsch vieler Bürger dafür stark, einige Gebäude zu erhalten und nicht - wie geplant - abzureißen. Vor allem die Halle mit der mächtigen Fördermaschine hatte es den Politkern angetan. Im Jahr 2002 gründet sich ein Förderverein – die Erzschachtfreunde. Sie haben vor, in der Maschinenhalle ein Bergbaumuseum einzurichten und den oberen Teil, wo die Fördermaschine steht, für kulturelle Zwecke zu nutzen und verschiedenen Vereinen zu überlassen. In diesem Jahr werden die Erzschachtfreunde in den Heimatverein aufgenommen. Ein Jahr später im April schließt der Heimatverein mit der Montan-Grundstücksgesellschaft einen Mietvertrag ab. 2005 endlich kann der Erzschacht seiner Bestimmung als Museum übergeben werden. In den vergangenen Tagen nun haben der Heimatverein und die Stiftung Industriedenkmalpflege und Geschichtskultur beim Notar die Übergabe des Erzschachts an den Heimatverein beurkunden lassen. Diesem wichtigen Schritt vorausgegangen waren noch einige Arbeiten am Gebäude, die von der Bauaufsicht gefordert waren. So erhielt die große Maschinenhalle eine leistungsfähige Heizung und einen Notausgang.
Ein Schmuckstück im Stadtteil
Mächtig stolz sind die Erzschachtfreunde, die sich nach wie vor jeden Montag von 9 bis 12 Uhr treffen, um an dem Juwel zu polieren. Allen voran Horst Schmitz, Wolf-Dieter Berg, Hans Zillekens, Rainer Althoff, Michael Heyder, Wendelin Neukum, Friedhelm Lenfert, Wolfgang Katzer, Siegfried Krzosa und Detlef Grothues. Für sie und ihre Mitstreiter ist das Zechengebäude in über zehn Jahren eine zweite Heimat geworden. Kein Eisenträger, keine Schraube, keine Leitung, die sie nicht gereinigt, repariert oder erneuert haben. Schon das Außengelände zeigt sich in einem gepflegten Zustand. Kein Nachbar in der neu entstandenen schmucken Siedlung rund um das Schachtgelände, der nicht seinen Besuch mit Stolz das Bergbaurelikt zeigt: Abbauschilde verschiedener Generationen, alte Lokomotiven mit Waggons, Kübel und viele andere Groß- und Kleinode aus den Bergwerken Auguste-Victoria und Blumenthal. Alles Exponate, die die Erzschachtfreunde von Helfern, Spendern und früheren Arbeitskollegen zusammen getragen haben. Was die Erzschachtfreunde – allesamt Handwerker und ehemalige Püttologen – nicht selber machen konnten, haben immer wieder die Lehrlinge von AV und der Grubenwehr im Rahmen ihrer Ausbildung geleistet. So hatten beide Seiten etwas vom Einsatz.
Kunst-Raum Maschinenhalle
Außen hui – innen auch. Die Maschinen sind trotz ihres schwarzen Anstrichs blitzblank und sehen so aus, als könnten sie sofort ihre Arbeit wieder aufnehmen. Die Maschinenhalle im oberen Stock präsentiert nicht nur sich selber, sondern bietet auch Raum für Ausstellungen. Schon jetzt beherbergt sie eine Vielzahl von Gemälden, Bildern und Zeichnungen – zum Beispiel von so bekannten Künstlern wie Alfred Schmidt und Lothar Trelenberg. Reichlich Raum ist dort für Versammlungen, Ausstellungen und auch Feiern. Für ein stilgerechtes Ambiente ist eine Thekenanlage eingerichtet und auch eine Butterbude, wie sie jeder Bergmann von unter Tage kennt.
Erinnerungen lebendig halten
Horst Schmitz mit seinen Erzschachtfreunden denkt nicht ans Aufhören: „Mag der Bergbau in Drewer-Süd auch tot sein, die Erinnerung an ihn halten wir wach und lebendig.“ Und so ist es nicht verwunderlich, dass der Knappenverein im Erzschacht sein „Vereinsheim“ einrichten wird, „worüber wir uns riesig freuen“, sagt Horst Schmitz.
Anfragen zu Führungen und Vermietungen beantworten Wolf-Dieter Berg, Telefon 2 65 03, und Horst Schmitz, Telefon 01 75 – 2 05 54 09.
Autor:Peter Hofmann aus Marl |
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