Marl: Behinderte darf nicht auf Behindertenparkplatz parken
„Oft sehe ich die Türen von Autos aufgehen, die auf einem Behinderparkplatz stehen, und es hüpfen Menschen raus, denen für mich nicht erkennbar etwas fehlt. Aber mir wird nicht erlaubt, auf Behindertenparkplätzen zu parken“, erzählt Marion Elsner.
Sie lacht dabei sogar und klingt nicht verbittert, eher - immer noch - ziemlich verblüfft über diese bürokratische Entscheidung. Unterkriegen lassen will sich die Marlerin nicht, obwohl ihr Leben sich vor einem Jahr dramatisch verändert hat: Marion Elsner musste das linke Bein amputiert werden. „Seitdem sitze ich im Rollstuhl. Ich kann nichts alleine: nicht duschen, keine Treppen steigen und auch nicht einkaufen. Ohne meinen Mann, meine Schwester und meine Freundin, die sich ständig um mich kümmern, wäre ich völlig aufgeschmissen.“
Trotzdem muss Marion Elsner mobil sein, um Ärzte, Therapeuten und Behörden aufzusuchen. „Mein Mann bringt mich mit dem Auto hin, wenn ich Termine habe.“
Jetzt wird‘s schwierig, denn Behindertenparkplätze - in Eingangsnähe von Krankenhäusern, Arztpraxen, Banken und Behörden ausgewiesen - darf Marion Elsner nicht in Anspruch nehmen. Denn obwohl sie eine nachgewiesene 80-Prozent-Schwerbehinderung hat, gilt sie - so heißt es im Amtsdeutsch - nur als „gehbehindert“ (g). Aber sie hat keine "außergewöhnliche Gehbehinderung“ (aG). Wer das „aG“ im Schwerbehindertenausweis stehen hat, darf auf Behindertenparkplätzen parken.
"Sie haben ja noch ein Bein..."
„Mein Antrag auf Erteilung des Parkausweises beim Kreis Recklinghausen wurde abgelehnt mit der Begründung, ich sei ja nicht beidseitig beinamputiert und auch nicht querschnittsgelähmt.“ Marion Elsner hat das schriftlich. Als echte Frechheit habe sie aber folgenden Spruch eines Sachbearbeiters empfunden, als sie sich über die Ablehnung beschwerte: „Sie haben ja noch ein Bein.“
Liebevolle Hilfe durch Ehemann, Schwester und Freundin
Ein gewöhnlicher Tag im Leben des Ehepaares sieht so aus, wenn Marion beispielsweise zum Bewegungstherapeuten muss. Mit Hilfe ihres Mannes verlässt sie ihr Haus in Marl-Drewer. Markus hilft ihr beim Einsteigen. Der Rollstuhl wird von Markus im Auto verstaut. Sie fahren nach Herten, zu ihrem Behandlungstermin.
Der Behindertenparkplatz vor der Tür der Praxis ist für das Paar tabu. Markus muss nicht nur irgendeinen freien Parkplatz finden, sondern einen, der so viel Raum bietet, dass sich die Türen weit öffnen lassen, damit der breite Rollstuhl herausgeholt werden kann. Er hilft seiner Frau, sich in den Rollstuhl zu setzen, und bringt sie zur Behandlung. „Seit einem Jahr geht das so“, beschreibt Marion die Mühsal. „Es wäre eine spürbare Erleichterung für uns, wenn wir auf einem Behindertenparkplatz parken könnten.“
Früher ging sie gerne aus, liebte Kinobesuche. Das sitzt nicht mehr drin. „Ich habe trotzdem Glück, denn ich bin nicht alleine. Mein Mann, meine Schwester und meine Freundin kümmern sich liebevoll um mich.“
Wie der Stadtspiegel in seiner Ausgabe am 6. Januar berichtete, versteht das Marler Ehepaar diese bürokratische Entscheidung nicht. Marion hat eine nachgewiesene Schwerbeschädigung von 80 Prozent. Das reicht den Behörden nur für eine Einstufung als „g“ für gehbehindert. „Um berechtigt zu sein, auf einem Behindertenparkplatz zu parken, muss das Merkzeichen aG anerkannt sein“, bestätigt Jochem Manz, Sprecher des Kreis Recklinghausen, auf Anfrage des Stadtspiegel.
Das Merkzeichen „aG“ steht für außergewöhnliche Gehbehinderung. Sie liegt laut Kriterienkatalog vor, wenn beide Schenkel amputiert wurden. Die Verordnung eines Rollstuhls alleine genügt nicht. Parkausweise für Behinderte stellen die Ordnungsämter der jeweiligen Kommune dann aus, wenn der „aG“-Nachweis vorliegt.
Tipp: Neue Begutachtung beantragen
Aber: Als Schwerbehinderte mit außergewöhnlicher Gehbehinderung sind auch solche Personen anzusehen, die sich wegen der Schwere ihres Leidens dauernd nur mit fremder Hilfe oder nur mit großer Anstrengung außerhalb ihres Kraftfahrzeuges bewegen können - so steht es auch im Gesetz. Fakt ist, dass Marion Elsner ständig auf die Hilfe ihres Mannes, ihrer Schwester und ihrer Freundin angewiesen ist. Nicht mal duschen kann sie alleine.
Kreis-Pressesprecher Jochem Manz hat einen Rat für die Marlerin, die sich mit dem Verbot, Behindertenparkplätze zu nutzen, nicht abfinden will: „Frau Elsner kann beim Fachbereich für Schwerbehinderungen des Kreises eine neue Begutachtung beantragen.“
Autor:Kerstin Halstenbach aus Emmerich am Rhein |
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