Holocaust-Überlebender Rolf Abrahamsohn, besuchte Polizeipräsidium in Recklinghausen
Auf Einladung von Polizeipräsidentin Friederike Zurhausen besuchte Rolf Abrahamsohn, langjähriger Vorsitzender der jüdischen Kultusgemeinde und letzter Überlebender des Rigaer Ghettos in Nordrhein-Westfalen, das Polizeipräsidium in Recklinghausen. Für den 90jährigen Marler sicherlich kein einfacher Gang. Sein Vater, in der Progromnacht 1938 von den Nazis in Marl schwer misshandelt, war damals ebenso wie Rolf Abrahamsohn und sein Bruder tagelang im Polizeipräsidium in Recklinghausen inhaftiert.
Die Pogromnacht in Marl
Rolf Abrahamsohn spricht oft aus seinem Leben, spricht von Gewalterfahrungen in der NS-Zeit, von der Ermordung seiner Familie.
„1938 erlebte ich mit meiner Familie die Pogromnacht in meiner Heimatstadt Marl. Unser Haus an der Loestrasse, in dem sich auch unser Geschäft befand, wurde von den Nazis in Brand gesetzt. Mein Vater wurde brutal von SA-Leuten zusammengeschlagen und im brennenden Geschäft zurückgelassen. In letzter Minute konnten wir ihn retten. Mein Vater konnte mit meinem Bruder Hans
kurze Zeit später nach Belgien fliehen, meine Mutter, mein kleiner Bruder Nobert und ich sollten nachkommen. Noch bevor wir das Geld für den Fluchthelfer zusammen hatten, wurden die Grenzen dicht gemacht und so mussten wir zurückbleiben.
Zwei Wochen nach der Pogromnacht mussten wir Marl verlassen, die Stadt wollte ja „judenrein“ werden.
Unser Haus nahm uns die Stadtverwaltung Marl weg, dort zog die NSDAP ein.“
Der Ortsgruppenleiter Becker schrieb damals an den Bürgermeister Willecke:
„Heute konnte die Ortsgruppe Marl der NSDAP ihre neuen Räume im Haus Loestrasse 26 beziehen. Für Ihre tatkräftige Unterstützung, der Partei ein würdiges Heim zu besorgen, spreche ich Ihnen meinen und meiner Mitarbeiter
herzlichen Dank aus. Möge das Haus dazu beitragen, das enge Band zwischen der Amtsverwaltung und der Parteileitung noch enger zu gestalten. Das ist mein aufrichtiger Wunsch beim heutigen Einzug.
Es würde mir eine große Freude sein, Sie recht bald im neuen Heim begrüßen zu können.
Heil Hitler.
Ortsgruppenleiter Becker
Rolf Abrahamsohn und seine Familie wurden ins KZ verschleppt.
"Ich habe größten Respekt vor Herrn Abrahamsohn, dass er die Kraft aufgebracht hat, hierher in das Polizeipräsidium in Recklinghausen zu kommen. Wir dürfen die Geschehnisse der Nazidiktatur niemals vergessen. Daher ist es wichtig, Zeitzeugen wie Herrn Abrahamsohn zuzuhören", so Polizeipräsidentin Friederike Zurhausen.
Im Anschluss an das rund einstündige Gespräch informierte sich Herr Abrahamsohn zunächst über die Arbeit der Einsatzleitstelle der Polizei, bevor er gemeinsam mit Frau Zurhausen die Ausstellung "Mit Sicherheit in Ordnung? Anspruch und Selbstverständnis von Polizisten" besuchte. Die Ausstellung im 1. Obergeschoss des Polizeipräsidiums dokumentiert das Handeln des Polizeipräsidiums Recklinghausen und deren Beamten während der Naziherrschaft.
Autor:Siegfried Schönfeld aus Marl |
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