„Bergfest“ im Grimme-Institut Marl / Bert-Donnepp-Preise 2015 verliehen
Am Mittwoch feierte die Grimme-Jurys und zahlreiche Nominierte Halbzeit: Das traditionelles „Bergfest“ sorgte mit rund 250 Gästen für ein volles Haus im Grimme-Institut. Es bot den Rahmen für die feierliche Verleihung des Bert-Donnepp-Preises für Medienpublizistik, der 2016 seinen 25. Geburtstag feiert. Eine hochkarätig besetzte Diskussionsrunde zur neuen Preiskategorie „Kinder und Jugend“ sorgte für einen inhaltlichen Input.
Grimme-Direktorin Frauke Gerlach stellte in ihrer Begrüßungsrede die Bedeutung des Grimme-Preises sowie der Arbeit der Kommissionen und Jurys heraus: Die Nominierten „zeigen auf ganz unterschiedliche Weise und in verschiedenen Genres herausragend, was Qualität im Fernsehen ausmacht.“ Gerade in Zeiten wie diesen, sei es wichtig, deutlich zu machen: „Es gibt das deutsche Qualitätsfernsehen, das staatsfern ist und darum bemüht, die Wahrheit zu ergründen, zu unterhalten, auf gesellschaftliche Entwicklungen aufmerksam zu machen und zu bilden.“ Bei allem Dank an die Beteiligten klang auch Fassungslosigkeit mit über die aktuellen Ereignisse, die Propaganda, die Wut und den Hass auf den Straßen und im Netz.
Nach der Ansprache folgte die Preisverleihung oder besser: die Preisverleihungen. Ein Bert-Donnepp-Preis ging in diesem Jahr an die SZ-Redakteurin Claudia Tieschky, die laut Laudator Hans-Jürgen Jakobs vom Handelsblatt drei große Betätigungsfelder hat: „Fernsehen, Frauen, Frankreich“. Fast entschuldigend bedankte sie sich: „Sie zeichnen mich für eine Tätigkeit aus, die ich immer noch liebe“ – als ob sich das ausschließe! Einen weiteren Bert-Donnepp-Preis erhielt der freie Medienkritiker Hans Hoff, der „Rock’n’Roller“ unter den Kritikern, so TV-Macher Friedrich Küppersbusch in seiner Laudatio. Der Journalist Stephan Lamby wurde für das Internet-Format „dbate“ mit einer „Besonderen Erwähnung“ geehrt.
Unter der Moderation von Torsten Zarges, DWDL, ging es anschließend um die Neuerungen beim Grimme-Preis, insbesondere um die neue Preiskategorie. „Kinder und Jugend – Warum bei Grimme?“ so die Frage. Grimme-Direktorin Dr. Frauke Gerlach: „Sie hatten bis dato einfach keinen Raum bei Grimme und den wollten wir ihnen mit der neuen Kategorie geben.“ „Warum erst jetzt?“ fragte Panelteilnehmerin Dr. Maya Götz, Medienforscherin des Bayerischen Rundfunks und Medienkritikerin, zurück und plädierte für ein besonderes Auge auf diese Zielgruppe: „Sie gucken anders, langweilen sich an anderen Stellen“. Claude Schmit, SuperRTL, hakte an dieser Stelle ein: „Ein Preis für Kinder und Jugend? Das sind doch mindestens fünf Zielgruppen in einer!“ Gleichzeitig freute er sich über die Entscheidung, die „Kriterien des renommierten Grimme-Preises auch auf junge Zielgruppen auszudehnen“, verknüpft mit der Hoffnung, Qualitätsprogramme zu identifizieren, bei denen auch die Quote stimme.
Da scheint noch „Luft nach oben“ zu sein: Der achtzehnjährige Fritz Schaefer, selbst Mitglied der Nominierungskommission in dieser Kategorie, ärgerte sich vielfach über die oft zur Schau getragene „Berufsjugendlichkeit“ in dieser Angebotssparte, in der Moderatoren teils als bloße „Presenter“ agieren.
Dr. Maya Götz bescheinigte hingegen dem deutschen Kinder- und Jugendfernsehen insgesamt eine „gute Bandbreite – auch im internationalen Bereich!“, schränkte aber gleichzeitig ein: „Das einzige Jugendfernsehen, das wirklich funktioniert, ist Germany’s next Topmodel.“ Eigentlich drücke man sich um die schwierigen, jungen Zielgruppen und fokussiere stattdessen auf junge Erwachsene, legte Götz nach – bei an sich umfangreichem und qualitativ hochwertigem Programmangebot.
Bleibt nur das Ausweichen auf den Online-Bereich? Der Grimme-Preis scheint hierfür gerüstet: „Mit dem neuem Statut ist uns der Verbreitungsweg egal geworden, wichtig ist nur noch die fernsehgemäße Gestaltung“, so Grimme-Direktorin Gerlach. Die Debatte darüber erfolgte am Buffet - es wurde ein langer Abend.
Autor:Siegfried Schönfeld aus Marl |
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