* Nahrungsmittelspekulation: Neue EU-Regeln mit großen Schwächen

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Als Schritt nach vorn, der aber bei Weitem nicht ausreicht, hat das
globalisierungskritische Netzwerk Attac die zwischen Europäischem Parlament, EU-Kommission und Rat vereinbarten neuen Vorschriften für die Finanzmärkte (MiFID II) bewertet:

Erstmals in Europa werden Positionslimits* eingeführt, um die Spekulation mit
Nahrungsmitteln zu begrenzen. *) Positionslimits begrenzen die Menge bestimmter Finanzmarktprodukte, die ein einzelner Investor halten darf. "Allerdings liefert die Novelle die Möglichkeit zur ihrer Umgehung gleich mit", stellte Karsten Peters vom bundesweiten Attac-Koordinierungskreis fest. "Die EU-Mitgliedsländer haben der Forderung des Europäischen Parlaments nicht nachgegeben, dass die Positionslimits von der Europäischen Finanzmarktaufsicht ESMA gesetzt werden. Die Gefahr eines innereuropäischen
Unterbietungswettbewerbs, bei dem das Land mit den schwächsten Regeln
die Richtung vorgibt, ist groß."
ESMA, vor vier Jahren gegründet, um ein schärferes Auge auf die
Finanzmärkte zu haben, darf nur die Berechnungsmethode formulieren – wie
die einzelstaatlichen Aufsichtsbehörden das interpretieren und die
Positionslimits festlegen, bleibt weitgehend ihnen überlassen. Die ESMA
soll lediglich die national gesetzten Limits überprüfen. Werden die in
der Richtlinie festgelegten Bedingungen nicht erfüllt, kann sie ein
Verfahren einleiten.
Die Voraussetzungen für eine strenge Regulierung sind dabei laut Attac
nicht gut:
Zwar schreibt der Text vor, dass Positionslimits
marktverzerrende Positionen verhindern sollen; die Bekämpfung exzessiver
Spekulation ist jedoch nicht Teil der Vorschriften.
Die
US-Aufsichtsbehörden nutzen diese Bedingung zur Bekämpfung der
Nahrungsmittelspekulation an den dortigen Finanzmärkten. Karsten Peters:
"Ob die neue Richtlinie dazu beiträgt, Nahrungsmittelspekulation in der
EU zumindest zu begrenzen oder sich als reiner Stubentiger entpuppt,
hängt nun allein von einem ab: ob die europäische Aufsicht genug Biss
hat, sich gegen die Aufsichtsbehörden der Mitgliedsstaaten zu stellen."

Bereits 2008 protestierte Attac gegen Werbung der Deutschen Bank für
Agrarrohstoff-Fonds auf Brötchentüten und machte so eine breitere
Öffentlichkeit auf das Problem preistreibender Spekulation mit
Nahrungsmitteln aufmerksam.
Es folgten zahlreiche Aktionen zum Thema –
teilweise mit Bündnispartnern, darunter Oxfam, Weed, Misereor, Terres
des Hommes, Medico International und die Welthungerhilfe.
Im Rahmen der
Attac-Bankwechselkampagne "Krötenwanderung jetzt" recherchierte Attac, in welchem Maß deutsche Banken und Versicherungen mit Nahrungsmitteln spekulieren.
"Dass es trotz des massiven Widerstands der Finanzlobby überhaupt zu
einem Beschluss der EU gekommen ist, ist auch ein Ergebnis der
jahrelangen Proteste aus der Zivilgesellschaft", sagte Jutta Sundermann
vom Attac-Koordinierungskreis. "Wir werden weiter Druck machen und genau
beobachten, welche Auswirkungen die neuen Regeln für die beiden
deutschen Big Player bei der Nahrungsmittelspekulation – die Deutsche
Bank und die Allianz – haben."

*) Positionslimits begrenzen die Menge bestimmter Finanzmarktprodukte,
die ein einzelner Investor halten darf

http://www.wir-fuer-marl.de/

Autor:

Siegfried Schönfeld aus Marl

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