Flossbachs WM-Querpass: Holländer jammern nicht

Freitag, 19.52 MEZ. Estádio Maracanã, Rio de Janeiro. Betretene Mienen bei den Franzmännern, bei der Equipe Triccolore. Ekstatischer Jubel im deutschen Team, ausschweifender Siegestaumel. Nein, nicht bei allen.

Jogi Löw jubelte verhalten. Eher in sich gekehrt. Wurde geherzt, umarmt, getätschelt und jovial geschubst. Er blieb ganz cool, richtig kühl, kein Gefühl. Die Nervenanspannung war einfach zu groß, befürchte ich. Auch so ein Knuddel-Jogi hat Druck. Die Aufstellung mit Klose in the Box und Lahm on the line war sicherlich nicht nach seinem Geschmack, aber die Presse hält nie die Fresse! Die wissen alles besser…

FIFA-Schwarzmarkt-Eldorado

Somit weiß ich gar nicht, wer für den Sieg verantwortlich ist. Die Experten der Sportpresse oder der Bundestrainer oder vielleicht doch Udo Lattek!? Kann auch sein, dass der Jogi auch so empfindet.
Es ist nicht so schlimm, dass die Holländer aus ihrem Hotel umziehen mussten. Sicherlich haben Sie gehört, liebe Leser, dass die FIFA die Niederländer Halbfinalisten ausquartiert hat.
Der FIFA-Troß, bestehend aus 7.633 Personen, hat das Hotel besetzt. Blatter in die Suite und Zwanziger im Heizkeller. Und das alles aus dem Erlös des Schwarzmarktes. Millionenumsätze gab der Schwarzmarkt für Eintrittskarten her. Und das geht so: Der Blatter hat einen Mitarbeiter, der hat einen Cousin, der einen Freund hat, der jemanden kennt, dessen Bruder auf der Copa Kartenbana Tickets verkauft. Jeder will verdienen. Der Hierarchie entsprechend.
Fangen wir beim Blatter an. Der will 500 Euro, der nächste 400 Euro, dann 300 Euro und so weiter. So kommt man auf einen Preis von 1.600 Euro pro Ticket. Politisch einwandfrei. Moralisch in Ordnung. Immerhin gibt es in Brasilien keine Maut.

Genieße jede WM-Sekunde

Ich habe, ehrlich gesagt, keinen Holländer über den Auszug jammern hören. Das finde ich großartig. Die setzen sich einfach in ihren Wohnwagen, fahren die 1.962 Kilometer zum nächsten Match von Salvador nach Rio oder pennen auf dem Promenaden-Parkplatz in Rio Platta, und vor allem, gewinnen gegen Costa Rica, gegen Argentinien und gegen… Unglaublich, unsere Nachbarn.
Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht: Ich finde es schade, dass die WM Sonntag vorbei ist. Vier lange Jahre Vorfreude, vier Jahre Warten, und dann erst kommen die Besten der Besten wieder z´samm.
Ich habe nahezu alles gesehen. Einiges in der Mediathek zweimal angeschaut und es genossen. Um die 5.760 Spielminuten oder 345.601 Spielsekunden habe ich verzehrt. Dass dabei die Spanier, die Engländer und die Italiener eine geringe Schauspielzeit hatten, hat mich überrascht, aber nicht geärgert. Das Costa Rica, Belgien und die Vereinigten Klinsmannstaaten in die K.O.-Runden einzogen, war stark und erfreulich.

Gleich geht's loooos

Zuletzt noch einen Kommentar zum Neymar. Das war kein vorsätzlicher Verletzungsversuch. In der 87. Minute, in einer solchen Stresssituation und bei dem Spielstand kann das, darf das aber nicht passieren.
Schiri, Ahoi. Nicht Skat, Doppelkopf oder Mau mau. Gelbe Karten mit rigorosem Schutz für die Spieler fordern Fußballer, und die Brasilianer sollen jetzt nicht so kommen, als wenn sie die Lämmer sind. Es gibt genügend brasilianische Fallbeispiele.
Bela Horizonte, 23.50 h, 00.25 h oder 0.53 h. Ich weiß das Ergebnis noch nicht, aber ich bestehe auf ein Endspiel Deutschland vs Holland. 40 Jahre, der Tag der Revanche, die Zeit der Rache!

Und ich fahre am Donnerstag mit meinem TSV nach Nijverdal ins Trainingslager nach Holland. Was gibt es Schöneres?

Nur ein paar Sekunden noch…
Ihr Holger Flossbach