Solche "Paten" braucht die Stadt
Mittwoch, 10 Uhr. Kaum tritt Brigitte Böker bei der Familie Hoffmann über die Schwelle, saust der kleine Sohn herbei und streckt ihr die Arme entgegen, als sei der Osterhase und Nikolaus zugleich erschienen. „Dass sich Jamie so freut, wenn Brigitte kommt, hat meine Vorbehalte schnell ausgeräumt“, sagt Jamies Mutter.
Während Jamie und Brigitte ins Kinderzimmer verschwinden, berichtet Melanie Hoffmann, wie es zu dem Kontakt kam. „Ich habe nach Jamies Geburt viel geweint und das Gefühl, alles wachse mir über den Kopf. Mein Mann konnte mir kaum helfen, er kam ja erst abends von der Arbeit nach Hause.“
Durch ihre Hebamme erhielt die 25-Jährige den Tipp, sich an den Deutschen Kinderschutzbund (DKSB) zu wenden, der „Familienpaten“ vermittelt. Auch Ehemann Michael war sehr dafür. Melanie: „Leicht gefallen ist mir das aber nicht. Und ich hatte auch meine Zweifel, ob ich einer fremden Person mein Kind anvertrauen kann.“
Doch der Kontakt zu Brigitte fiel ihr dann, besonders weil Jamie so positiv auf die unaufdringliche und verlässliche Besucherin reagierte, zunehmend leichter. Unverkrampft gehen beide Frauenheute miteinander um, duzen sich. Melanie: „Fast ist es wirklich so, als gehöre Brigitte zur Familie.“
Brigitte Böker spielt mit Jamie oder geht mit ihm spazieren. Zwei Stunden, ein Mal pro Woche. Auch Melanie freut sich über Brigittes Einsatz. „Ich kann in Ruhe putzen, zum Arzt gehen oder tatsächlich ganz einfach mal die Füße hochlegen. Habe Zeit für mich. Wunderbar!“
Seit September kommt die Familienpatin zu den Hoffmanns. Brigitte Böker, die zwei erwachsene Kinder hat und früher als Beamtin bei der Telekom beschäftigt war, brachte viel Erfahrungen in Sachen ehrenamtliche Arbeit und speziell Arbeit mit Kindern mit.
Melanie ist von der Familienpatin so begeistert, dass sie in ihrem Umfeld dafür geworben hat. „Eine Nachbarin mit zwei kleinen Kindern hat jetzt auch eine Familienpatin.“ Könnte sie sich selbst vorstellen, später selbst einmal solche Hilfestellungen zu geben? Melanie: „Ich könnte mir das sogar sehr gut vorstellen - später, wenn Jamie in der 3. oder 4. Klasse ist. Man hört immer von Einsamkeit im Alter, aber auch junge Familien sind oft alleine mit ihren Problemen. Die Familienpatenschaft ist eine prima Sache.“
Und so funktioniert's:
Meldet sich eine Familie, die Unterstützung brauchen kann, bei Gertrud Scherer (pädagogische Fachkraft beim DKSB Marl), kommen Familienpaten nach Absprache und nur auf Wunsch der Familien ins Haus. Eltern bezahlen dafür nichts.
Familienpaten sind intensiv geschulte ehrenamtliche Helfer. Aktuell gibt es in Marl 40 ausgebildete Familienpaten. Davon sind 17 Frauen und ein Mann im Einsatz. Sie wurden intensiv geschult und treffen sich regelmäßig zum gemeinsamen Austausch.
Kontakt: Gertrud Scherer, DSKB Marl, Lipper Weg 111b, Rufnummer 02365/ 50 76 35, E-Mail: kinderschutzbund-marl@t-online.de
Autor:Kerstin Halstenbach aus Emmerich am Rhein |
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