Psychologische Beratungsstelle der Stadt Marl lässt niemanden allein
Die Psychologische Beratungsstelle der Stadt ist seit vielen Jahren ein wichtiger Baustein im vielfältigen Beratungsangebot für belastete Familien in Marl. Eltern und ihre Kinder sowie junge Erwachsene bis 26 Jahren finden dort zuverlässige Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner, die bei Fragen und Problemen mit Rat und Tat zur Seite stehen. Zwei aktuelle Angebote stechen dabei besonders heraus.
Vielfältige Arbeitsbereiche
Die Nachfrage an psychosozialer Beratung ist in den letzten Jahren stetig gewachsen. Im Rahmen der bundesweiten Kampagne „Das Jugendamt – Unterstützung, die ankommt“ stellen Jugendamtsleiter Andreas Wesche, Sozialpädagogin Sabrina Zimmermann und Erzieherin Katharina Rütter die vielfältigen Arbeitsbereiche in der Psychologischen Beratungsstelle vor. „Leider sind psychische Erkrankungen in unserer Gesellschaft bis heute oftmals ein Tabuthema“, sagt Andreas Wesche. „Gleichwohl hat sich schon Vieles verbessert. Diese positive Entwicklung wollen wir unbedingt weiter unterstützen“.
Lotsenstelle seit 2014
Seit 1975 berät die Psychologische Beratungsstelle Marler Familien in Fragen rund um die Erziehung. Die Mitglieder des multiprofessionellen Teams aus Psychologen, Sozialarbeitern- und pädagogen sowie Erzeherinnen helfen Ratsuchenden im gemeinsamen Gespräch. Im Rahmen der Lotsenstelle, die 2014 ins Leben gerufen wurde, können seelisch belastete Familien und Angehörige oder indirekt Betroffene unter dem Motto: „Viele Fragen? Eine Nummer!“ um Rat fragen. Das Team der Beratungsstelle hilft dabei, die jeweils passgenauen Beratungen und Therapien im Dschungel der Angebote zu finden und vermittelt an geeignete Einrichtungen in der Stadt und Region, mit denen die Beratungsstelle gut vernetzt ist.
Von Erziehungsberatung bis hin zu Gruppentherapie
Mit den Jahren hat die städtische Einrichtung ihre vielfältigen Angebote sukzessive erweitert. Inzwischen gibt es eine breite Palette an Hilfen: Von der Erziehungsberatung und Psychodiagnostik, über LRS- und Dyskalkulietrainings im Grundschulalter und Gruppentherapien für Kinder und Jugendliche zum Erlernen und Verbessern sozialer Fertigkeiten, bis hin zu Konzentrationstrainings sowie Beratungs- und Weiterbildungsangeboten für Fachpersonen und Intuitionen. Auch für Fragen hinsichtlich der sexuellen Orientierung oder Identität ist die Beratungsstelle die richtige Adresse. Zuletzt ist die Psychologische Beratungsstelle mit zwei besonderen Angeboten gewachsen.
Projekt "Kleine Schritte"
Das Projekt „Kleine Schritte“ widmet sich in Kooperation mit dem AWO Startpunkt, Marler Kinder Netz „Frühe Hilfen“ und der LWL-Klinik Herten psychisch belasteten und erkrankten Müttern mit ihren Babys und Kleinkindern. Einmal wöchentlich findet ein Treffen in einer Kleingruppe von sechs Teilnehmerinnen statt. Schwerpunktthemen sind die Bindungsförderung und Sensibilisierung für mütterliche und kindliche Bedürfnisse. „Der Fokus liegt dabei auf den psychisch belasteten Müttern“, sagt Erzieherin Katharina Rütter.“ „Sie sollen sich in der Gruppe angenommen und wohl fühlen, ihre Stärken erkennen und den Kontakt zu anderen Müttern und deren Kindern in einer nicht bewertenden Atmosphäre genießen“.
Fokus liegt auf die psychisch belasteten Müttern
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Psychologischen Beratungsstelle unterstützen und bestärken die belasteten Frauen und führen sie behutsam durch ein Programm, das aus gemeinsamen Spielen und Entspannungsphasen besteht. Abschließend findet ein Frühstück statt, bei dem die Frauen miteinander ins Gespräch kommen und sich austauschen können. Ziel ist es, das sie mit ihren Ängsten und Belastungen nicht allein sind und im Kontakt zu anderen Müttern und Kindern ihren Alltag bereichern. Sie werden außerdem unterstützt, weitere Angebote in ihrem Wohnumfeld wahrzunehmen und die Zeit mit ihren Kindern aktiv zu gestalten. Während der Corona-Pandemie konnte der Kontakt zu den Familien dank der Gruppen- und Einzeltreffen unter freiem Himmel aufrechterhalten werden. Das Projekt „Kleine Schritte“ wird vom Förderverein der Psychologischen Beratungsstelle der Stadt Marl unterstützt.
Projekt "Irres Netzwerk"
Das zweite Projekt „Irres Netzwerk“ widmet sich hingegen Kindern und Jugendlichen, die mit psychisch erkrankten Elternteilen zusammenleben. Schwerpunkt ist es, die jungen Menschen in ihrer Selbstwirksamkeit zu fördern und über die Erkrankung der Eltern zu informieren. „Kinder psychisch erkrankter Eltern müssen häufig eine Rolle übernehmen, die nicht dem kindlichen Entwicklungsstand angemessen ist“, sagt Sabrina Zimmermann. Deshalb findet ein wöchentliches Treffen in einer Kleingruppe statt, bei der sie die Erfahrung machen, dass sie nicht alleine sind.
Kinder nehmen eine Rolle an, die nicht altersgerecht ist
Nach einer Begrüßung folgt eine Ruhephase mit Musik. Anschließend werden dann innerhalb der Gruppe verschiedene Themen besprochen und erarbeitet. Dabei geht es im Fokus um die Erkrankung der Eltern, aber auch um Ressourcen der Kinder. Die Kinder und Jugendlichen lernen Gefühle zu äußern, die Erkrankung der Eltern zu verstehen und können sich in der Gruppe gegenseitig austauschen und unterstützen. „Wir arbeiten dabei mit verschiedenen Materialien. Wichtig ist, dass kein Druck entsteht und die Kinder selbst entscheiden, was sie von sich preisgeben wollen“, so Sabrina Zimmermann.
Sorgenpüppchen und Schatzkiste
Am Ende der Treffen nehmen die Kinder eine „Schatzkiste“ mit nach Hause, die nach und nach mit hilfreichen Dingen gefüllt wird, wie zum Beispiel die Telefonnummern von Ansprechpartnern im Notfall oder Strategien zu Problemlösung. Zimmermann: „Auch ein Sorgenpüppchen erhalten die Kinder. Nöte und Sorgen können auf einen Zettel geschrieben und im breiten Maul der Puppe verschwinden“. Außerdem werden Gespräche mit den Eltern geführt, in denen Anregungen und Ideen weitergegeben werden. Das Projekt „Irres Netzwerk“ wurde 2019 ins Leben gerufen. Es wird vom Rotary Club Marl unterstützt.
Jährlich suchen 900 Menschen psychologische Hilfe
Wie wichtig die Psychologische Beratungsstelle für hilfesuchende Menschen ist, zeigt auch ein Blick auf die Entwicklung der Fallzahlen. Suchten im Jahr nach der Gründung rund 300 Familien Rat und Hilfe, sind es heute jährlich um die 900. „Das Wohl der Kinder und Jugendlichen sowie ihrer Familien liegt uns am Herzen“, sagt Andreas Wesche. „In der Vielfalt und Flexibilität unserer Methoden und Angebote liegt unsere Stärke. Wir wollen betroffene Familien in Marl bestmöglich und passgenau unterstützen“.
Autor:Siegfried Schönfeld aus Marl |
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