Nachdenken statt Nachsitzen
Nennen wir ihn mal Schüler D. wie „Durcheinander“.Also, D. befindet sich als einziger in einem Klassenraum am Hans-Böckler-Berufskolleg. Er muss aber weder nachsitzen, noch sind die anderen Schülerinnen und Schüler dem Unterricht ferngeblieben. Er ist im Trainingsraum, um sich in Ruhe Gedanken zu machen.
D. „darf“ überlegen - nach einem Gespräch mit der Sozialarbeiterin - wie er sich zukünftig im Unterricht zu verhalten hat. So dass er und die anderen möglichst ungestört lernen können. D. soll die Konfliktsituation, die zum Aufenthalt im Trainingsraum führte, reflektieren und Lösungsmöglichkeiten erarbeiten. Mit Hilfe von gezielten Fragen und Aufgaben.
Das Hans-Böckler-Berufskolleg betrachtet bereits seit einigen Jahren Qualitätsmanagement als integralen Bestandteil von Schulentwicklung. So versucht die Schule Gebäudeausstattung, Inventar und Personal an die Anforderungen moderner beruflicher Bildung anzupassen. Mittlerweile ist eine Schule entstanden, die in weiten Teilen der Berufswelt hohe Anerkennung genießt und an technischen Möglichkeiten kaum einen Wunsch offen lässt. Das allein macht jedoch noch keinen erfolgreichen Unterricht aus.
Deshalb arbeitet das Berufskolleg beständig an Konzepten zur Verbesserung der Unterrichtsqualität. Der Trainingsraum mit seinen erzieherischen Aufgaben ist ein weiterer Mosaikstein dahin. Nur in angenehmer, konfliktfreier Atmosphäre lässt sich optimales Lernen umsetzen. Deshalb können Schüler, die im Unterricht ihrer Klasse stören, in den Trainingsraum gehen, um dort mit einem der Betreuer ihr Verhalten zu überdenken. Ziel: es in Zukunft zu verändern.
Dafür stehen ihnen eine Sozialarbeiterin und entsprechend fortgebildete Lehrkräfte zur Verfügung. „Die Schüler überdenken die auslösenden Situationen in einem neutralen Raum und erarbeiten Lösungen und Veränderungsvorschläge”, erläutert Werner Plum-Schmidt, zuständig für die Entwicklung der Unterrichtsqualität. „Damit werden Konfliktsituationen entspannt und dauerhafte positive Verhaltensänderungen angestrebt. Gleichzeitig kann die Klasse störungsfrei unterrichtet werden.” Mit Spannung wird nun auf die ersten Erfahrungen gewartet, die direkt in die Arbeit im Trainingsraum einfließen sollen.
Kommen wir wieder auf Schüler D. wie „Durcheinander“ zurück, der jetzt aber den Durchblick hat. Zwar war er anfänglich skeptisch, doch nach einer „Sitzung“ im Trainingsraum war ihm zum ersten Mal bewusst, dass es bestimmte Reizsituationen gibt, die ihn zum Stören veranlassen. Situationen, die nicht immer er zu verantworten hat. Aber Schüler D. wie „Durchblick“ wird das nun zum Thema in der Klasse machen.
Autor:Mariusch Pyka aus Marl |
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