Akupressur auf der Eltern-Kind-Einheit der LWL-Klinik Marl-Sinsen

Das Drücken bestimmter Akupressurpunkte kann auch bei Kindern einen Einfluss auf die psychische Ebene haben.
Foto: LWL/Kerstin Seifert
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"Wenn ich wütend bin, drücke ich hier ganz fest", erklärt Richard (Name geändert). Dabei zeigt der Fünfjährige auf einen Punkt an seiner Hand. "Ruhig-Punkt" haben die Kinder der Eltern-Kind-Einheit in der LWL-Klinik Marls-Sinsen diesen speziellen Punkt genannt. Wenn Richard merkt, dass seine Aufregung stark ansteigt, drückt er mit einem Finger auf diesen Punkt und zählt bis zehn.

"Dieses Drücken auf den Akupressurpunkt und das gleichzeitige Innehalten helfen ihm und anderen jungen Patient:innen, sich selbst zu regulieren. So ist schon mancher Wutausbruch verhindert worden", erklärt Ilona Betker. Die Heilpädagogin arbeitet in der Marler Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL).

Die 61-Jährige hat sich 2014 im Bereich der ergänzenden naturheilkundlichen Pflege- und Behandlungsmethoden für Kinder und Jugendliche fortgebildet. Seit 2016 setzt sie in diesem Rahmen Akupressur bei den jungen Patientinnen und Patienten aber auch bei den Eltern auf der Eltern-Kind-Einheit ein, genauso wie ihre Kolleginnen Sandra Wormland und Sina Husk.

"In der Hand ist der gesamte Körper abgebildet", so Betker. "Die Akupressurpunkte und Reflexzonen ermöglichen es uns, alle Organe, Muskeln und Nerven anzusprechen, insbesondere auch auf der psychischen Ebene." Dabei seien den verschiedenen Organen Emotionen zugeordnet. So stehe die Leber in Verbindung zu Wut, Zorn und Aggressivität, das Herz unter anderem zu Freude, die Niere zu Angst und so weiter. Durch das Drücken dieser Punkte könne eine Veränderung der Stimmung eintreten. "Das hängt natürlich auch davon ab, wie offen ich dieser Thematik gegenüberstehe", so Ilona Betker, die mit der Methode "Marte Meo" ein videogestütztes Coaching für Eltern anbietet.

In regelmäßigen Elternrunden, die sich auch mit Themen wie Marte Meo oder Erziehungskompetenz beschäftigen, lernen die Sorgeberechtigten, wie sie Akupressur bei ihren Kindern anwenden können, und auch, wie es ihnen mithilfe dieser Technik gelingen kann, sich selbst zu regulieren. So berichtet eine Mutter, dass sie durch die Akupressur endlich wieder besser schläft und es ihr in stressigen Situationen immer wieder gelingt, Ruhe zu bewahren.

"Wir geben den Teilnehmenden hier Zeit und Raum, mittels Akupressur ihr Gedankenkarussell einmal anzuhalten und sich ganz auf ihre Körperwahrnehmung zu fokussieren", berichtet die Marte Meo-Supervisorin, "Das funktioniert auch, wenn sie Akupressur bei ihren Kindern einsetzen. So wird 'ganz nebenbei' die Verbindung miteinander gestärkt und der Fokus auf ein gemeinsames positives Erleben gelegt." Dieser positive Fokus und das damit einhergehende Gefühl der Selbstwirksamkeit sei ein wichtiger Baustein auf dem Weg der Gesundung. "Im günstigsten Fall nehmen Eltern wie Kinder diese Technik mit in ihren Alltag zu Hause und genießen auch dort ab und zu das Gefühl des Innehaltens", so Betker.

Hintergrund

Auf der Eltern-Kind-Einheit (EKE) der LWL-Klinik Marl-Sinsen erhalten psychisch erkrankte Kinder im Alter von sechs Monate bis acht Jahren therapeutische Hilfe. Dabei werden sie von einem Elternteil und manchmal auch von einer Schwester oder einem Bruder begleitet. Die Familie wohnt in dieser Zeit in einem eigenen Apartment der Einheit. Naturheilkundliche Pflege- und Behandlungsmethoden wie Akupressur, Ohrakupunktur oder Aromatherapie werden in der LWL-Klinik Marl-Sinsen regelmäßig angewandt um die Gesundung der jungen Patient:innen zu unterstützen.

Autor:

Siegfried Schönfeld aus Marl

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