Welche Reststoffe wurden in den Marler Bergwerken eingelagert?

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In den 90er-Jahren geriet die damalige SPD-Landesregierung politisch unter Druck, weil es in Nordrhein-Westfalen nicht genug Entsorgungsmöglichkeiten für Sondermüll gab. In vielen Kommunen wurde über die Notwendigkeit neuer Sonderdeponien debattiert. Es hagelte Bürgerproteste. Niemand wollte den giftigen Abfall vor seiner Haustür haben. In dieser Zeit wurde durch NRW-Landesregierung und Zechenbetreiber dann eine Idee in die Tat umgesetzt, die nach Angaben des Kohlekonzerns RAG (ehemals Ruhrkohle AG) bereits Anfang der 80er-Jahre entstanden war, die "Verbringung von Reststoffen unter Tage".

Wo und wann wurde Müll in Bergwerken entsorgt?

In ersten Versuchen wurden die Reststoffe laut RAG auf den Bergwerken Zollverein (Essen), Consolidation und Ewald-Hugo (Gelsenkirchen) und Walsum (Duisburg) in 800 Metern Tiefe "hinter dem Streb oder hinter Dämmen in aufgegebene Strecken verpresst". Auf dem Bergwerk Haus Aden (Bergkamen) und später Walsum wurden zwischen 1991 und 2004 demnach rund 650.000 Tonnen "nach dem Prinzip des vollständigen Einschlusses" abgeladen.
Bekanntlich ist das Ruhrgebiet durchlöchert wie ein Schweitzer Käse. Das Grubenwasser dringt durch die Folgen des Bergbaus in Nachbarregionen ein. Friedrich H. Dechert Fraktionsgeschäftsführer nahm das zum Anlass einen Antrag in den Stadtrat einzubringen.

ANTRAG der Bürgerliste WIR für Marl

Der Bürgermeister klärt mit der Ruhrkohle AG, den Bergbautreibenden und den zuständigen Bergbehörden die folgenden Fragen:

1. Wurde in den Steinkohlebergwerken in Marl Sondermüll gelagert?
2. Wurden in den Steinkohlebergwerken in den Städten um Marl herum, z.B. Gelsenkirchen (und Polsum), Sondermüll gelagert?
3. Stehen die Bergwerke zwischen Kamp-Lintfort am Niederrhein, Ruhrgebiet und Dortmund/Hamm untereinander in physikalischer Verbindung?
4. Kann es sein, dass es sich hier um eine große geologisch und wasserwirtschaftlich zusammenhängende Landmasse handelt, die wie eine riesige Anordnung von miteinander verbundenen kommunizierenden Röhren in Verbindung stehen und über unterirdische Strömungen den wässrigen Inhalt der Giftlager der Bergwerkeuntereinander austauschen?
5. Besteht die Gefahr, dass Grundwasserleitern mit diesen Giften kontaminiert werden?
6. Welche Risiken und langfristigen Umweltauswirkungen des untertägigen Versatzes von gefährlichen toxischen Sonderabfällen existieren tatsächlich?
Friedrich H. Dechert in der Begründung:
Wir verweisen hier auf die diesbezüglichen wissenschaftlichen Arbeiten des
Abfallexperten und Biochemikers Harald Friedrich. Herr Friedrich war zehn Jahre im NRW-Umweltministerium Abteilungsleiter für Abfallwirtschaft, Bodenschutz und Wasserwirtschaft.

Was geschah nach der Entsorgung?

Die RAG sieht keine Risiken. Umweltschützer sehen das anders. "Wir haben vor 20 Jahren schon vor dieser Methode gewarnt", sagte Dirk Jansen vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) in NRW . Hochgiftige Filterstäube - belastet mit Dioxin, Furan und Cadmium - seien in den Zechen mit Zement "verpresst" worden. "Die Sorge ist nun, dass die Stoffe sich eben nicht sicher verfestigt haben, sondern dass sie über den Anstieg des Grubenwassers wieder nach oben kommen", sagte der Umweltschützer. Bereits in den 90er-Jahren habe es Hinweise gegeben, dass Arbeiter bei der Unter-Tage-Verpressung mit Dioxin in Kontakt gekommen seien. Schläuche seien geplatzt. "Leider ist es so, dass die Genehmigung der Entsorgungsmethode durch die Bergbehörden keine Umweltkontrolle zuließ." Jansen fordert jetzt intensive Boden- und Wassermessungen in den betroffenen Gebieten.

Autor:

Siegfried Schönfeld aus Marl

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