Umweltminister Oliver Krischer zu Besuch auf dem ehemaligen WASAG-Gelände
Umweltminister Oliver Krischer besuchte am Montag, den 31.07.2023 den Standort der ehemaligen "Westfälisch-Anhaltischen Sprengstoff-Actien-Gesellschaft" (WASAG) in Haltern-Sythen. Dort nahmen ihn der parlamentarische Staatssekretär im Städtebauministerium, Josef Hovenjürgen, Landrat Bodo Klimpel, Bürgermeister Andreas Stegemann, Fachbereichsleiter Umwelt Peter Haumann sowie AAV-Geschäftsführer Dr. Roland Arnz in Empfang, um den Minister an Ort und Stelle über die Altlast und den aktuellen Stand der Sanierungsuntersuchungen zu informieren.
Die ehemalige Sprengstofffabrik soll nach Abschluss der Altlastensanierung zu einem Campus mit dem Thema "Umweltbildung, Umweltforschung und Energie" entwickelt werden. Das zu erstellende Entwicklungskonzept zur Revitalisierung dieser Brachfläche soll nicht nur der Nachhaltigkeit, sondern auch der außergewöhnlichen Natur- und Artenvielfalt, die sich auf dieser Fläche angesiedelt hat, in besonderer Weise Rechnung tragen. Auch die über 100jährige Historie des Geländes soll berücksichtigt werden. Hierzu wurden dem Minister der vorliegende Rahmenplan und die Ideen zum Entwicklungskonzept sowie der Stand der Sanierungsuntersuchungen vorgestellt.
Die Altlastensituation
Das insgesamt etwa 150 ha große Areal befindet sich rund 5 km nordöstlich der Innenstadt von Haltern am See. Der zentrale Teil des ehemaligen Betriebsgeländes umfasst eine Größe von ca. 101 ha. Dort befinden sich aktuell noch zahlreiche Gebäude oder Gebäudereste unterschiedlichsten Alters bzw. Erhaltungszustandes.
Bereits in den 90er Jahren wurden auf dem Werksgelände erstmals sprengstofftypische Verbindungen (STV) im Grundwasser nachgewiesen. Dies führte zu umfangreichen Boden- und Grundwasseruntersuchungen, bei denen neben Bodenbelastungen auf dem Betriebsgelände massive Belastungen des Grundwassers sowohl im Bereich des Betriebsgeländes als auch über dessen räumliche Grenzen hinaus festgestellt wurden.
Geologisch sind auf dem Gelände Sandschichten (Halterner Sande) vorhanden, die zwischen 100 und 300 Meter mächtig sind. Bei diesen Sanden handelt es sich um einen der ergiebigsten Grundwasserleiter in Nordrhein-Westfalen. Die von dieser Altlast ausgehende Schadstofffahne konnte sich nach Süden in Richtung des Trinkwasserschutzgebiet Halterner Stausee ausbreiten. Daher wurde in enger Zusammenarbeit mit dem Wasserversorger, der Gelsenwasser AG, ein 3D-Stofftransportmodell erstellt. Es soll eine genauere Prognose der zukünftigen Schadstoffausbreitung ermöglichen.
AAV unterstützt den Kreis bei der Sanierung
Mit Übernahme des Geländes durch den Kreis Recklinghausen hat der AAV - Verband für Flächenrecycling und Altlastensanierung die Sanierung in die Hand genommen. Bis Mitte 2024 sind eine Sanierungsuntersuchung, die Erstellung einer Sanierungsplanung und eines Rückbaukonzeptes sowie Maßnahmen zur Grundwassersicherung geplant. Für die aktuell beauftragten Untersuchungen und Planungen sind zunächst 6,1 Mio. Euro vorgesehen, von denen der AAV 80 % und der Kreis Recklinghausen 20 % tragen.
Im nächsten Schritt sind die Sanierungsmaßnahmen, der Rückbau der Produktionsgebäude und der Bau einer Sanierungsanlage geplant. Die Kosten dafür können bislang noch nicht seriös abgeschätzt werden.
Der AAV mit seiner seit über 34 Jahren gewachsenen Expertise übernimmt neben dem Löwenanteil der Kosten auch die Steuerung dieses umfangreichen Altlastenprojektes. Dabei stimmt er alle Schritte eng mit dem Kreis Recklinghausen als Vertragspartner ab.
Hintergrundinformationen
Das WASAG-Gelände blickt auf eine 100-jährige Geschichte als Sprengstofffabrik zurück, die auch in den beiden Weltkriegen betrieben wurde. Die Vergangenheit des Werkes in der Rüstungsproduktion, insbesondere im Ersten Weltkrieg, hat eine der ältesten, umfangreichsten und vor allem fachlich herausforderndsten Altlasten des Landes NRW verursacht.
Der Kreis Recklinghausen hat das Gelände im Jahr 2016 gekauft, weil kein Störer für die Sanierung der Altlastenfläche mehr in Anspruch genommen werden konnte und der Kreis Recklinghausen als zuständige untere Bodenschutzbehörde auch finanziell für die Altlastensanierung verantwortlich war. Nach Abschluss der Sprengstoffproduktion durch das dort zuletzt ansässige Unternehmen im Jahr 2018 und Stilllegung der Produktionsanlagen wurde das Gelände Mitte 2019 durch den Kreis Recklinghausen übernommen.
Landesweite Bedeutung des Projektes
In der Jahren 2016 und 2017 hat sich das Umweltministerium bereits intensiv mit dem Fall und der Sachlage der Gefährdung der Trinkwassergewinnung vor Ort befasst. Um den künftigen Handlungsbedarf bzw. die Handlungsmöglichkeiten im Umgang mit der großflächigen Schadstofffahne besser einschätzen zu können, hatte das Umweltministerium im Jahr 2016 ein länderübergreifendes Expertenfachgespräch "Sanierung sprengstofftypischer Verunreinigungen im Grundwasser von großen Sprengstoffproduktionsaltlasten in Deutschland" durchgeführt. Zudem wurden im Auftrag des Umweltministeriums gutachterliche Handlungsempfehlungen erarbeitet.
Autor:Siegfried Schönfeld aus Marl |
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