Stille Mahnwache gegen sexualisierte Gewalt an Kindern

Durchsuchung des Tatortes
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Der Kinderschutzbund Münster (DKSB) hat am Freitag, den 19. Juni, in der Zeit von 17:00 bis 18:00 Uhr auf dem Domplatz in Münster eine Mahnwache gegen sexualisierte Gewalt an Kindern veranstaltet. Das Motto „Kein Kind kann sich selbst vor sexualisierter Gewalt schützen. Hinsehen! Hinhören! Darüber sprechen!“ macht deutlich, dass die Erwachsenen die Verantwortung für den Schutz von Kindern haben und dass es wichtig ist, hierfür sensibel zu sein.

Der DKSB lud  dazu ein, sich innerhalb der genannten Stunde  in die Runde der Schweigenden zu gesellen. Er wies  darauf hin, dass dabei die Vorgaben der Polizei hinsichtlich der Wahrung der Sicherheitsabstandes von mindestens 1,5 m und des Tragens einer Mund-Nase-Bedeckung beachtet werden mussten.

Vorwurf des sexuellen Missbrauchs von Kindern

Nach dem Vorwurf des sexuellen Missbrauchs von Kindern hat die Polizei Münster insgesamt elf Personen festgenommen. Sieben Beschuldigte befinden sich aktuell in Untersuchungshaft; die übrigen Personen wurden entlassen. Bei den inhaftierten Beschuldigten handelt es sich um sechs Männer im Alter von 27 Jahren (zuletzt wohnhaft in Münster), 30 Jahren (zuletzt wohnhaft in Staufenberg bei Gießen), 35 Jahren (zuletzt wohnhaft in Hannover), 42 Jahren (zuletzt wohnhaft in Schorfheide), 43 Jahren (zuletzt wohnhaft in Kassel) und 41 Jahren (zuletzt wohnhaft in Köln) sowie eine 45-jährige Frau aus Münster. Die Frau ist die Mutter des Beschuldigten aus Münster. Nach derzeitigem Stand der Ermittlungen sind vier Männer dringend verdächtig, zwei minderjährige Kinder im Alter von fünf und zehn Jahren schwer sexuell missbraucht zu haben. Zwei weitere Beschuldigte stehen im Verdacht, zumindest an einem der beiden Kinder schwere sexuelle Handlungen vorgenommen zu haben.

Dem Münsteraner werden bislang 15 Taten vorgeworfen. Sie sollen über einen Zeitraum von November 2018 bis Mai 2020 stattgefunden haben. Die Taten soll der Münsteraner zum Teil per Video und auf Fotos dokumentiert und über das sogenannte Darknet verbreitet haben. Der 45-jährigen Frau wird vorgeworfen, zu einer der Missbrauchstaten Hilfe geleistet zu haben.

Die Opfer

Bei den Opfern handelt es sich zum einen um den zehnjährigen Sohn der Lebensgefährtin des Münsteraners und um den fünfjährigen Sohn des Beschuldigten aus Staufenberg. Es besteht der Verdacht, dass der 27-Jährige aus Münster den zehnjährigen Jungen zumindest vier der Mitbeschuldigten für die vorgeworfenen schweren Missbrauchshandlungen überlassen und dadurch die Taten der anderen Beschuldigten ermöglicht hat. Bei einer Tatgelegenheit am 25./26. April 2020 sollen sich in einer Kleingartenanlage in Münster mindestens vier der Beschuldigten an beiden Opfern vergangen und die Taten teilweise gefilmt haben. Die 45-jährige Beschuldigte ist Nutzerin der Gartenhütte. Nach den bisherigen Ermittlungsergebnissen soll die Beschuldigte ihrem Sohn (27-jähriger Münsteraner) die Schlüssel überlassen und dabei den sexuellen Missbrauch der Kinder durch die Beschuldigten in Kauf genommen haben.

Die Beschuldigten wurden am 14.5. (27-Jähriger aus Münster), am 29.05. (43-Jähriger aus Kassel), und 30.05 (41-Jähriger aus Köln), die anderen Beschuldigten am 4.6., festgenommen. Im Zusammenhang mit den Festnahmen durchsuchten die Ermittler zahlreiche Objekte und stellten umfangreiches Beweismaterial, insbesondere elektronische Speichermedien, sicher. In einem Objekt fanden Ermittler einen komplett eingerichteten und klimatisierten Serverraum, der dem Beschuldigten aus Münster zuzurechnen sein dürfte. Darin befand sich unter anderem ein Schrank mit sieben Servereinheiten; allein auf einem Teil des Servers soll ein Speichervolumen von ca. 160 Terabyte vorhanden sein. Nach derzeitigem Stand ist von mehreren hundert IT-Asservaten mit einem potentiellen Speichervolumen von mehr als 500 Terabyte auszugehen. Die gesamte IT-Infrastruktur ist offensichtlich hochprofessionell passwortgeschützt, beziehungsweise verschlüsselt. Unter Einbindung der IT-Spezialisten des Landeskriminalamtes NRW wird weiterhin mit Hochdruck daran gearbeitet, Zugang zu den noch verschlüsselten Daten zu erlangen. Bislang sind Bilder und Videos die einzigen Beweismittel, da die Beschuldigten - mit einer Ausnahme - sich bislang nicht zur Sache äußern.

Dateien mit kinderpornografischem Inhalt

Ausgangspunkt ist ein Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt aus dem Jahr 2018. Damals hatte eine unbekannte Person über das Internet Dateien mit kinderpornografischem Inhalt angeboten. Im Rahmen aufwendiger Ermittlungen konnte im April 2019 ein Anfangsverdacht gegen den beschuldigten Münsteraner begründet werden. Über eine ermittelte IP-Adresse führte die Spur zu einem landwirtschaftlichen Betrieb im Kreis Coesfeld. Der Beschuldigte war hier für die Administration im IT-Bereich tätig. Am 7. Mai 2019 durchsuchten Polizeibeamte die Wohnung des 27-Jährigen in Münster. Die Ermittler stellten umfangreiche Mengen an Datenträgern sicher, die ebenfalls mit hochprofessioneller Verschlüsselungstechnik gesichert waren und zum Teil noch sind.

Entschlüsselungsversuche

Nach komplizierten Entschlüsselungsversuchen unter Beteiligung von IT-Experten der Polizei gelang es am 12. Mai 2020, einen der sichergestellten Laptops zu dechiffrieren. Auf der Festplatte fanden sich zahlreiche Dateien mit Missbrauchshandlungen zum Nachteil des zehnjährigen Jungen aus dem häuslichen Umfeld des Beschuldigten. Das Polizeipräsidium Münster übernahm aufgrund des ermittelten Wohnsitzes des Hauptbeschuldigten am 13. Mai 2020 die Ermittlungen. Beamte nahmen den Beschuldigten in den frühen Morgenstunden des 14. Mai 2020 in der Innenstadt von Münster fest. Der Junge war zu diesem Zeitpunkt nicht bei dem Beschuldigten. Der Beschuldigte erklärte, dass das Kind von einem Bekannten zu einer Verwandten nach Münster gebracht werde. Kurze Zeit später konnte der Junge vor der Wohnanschrift der Verwandten durch Polizeibeamte in Begleitung zweier männlicher Personen angetroffen werden. Der Junge wurde direkt in die Obhut des Jugendamtes der Stadt Münster gegeben.

Bei den beiden Personen handelt es sich um zwei 29 und 35 Jahre alte Männer aus Hannover. Da zum damaligen Zeitpunkt keine Anhaltspunkte dafür vorlagen, dass die beiden Männer Straftaten zum Nachteil des Jungen begangen haben könnten, wurden sie nicht festgenommen.

Durchsuchung der Gartenlaube

Bei der Durchsuchung der Gartenlaube am 15. Mai 2020 fanden die Ermittler in einer Zwischendecke versteckt eine vom Beschuldigten aus Münster gelöschte Festplatte. Die Daten konnten durch Experten des Polizeipräsidiums Münster am 4. Juni 2020 wiederhergestellt werden. Dabei wurde ein Videofilm entdeckt, auf dem sexuelle Handlungen zum Nachteil der beiden Kinder zu sehen sind, die durch den Münsteraner sowie die am 5. Juni 2020 in Untersuchungshaft genommenen männlichen Beschuldigten begangen wurden. Im Rahmen der am 4. Juni 2020 eingeleiteten Fahndung konnten die Tatverdächtigen noch am selben Abend festgenommen werden. Das fünfjährige Opfer wurde in Obhut des zuständigen Jugendamtes gegeben.

Der Beschuldigte aus Kassel steht im Verdacht, seinen 12-jährigen Neffen missbraucht zu haben. Das haben erste Auswertungsergebnisse des sichergestellten Datenmaterials des beschuldigten Münsteraners ergeben.

Durch weitere Ermittlungen unmittelbar nach der Festnahme des Mannes aus Kassel ergaben sich Hinweise, dass der nur wenige Stunden später in Köln Festgenommene nach vorherigen Internetkontakten mit dem Münsteraner das zehnjährige Opfer aus Münster missbraucht haben soll. Diesen Vorwurf hat der Beschuldigte nach der Festnahme eingeräumt.

kinderpornographische Schriften

Der 27-jährige Münsteraner ist vorbestraft. Unter anderem verurteilte ihn das Jugendschöffengericht Münster am 13.01.2016 wegen des öffentlichen Zugänglichmachens kinderpornographischer Schriften und des Besitzes kinderpornographischer Schriften zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren unter Strafaussetzung zur Bewährung. Dem Beschuldigten war unter anderem aufgegeben worden, eine Therapie für die offensichtlich bestehenden pädophilen Neigungen fortzusetzen. Dieser Auflage ist der Beschuldigte nachgekommen; der Bewährungshelfer hatte dem Beschuldigten eine vertrauensvolle Zusammenarbeit attestiert. Durch Urteil des Schöffengerichts Münster vom 08.06.2017 ist er wegen öffentlichen Zugänglichmachens kinderpornographischer Schriften zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt worden, deren Vollstreckung ebenfalls zur Bewährung ausgesetzt worden ist. Die dieser Verurteilung zugrunde liegenden Taten hatte der Beschuldigte nicht während der laufenden Bewährungszeit begangen, sondern bereits vor der Verurteilung durch das Jugendschöffengericht. Auch in diesem Zusammenhang ist ihm aufgegeben worden, die begonnene Therapie fortzusetzen. Auch dieser Auflage ist er nach den Berichten und vorgelegten Bescheinigungen nachgekommen.

Autor:

Siegfried Schönfeld aus Marl

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