Schulentwicklungsplan für die Berufskollegs im Kreis Recklinghausen

Der Kreistag hat in seiner Sitzung  den Schulentwicklungsplan für den Kreis Recklinghausen für die Jahre 2022 bis 2027 verabschiedet. Damit haben die Kreisverwaltung als Schulträger und die acht Berufskollegs Planungssicherheit für die nächsten Jahre. Der Schulentwicklungsplan legt die Schwerpunkte der fachlichen und pädagogischen Ausrichtung der Berufskollegs dar.

Es ist absehbar, dass die Berufskollegs auch in den nächsten Jahren stark nachgefragt werden, sie haben große Bedeutung als schulische und berufliche Bildungsträger. Das sind gute Gründe, die acht Berufskollegs des Kreises mit ihren unterschiedlichen Standorten zu erhalten und die bereits geplanten Sanierungsarbeiten auch umzusetzen. Zusätzliche Raumanforderungen, die sich zum Beispiel durch den Ausbau vollzeitschulischer Bildungsgänge sowie durch die schulische und berufliche Integration zugewanderter Jugendlicher ergeben, werden bei den jährlichen Instandhaltungsmaßnahmen berücksichtigt.

Berufskollegs auch zukünftig als zentrale Bildungsräume stärken

Im Schuljahr 2021/22 besuchen 17.565 Jugendliche und junge Erwachsene eines der acht Berufskollegs des Kreises Recklinghausen.

Rund 1.100 Lehrkräfte gewährleisten den theorie- und praxisbezogenen Unterricht. Zu jedem Schulkollegium gehören Schulsozialarbeiter*innen und Fachberater*innen sowie die Fachkräfte der Schulverwaltung und des Gebäudemanagements. Für die Kreisverwaltung ist mit der Schulträgerschaft die Verantwortung als Arbeitgeber für das nicht-pädagogische Fachpersonal mit über 150 Mitarbeiter*innen sowie als Ausbildungsträger für Verwaltungsfachangestellte und Fachinformatiker*innen verbunden.

Die acht Berufskollegs des Kreises Recklinghausen verfügen an ihren neun Standorten über insgesamt 580 Unterrichtsräume, die sich auf 342 Klassenräume für den allgemeinen Unterricht, 51 PC-Räume (Standardausstattung für IT-gestützten Unterricht) und 187 Fachräume wie Werkstätten, Labore und IT-Fachräume aufgliedern lassen. Auch Selbstlernzentren, Aufenthaltsräume und Cafeterien stehen den rund 17.565 Schülerinnen und Schülern zur Verfügung.

Schülerzahlprognose

ein Zusammenspiel von demographischen und gesellschaftlichen Prozessen sowie einer zukunftsorientierten Schulentwicklung

Dr. Sabine Wadenpohl hat den Schulentwicklungsplan erstellt und eng mit allen Akteuren abgestimmt. Ihr ist es ein wichtiges Anliegen, dass Schulentwicklungsplanung mehr beinhaltet als die Zusammenstellung und Prognose von Schülerzahlen. Denn regionale soziale und wirtschaftliche Entwicklungen müssen ebenso berücksichtigt werden, wie die Veränderungen von Berufsbildern und Lerninhalten.

Zudem verlieren demographische Prozesse an Stabilität und Vorhersehbarkeit - das frühere Credo "Wir werden weniger" ist für die Gruppe der Kinder und Jugendlichen überholt.

"Deshalb ist es unabdingbar, für die Schulentwicklungsplanung auch eine Perspektive einzunehmen, die über das Jahr 2027 hinausgeht. Wohl wird in den kommenden Jahren die Zahl der Jugendlichen und jungen Erwachsenen zurückgehen. Aber bereits ab 2027 werden die Zahlen wieder kontinuierlich ansteigen und derzeit ist davon auszugehen, dass 2035 bis 2037 wieder genauso viele Jugendliche und junge Erwachsene in der Emscher-Lippe-Region leben wie derzeit auch", sagt Dr. Sabine Wadenpohl.

Sie weist darauf hin, dass die Schulen zusätzlich gefordert sind, sehr kurzfristig geflüchtete Jugendliche und junge Erwachsene aus Krisen- und Kriegsregionen aufzunehmen. Es sei wichtig, dass die Berufskollegs hierfür Ressourcen haben, und dass Schulentwicklungsplanung diese Prozesse im Blick hat – auch wenn sich die politischen Entwicklungen nicht vorhersagen lassen.

Berufsausbildung als Kernaufgabe

Die Berufsausbildung ist die Kernaufgabe der Berufskollegs, wobei der Schwerpunkt weiterhin bei der Berufsausbildung im dualen System liegt. Die Berufskollegs halten Fachklassen für 90 Berufe vor, die von 8.755 Jugendlichen besucht werden; damit steht die Hälfte der Schüler*innen in einem dualen Ausbildungsverhältnis. Die konjunkturellen Entwicklungen haben dazu geführt, dass die Ausbildungszahlen im Lebensmittelhandwerk, im Hotel- und Gastronomiebereich sowie im Bereich Wirtschaft und Verwaltung zurückgegangen sind. Die Corona-Pandemie hat diese Tendenz, die sich bereits vor 2020 abgezeichnet hat, nochmals verstärkt. Der IT-Bereich, das Gesundheitshandwerk / die Gesundheitstechnik sowie die Gebäude-, Heizungs-, Sanitär und Klimatechnik gehören hingegen zu den prosperierenden Wirtschaftssegmenten, die entsprechend stark in die Ausbildung investieren.

Neben der Berufsausbildung im dualen System gibt es eine Vielzahl von Berufen mit staatlich anerkannten Berufsabschlüssen nach Landesrecht. Für diese Berufe wird die berufspraktische Ausbildung in unterschiedlichen Praktika absolviert. Die Berufskollegs halten Fachklassen für mehr als 30 Berufe vor. Diese Ausbildungen sind in den Bereichen Naturwissenschaft, IT und Technik (z.B. Biologisch-technische Assistenten, Staatl. gepr. Chemietechniker*in) ebenso angesiedelt wie im Bereich Wirtschaft und Verwaltung (Kaufmännische Assistenten, Staatlich gepr. Betriebswirte). Fachkräfte für den Gesundheits- und Sozialbereich (z.B. Kinderpflege, Erzieher*in, oder Heilerziehungspflege) sind seit jeher in diesem vollzeitschulischen Modell der Berufsausbildung angesiedelt. Seit 2019 haben alle vier Berufskollegs mit den Bildungsangeboten Soziales und Gesundheit die praxisintegrierte Ausbildung für Erzieher*innen (PiA-Modell) eingeführt.

Berufskollegs tragen zur Aus-/Bildungsgerechtigkeit bei

Die aufeinander aufbauenden Bildungsgänge der Berufskollegs bieten eine ausgesprochene Durchlässigkeit hin zu höheren allgemeinbildenden Abschlüssen und zu qualifizierten Berufsabschlüssen. Diese Bildungsgänge ermöglichen den Jugendlichen den Übergang in eine Arbeitswelt mit zunehmend höher qualifizierten Berufsprofilen. Ein Drittel der Jugendlichen, die eine duale Ausbildung beginnen, hat vorab eine Fachklasse des Berufskollegs besucht, um die notwendigen schulischen und persönlichen Voraussetzungen für die Ausbildung zu erwerben.

Die höhere Berufsfachschule/Fachoberschule sowie die beruflichen Gymnasien bieten ein attraktives Angebot zum Erwerb der Allgemeinen Hochschulreife, da sie es ermöglichen, einen beruflichen Schwerpunkt zu akzentuieren. Rund 1.350 Jugendliche haben im Sommer 2021 die Fachhochschul- oder die allgemeine Hochschulreife erworben. Für Realschulabsolventen und für Schüler*innen mit ausländischer Staatsangehörigkeit sind die beruflichen Gymnasien die bevorzugte Schulform, um das Abitur zu erwerben.

Die

Arbeitswelt

und damit auch die Berufsbilder wandeln sich in immer kürzeren Zeiträumen. Deshalb nimmt die Unterstützung und Beratung der Jugendlichen für ihre Bildungs- und Berufsplanung einen wichtigen Stellenwert ein. Deshalb arbeiten die Lehrer*innen und Schulsozialarbeiter*innen der Berufskollegs eng mit einer Vielzahl von Kooperationspartnern zusammen. So sind zum Beispiel individuelle Beratungen der Bundesagentur für Arbeit sowie die Teilhabe an den Programmen "Talentscouting" oder "AusbildungsPaten", feste Bestandteile des Schulalltags.

Digitalisierung und Nachhaltigkeit als zukunftsweisende Ausrichtung

Der Kreis übernimmt als Schulträger den Bau, die Erweiterung und die Instandhaltung von Schulgebäuden sowie den Ausbau und die Ausstattung der digitalen Infrastruktur. Zur Aufgabenerfüllung werden verschiedene Fördermittel in Anspruch genommen. "Gute Schule 2020", "Regionales Wirtschaftsförderungsprogramm" oder "DigitalPakt Schule" sind nur drei Beispiele der genutzten Förderprogramme.

Die energetischen Sanierungen der Schulgebäude wurden und werden auch in Zukunft weiter fortgesetzt. Im Rahmen des "Vestischen Klimapaktes" werden Photovoltaikanlagen auf den Dächern der Berufskollegs installiert. Regenwasserabkopplungs- und Entsiegelungsmaßnahmen werden geprüft und perspektivisch umgesetzt bzw. bei der Umsetzung künftiger Sanierungsmaßnahmen berücksichtigt.

Die in dem Projekt " gute digitalen Infrastruktur bilden die Basis für die nächsten Jahre. Die Lehr- und Lernumgebung in den Berufskollegs wird deshalb kontinuierlich auf die digitale Entwicklung in Industrie, Wirtschaft und Dienstleistung abgestimmt.

Schulgesetz

Der Kreis Recklinghausen erfüllt den gesetzlichen Auftrag (§80 Abs. 1 Schulgesetz NRW), als Schulträger eine Schulentwicklungsplanung vorzuhalten. "Dabei ist die Überzeugung leitend, dass Schulentwicklungsplanung nicht "am grünen Tisch" sondern als dialogischer Prozess mit allen verantwortlichen Akteuren erfolgen sollte", betont Dr. Richard Schröder, der den Fachbereich Gesundheit, Bildung und Erziehung leitet.

Der Schulentwicklungsplan wurde durch die eigene Fachverwaltung des Kreises erstellt. Im Sinne eines dialogischen Verfahrens sind dabei die Schulleitungen der Berufskollegs und die obere Schulaufsicht in den Planungsprozess einbezogen worden. Verstärkt wurde dies durch drei Arbeitssitzungen des mit Kreistagsbeschluss vom 17.05.2021 gebildeten "Interfraktionellen Arbeitskreises Schulentwicklungsplanung", dem zusätzlich neun Vertreterinnen und Vertreter der Politik angehörten.

Schulentwicklungsplanung wird weiterhin als kontinuierlicher Prozess fortgeschrieben: Der Fachausschuss für Bildung wird jährlich über die Entwicklungen an den Berufskollegs informiert und ist in die Diskussion und Einordnung aktueller Entwicklungen einbezogen.

Der Schulentwicklungsplan ist online abrufbar: www.kreis-re.de (Suchbegriff: Schulentwicklungsplan 2022-2027)

Autor:

Siegfried Schönfeld aus Marl

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