Mindestlohn gut - Gesetzentwurf mangelhaft
Zum Kabinettsbeschluss über den Gesetzentwurf zur Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns, meint WIR für Marl.
Der Mindestlohn kommt, das ist die gute Nachricht. Die schlechte Nachricht lautet: Er kommt nicht für alle, sondern als Zwei-Klassen-System. Denn der Gesetzentwurf von Ministerin Nahles weist deutliche Mängel auf. Dadurch drohen erhebliche Lücken, die den flächendeckenden Schutz der Beschäftigten vor Lohndumping gefährden.
Die Ausnahme für Langzeitarbeitslose vom Mindestlohn steht dafür beispielhaft. Sie sind das Bauernopfer im Mindestlohnstreit zwischen SPD und Union. Langzeitarbeitslose können schon jetzt mit Lohnkostenzuschüssen gefördert werden, wenn ihre Leistungsfähigkeit eingeschränkt ist. Statt dieses bewährte Modell weiterzuentwickeln, werden nun über eine Million Betroffene pauschal stigmatisiert. Weitere Ausnahmen für Saisonarbeitskräfte oder Zeitungszusteller sind im Gespräch und auch die Diskussion um die Herausnahme junger Menschen bis 25 Jahre ist noch nicht beendet.
Benachteiligt werden auch mindestens eine Million Menschen, die aktuell für Tariflöhne unterhalb von 8,50 Euro arbeiten. Für sie gilt der Mindestlohn erst ab 2017, sie können zwei weitere Jahre zu Niedrigstlöhnen unterhalb der Mindestlohngrenze beschäftigt werden. Nicht nachvollziehbar ist, dass der Mindestlohn bis mindestens 2018 eingefroren wird. Damit wird ein weiteres Ziel des Mindestlohns - ein alleinstehender Vollzeitbeschäftigter soll ohne zusätzliche Transferleistungen seinen Lebensunterhalt bestreiten können - unterlaufen.
Die politische Festlegung der Mindestlohnhöhe bis 2018 widerspricht der proklamierten Absicht der Koalition, den Mindestlohn aus dem Einflussbereich der Politik herauszuholen. Sie untergräbt gleichzeitig die Stellung der Mindestlohn-Kommission, die nur eine schwache Kopie des britischen Vorbilds ist. Das belegt auch die Verbannung der Wissenschaft an den Katzentisch der Kommission.
Autor:Siegfried Schönfeld aus Marl |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.