Leistungsstarke Autos bremsen Erfolge beim Umweltschutz
In der Diskussion um manipulierte Abgaswerte in der Autoindustrie lohnt sich auch ein Blick auf die ökologische Bilanz der Pkw-Nutzung der privaten Haushalte. Bei diesen Pkw sind seit 2010 weder der Kraftstoffverbrauch noch die CO2-Emissionen gesunken. Ein Grund dafür ist, dass die Anzahl leistungsstarker, dieselbetriebener Fahrzeuge deutlich zugenommen hat.
Der Bestand an Diesel-Pkw ist zwischen 2005 und 2013 um gut 48 % auf 10,5 Millionen Fahrzeuge gestiegen. Der Zuwachs erfolgte überwiegend bei Pkw mit einer Motorleistung von mehr als 100 kW. Diese machten 2013 fast die Hälfte (48 %) aller Dieselfahrzeuge aus. 2005 hatte der Anteil erst bei knapp 19 % gelegen.
Einsparpotenzial beim Kraftstoffverbrauch ausgeschöpft?
2013 haben die privaten Haushalte 36,6 Milliarden Liter an Kraftstoffen verbraucht (Diesel und Benzin, ohne Autogas); das waren 83 % des Kraftstoffverbrauchs aller in Deutschland zugelassenen Pkw. Gegenüber 2005 sank der Kraftstoffverbrauch insgesamt leicht um 3,2 %. Die Einsparungen wurden allesamt in den Jahren vor 2010 erreicht. Seither konnten jedoch keine weiteren Verbrauchsminderungen erzielt werden.
Während der Gesamtverbrauch an Benzin im Betrachtungszeitraum um knapp 20 % zurückging, nahm er beim Diesel kräftig zu (+ 57 %). In der Klasse der leistungsstärksten Fahrzeuge mit mehr als 100 kW (Kilowatt) hat sich der Dieselverbrauch sogar mehr als verdreifacht. Auch bei den leistungsstarken Benzinern hat sich der Kraftstoffverbrauch erhöht – allerdings nur um 8 %.
Obwohl die Autohersteller immer kleinere und leichtere Motoren entwickeln und stetige Fortschritte bei der Verbrauchsoptimierung erzielen, stellt sich die Frage, warum der Kraftstoffverbrauch der privaten Haushalte seit 2005 nicht deutlicher gesunken ist und in jüngster Zeit sogar stagnierte.
Für die steigende Motorleistung der Fahrzeuge quer durch alle Segmente gibt es vielerlei Gründe: So haben die Kunden immer höhere Anforderungen an die Sicherheits- und Komfortausstattung oder das Platzangebot der Fahrzeuge. Allradantrieb, die Wahl von Automatik- oder Doppelkupplungsgetriebe sowie der Trend zu großen Felgen und breiten Reifen tragen dazu bei, dass die Fahrzeuge insgesamt an Größe, Höhe, Gewicht und Luftwiderstand zunehmen und deshalb eine stärkere Motorisierung benötigen, um die entsprechende Leistung zu bringen. In Folge dieser Entwicklung lag der Anteil der Fahrzeuge mit über 100 kW Leistung an allen Fahrzeugen der privaten Haushalte im Jahr 2013 bei gut 27 %, 2005 waren es erst knapp 15 % gewesen.
Auch der demografische Wandel macht sich hier bemerkbar. Die älter werdende Autokäuferschaft möchte vor allem bequeme Autos fahren. Dazu gehört auch eine höhere Sitzposition, die einen besseren Überblick über das Straßengeschehen bietet. All diese Vorteile scheinen in den Augen der Autokäufer vor allem die so genannten SUV-Fahrzeuge (Sport Utility Vehicle) zu bieten. Deren Anteil an den Neuzulassungen ist seit einigen Jahren sprunghaft angestiegen: Hatten diese Fahrzeuge 2005 noch einen Marktanteil von knapp 6 % (knapp 200 000 der Neuzulassungen), so waren es 2014 bereits mehr als 17 % (fast 530 000 Fahrzeuge).
Autor:Siegfried Schönfeld aus Marl |
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