Landschaftsschutzgebiet in Marl Drewer soll versiegelt werden

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Bürgerinnen und Bürger in Drewer- Süd haben  sich zu einer Bürgerinitiative verbunden um gegen eine Baumaßnahme zu kämpfen die Flächenverbrauch und Versiegelung in ihrem Lebensumfeld zur Folge hätte. Erneut versuchen Politiker durch  Nutzungsänderung von Landschaftsschutz die Interessen von Investoren durchzusetzen. Ein Bürger hat in einem Leserbrief die Begründung der Stadt  widerlegt.

Leserbrief zum Bauvorhaben der Stadt Marl in Drewer-Süd 

In der vergangenen Woche musste ich zur Kenntnis nehmen, dass die Stadt Marl schon recht weit fortgeschrittene Planungen betreibt, einen Lebensmitteleinzelhandelsbetrieb, sowie ergänzende Wohneinheiten in einem im Regionalplan als Landschaftsschutzgebiet ausgewiesenen Bereich an der Langehegge anzusiedeln.

Klimanotstand in Marl Symbolpolitik?

In diesem Zusammenhang möchte ich die Uhr gerne um gerade einmal 19 Monate zurückdrehen. Im Juli 2019 hat die Stadt Marl, als eine der ersten Kommunen überhaupt, den Klimanotstand ausgerufen. Schon damals stand die Frage im Raum, ob es sich hierbei nicht bloß um geschickte Symbolpolitik handelt, öffentlichkeitswirksam platziert in der medialen Hochphase der Fridays for Future Bewegung. Die nicht gerade präzise formulierte Selbstverpflichtung des Rates, bei allen zukünftigen Entscheidungen in Rat und Verwaltung, die Auswirkungen auf das Klima und die Umwelt zu berücksichtigen, lässt dies zumindest vermuten.

Klimawandel

Ziemlich genau ein Jahr später, im Juli 2021, ereignet sich die größte Hochwasser Katastrophe der letzten 100 Jahre in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz. Die Expert:innen wurden und werden nicht müde uns zu warnen, dass sich solche Starkregen-Ereignisse aufgrund des Klimawandels zukünftig häufen und verstärken werden.

Naherholungsgebiet soll versiegelt werden

Da erscheint es paradox, dass eine Stadt im Klimanotstand weitere 7 Monate später damit beginnt, weitere Freiflächen im Stadtrandgebiet zu versiegeln, einem Gebiet, das von vielen Marler:innen als Naherholungsgebiet zum Spazieren, Flanieren und Joggen genutzt wird.
Immerhin kann man der Stadt attestieren, sich im vorliegenden Fall an die Selbstverpflichtung aus Juli 2019 gehalten zu haben. Die negativen Auswirkungen auf Umwelt und Klima werden in der Beschlussvorlage recht deutlich benannt. So ist durch die Bebauung mindestens eine Minderung der klimatischen Leistungsfähigkeit, der Archiv- und Pufferfunktion des Bodens und der Leistungsfähigkeit des Wasserhaushalts zu erwarten. Darüber hinaus würde sich das ohnehin bestehende Starkregengefährdungspotential für den Planungsbereich weiter verstärken. Insbesondere letzteres sollte mit Blick auf die Ereignisse aus Juli 2021 alle Alarmglocken schrillen lassen.

negative Auswirkungen auf Umwelt und Klima

Natürlich beinhaltet die Beschlussvorlage auch die entsprechende Aussage, dass im Rahmen des Bauvorhabens Maßnahmen getroffen werden müssen, die geeignet sind, die negativen Auswirkungen auf Umwelt und Klima zu kompensieren. So sollen Luftströme und Verdunstungszonen eine Durchlüftung des Planungsgebiets gewährleisten, ein Begrünungskonzept soll erstellt werden und es soll geprüft werden, ob die benötigten Stellplätze gegebenenfalls mit wasserdurchlässigen Baustoffen errichtet werden können. Diese Maßnahmen und der damit verbundene Aufwand wirken geradezu grotesk, wenn die offensichtlichste und kostengünstigste Lösung doch unmittelbar auf der Hand liegt:
Lasst es sein und hört auf weiter Fläche zu versiegeln, insbesondere in Gebieten, die ohnehin Starkregen gefährdet und im Regionalplan als Landschaftsschutzgebiet ausgewiesen sind.

defizitäre Nahversorgungssituation?

Solche Maßnahmen würden ausschließlich Sinn machen, wenn die geplante Bebauung unbedingt notwendig wäre. Laut der Beschlussvorlage ergibt sich die Notwendigkeit im Stadtteil Drewer-Süd aus einer defizitären Nahversorgungssituation und einem steigenden Bedarf an Wohnraum.
Grundsätzlich stellt sich mir die Frage, ob die Stadt Marl den Plan verfolgt, auf jeden Einwohner 100qm Supermarktfläche kommen zu lassen. Ich persönlich kenne keine andere Stadt in vergleichbarer Größe, die ein ähnlich breit gefächertes Angebot an Supermärkten besitzt. In einem Umkreis von 3 Kilometern habe ich in jeder Himmelsrichtung einen Markt der jeweiligen großen Supermarktketten in nahezu gleicher Entfernung. Eine defizitäre Nahversorgungssituation fühlt sich für mich anders an.

mehrere Tausend Quadratmeter Fläche sollen versiegelt werden

Wer gut zu Fuß ist, kann den REWE-Markt an der Breddenkampstraße und den Kaufland in Hüls gut zu Fuß oder mit dem Rad erreichen. Wer nicht gut zu Fuß ist, hat die Möglichkeit mit dem Auto oder ÖPNV einen der unzähligen Supermärkte in der unmittelbaren Nähe zu erreichen.
Ich gehe an dieser Stelle einfach mal davon aus, dass die Stadt uns nicht weismachen möchte, dass für einen offensichtlich unerheblich kleinen Personenkreis, mehrere Tausend Quadratmeter Fläche versiegelt werden müssen, um einen fußläufigen Supermarkt zu realisieren und somit den PKW-Verkehr zu den angesprochenen dutzendfach erreichbaren Supermärkten zu minimieren. Dem widerspricht meiner Meinung nach schon die Planung von PKW-Stellplätzen mit wasserdurchlässigen Baustoffen. Hier wird vielmehr der Einkauf mittels PKW von außerhalb gefördert, als eine fußläufige Alternative für die Anwohner:innen geschaffen.

REWE Markt musste schließen

Es ist noch nicht allzu lange her, dass im heutigen Getränkemarkt Kroh, bei dem viele Anwohner:innen der umliegenden Siedlungen gerne ihre Getränke kaufen und der erheblich unter der Präsenz eines neuen sogenannten „Vollsortimenters“ leiden würde, eine REWE Markt beheimatet war, der aufgrund mangelnder Nachfrage jedoch schließen musste. Daraus folgen für mich vier Dinge:
1. Die Ansiedlung eines neuen Lebensmitteleinzelhändlers gefährdet massiv die Existenz eines liebgewonnen, familiengeführten und nachbarschaftlichen Kleinunternehmens.
2. Die defizitäre Nahversorgung und die angenommene Nachfrage ist mindestens fragwürdig
3. Der Umstand, dass die Fläche bei nicht ausreichender Frequentierung des neuen Lebensmitteleinzelhändlers (siehe Punkt 2) brachliegt und somit umsonst für immer versiegelt wurde, ist zu befürchten.
4. Einnahmen aus der Gewerbesteuer stehen über dem Erhalt eines Naherholungsgebiets, das von vielen Marler:innen stadtteilübergreifend genutzt wird.

attraktives Stadtbild

Darüber hinaus stelle ich mir die Frage, woraus sich der steigende Bedarf an Wohnraum ableiten lässt, in einer Kommune, deren Einwohnerzahl seit Jahrzehnten allenfalls konstant bis eher sinkend ist.
Übrigens, eine Bindung der Einwohner an ihre Stadt, steigende Einwohnerzahlen und somit mehr Geld in der Stadtkasse, denn darum geht es hier ja offensichtlich, erzielt man durch ein durchdachtes und schlüssiges Stadtkonzept und attraktives Stadtbild. Ich werfe hier mal die Stichworte Innenstadtkonzept, Marler Stern, Einkaufsstraße Hüls, Berg- und Viktoriasstraße in den Raum, nicht durch den 237. Discounter auf dem freien Feld.

Autor:

Siegfried Schönfeld aus Marl

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