Kriminalitätsbericht 2017 für den Kreis Recklinghausen
Am Mittwoch (07. März 2018) stellten Polizeipräsidentin Friederike Zurhausen und der Leiter der Direktion Kriminalität, Holger Haufmann, den Kriminalitätsbericht 2017 vor.
"Die Gesamtzahl der erfassten Straftaten ist im Jahr 2017 erneut gesunken und liegt damit auf dem niedrigsten Wert der letzten 16 Jahren. Insgesamt wurden rund 52.000 Straftaten erfasst; das sind 1.800 weniger als im Jahr zuvor. Die Wahrscheinlichkeit, Opfer einer Straftat im Präsidialbereich zu werden, ist somit weiterhin gesunken. Gleichzeitig konnte die Aufklärungsquote gegenüber dem Vorjahr nochmals gesteigert werden. Sie liegt jetzt bei gut 52 Prozent", verdeutlichte Polizeipräsidentin Friederike Zurhausen. "Darüber hinaus sind auch die Wohnungseinbruchszahlen gesunken. Hier haben wir 690 Delikte weniger aufnehmen müssen, wobei wir die Aufklärungsquote weiter haben steigern können. Sie liegt jetzt bei 17,5 Prozent und damit über dem Landesschnitt", so die Polizeipräsidentin weiter.
Friederike Zurhausen: "Die Hinweise von Bürgerinnen und Bürgern sind für die erfolgreiche Arbeit der Polizei sehr wichtig. Im letzten Jahr gingen bei der Polizei mehr als 15.000 solcher Hinweise ein. Auch dank dieser konnten 42 Einbrecher auf frischer Tat festgenommen werden. Darum bitte ich Jeden: Scheuen Sie sich nicht, die 110 zu wählen, um uns Ihre Beobachtungen zu verdächtigen Personen und Fahrzeugen mitzuteilen!"
Im Jahr 2017 konnten 19.628 Tatverdächtige ermittelt werden. Von diesen Tatverdächtigen hatten 5.539 Personen keinen deutschen Pass. Dies entspricht einem Anteil von 28,22 Prozent. Der Anteil der Zuwanderer an den nichtdeutschen Tatverdächtigen betrug 1.466 Personen, was einem Anteil von 7,47 Prozent entspricht.
Deliktsfelder im Einzelnen:
Drei Tötungsdelikte weniger als in 2016 erfasst - Alle Taten wurden geklärt
Im Jahr 2017 wurde der Tod von zwei Menschen durch Gewalttaten erfasst, im Vorjahr waren es drei. Insgesamt wurden 13 Tötungsdelikte statistisch erfasst, wobei es in elf Fällen glücklicherweise beim Versuch blieb. Im Jahr 2016 waren es 16 Delikte, davon 13 Versuchstaten. 2017 konnten alle erfassten Taten geklärt werden. Unter den erfassten Tötungsdelikten im Kalenderjahr 2017 sind vier Mordtaten, acht Delikte des Totschlags, sowie ein Fall des Schwangerschaftsabbruchs. Bei den Tötungsdelikten handelt es sich in den allermeisten Fällen um Beziehungstaten, so dass die Anzahl polizeilich kaum zu beeinflussen ist und sich Fallzahlenschwankungen dadurch erklären. Opfer der Tötungsdelikte waren sechs erwachsene Männer, drei erwachsene Frauen, ein männlicher Heranwachsender, zwei weibliche Heranwachsende sowie ein Kind (männlich). Für den Fall des Schwangerschaftsabbruchs werden statistisch keine Opfer aufgeführt.
Rückgang der Wohnungseinbrüche, Aufklärungsquote weiter gestiegen - über Landesschnitt - Fast jede zweite Tat ein Versuch
Die Fallzahlen beim Wohnungseinbruchdiebstahl sind im Jahr 2017 deutlich rückläufig. 690 Delikte weniger als 2016 bedeuten 2.042 Delikte insgesamt. Das ist der drittniedrigste Wert der letzten zehn Jahre. Im Jahr 2017 gingen bei der Polizei mehr als 15.000 Anrufe zu verdächtigen Beobachtungen ein. Diese wichtigen Hinweise, die zwar nicht alle den Wohnungseinbruch betrafen, trugen wesentlich dazu bei, dass in 42 Fällen Einbrecher auf frischer Tat festgenommen werden konnten. Auch 2017 ließen sich zahlreiche Menschen von den Fachleuten der Polizei über Sicherungsmöglichkeiten informieren. Es wurden 2017 2.525 Interessierte beim Kriminalkommissariat für Prävention beraten. Dazu merkt Holger Haufmann, Leiter der Direktion Kriminalität, an: "Wir werden auch weiterhin täglich die Einbruchskriminalität in Bezug auf mögliche Brennpunkte auswerten, um dann gezielt und unmittelbar mit einem direktionsübergreifenden Maßnahmenpaket zu reagieren."
Die Anzahl der Versuchstaten beziehungsweise Taten, bei denen die Täter nicht erfolgreich waren, erreichten den zweithöchsten Wert der letzten zehn Jahre. Deren Anteil betrug 2017 fast 46%. Die intensive Ermittlungsführung sowie die nochmals verstärkte Präsenz der Polizei in den betroffenen Wohngebieten dürften zur Verringerung der Fallzahlen beigetragen haben. Der Wohnungseinbruch wird sehr stark durch überörtlich agierende Einbrecherbanden bestimmt, deren Taten schwierig aufzuklären sind. Die Aufklärungsleistung des Polizeipräsidiums Recklinghausen in diesem Bereich stellt mit ca. 17,53% jedoch den vierthöchsten Wert der letzten zehn Jahre dar und liegt erneut über dem Landesschnitt.
Einbruchskriminalität, Aufklärungsquote gesunken
Der sehr weit gefächerte Phänomenbereich der Einbruchskriminalität gliedert sich im weitesten Sinn in Wohnungseinbrüche und Geschäftseinbrüche. Der Summen¬schlüssel umfasst aber auch den schweren Diebstahl aus Boden- und Kellerräumen. 3.882 Delikte der Einbruchskriminalität sind im Jahr 2017 erfasst worden. Das sind 710 Fälle weniger als im Jahr 2016 mit 4.592 Taten. Den größten Anteil haben dabei die rückläufigen Fallzahlen im Bereich des Wohnungseinbruchs. Die Aufklärungsquote dieses sehr schwer aufklärbaren Deliktsbereiches liegt mit 15,51% über dem Schnitt des Landes NRW.
mehr Sexualdelikte erfasst - Aufklärungsquote gestiegen, ¾ der Sexualdelikte geklärt
Mit dem Gesetz zur Verbesserung des Schutzes der sexuellen Selbstbestimmung, das am 10.11.2016 in Kraft trat, wurden zwei neue Straftatbestände im Bereich der Sexualstraftaten eingeführt. Der Tatbestand der sexuellen Belästigung war vor der Einführung des §184i StGB im Bereich der Beleidigungen auf sexueller Grundlage enthalten, die in der Systematik der PKS bis 2016 nicht den Delikten gegen die sexuelle Selbstbestimmung unterfielen. Um einen tatsächlichen Vergleich mit den Delikten gegen die sexuelle Selbstbestimmung aus dem Jahr 2016 mit denen des Jahrs 2017 herstellen zu können, muss man die Fälle der sexuellen Belästigung abziehen. Straftaten aus Gruppen gemäß §184j StGB wurden im Zuständigkeitsbereich des Polizeipräsidiums Recklinghausen nicht registriert. Durch die Gesetzesänderung stieg die Zahl der erfassten Sexualdelikte von 533 Taten aus dem Jahr 2016 auf 566 Taten im Jahr 2017 an. Die Aufklärungsquote des Vorjahres konnte mit dem Wert von 75,97% leicht gesteigert werden. Bei den Vergewaltigungen und sexuellen Nötigungen im Jahr 2017 ist ein Rückgang von 93 Taten im Jahr 2016 auf nun 90 Taten zu verzeichnen. Diese Delikte wurden zu 82,22% aufgeklärt. Mehr als die Hälfte der Sexualstraftaten sind Beziehungsdelikte, das heißt Täter und Opfer waren sich bekannt.
Raubkriminalität
Aufklärungsquote gestiegen, mehr als jeder zweite Raub geklärt In 464 Fällen wurden Raubdelikte erfasst, wovon mehr als 54% aufgeklärt werden konnten. 243 davon waren Delikte des Straßenraubes, das entspricht einem Anteil von ca. 45% an den Raubtaten. Die Aufklärungsquote konnte beim Straßenraub auf fast 42% gesteigert werden. Zu Raubüberfällen auf Geschäfte kam es in 48 Fällen. Das sind in diesem Fall acht Taten weniger als im Vorjahr. Die Raubtaten wurden zu 60,42% aufgeklärt. Dies entspricht einem Anstieg um 1,5 Prozentpunkte. Zum Raub von Handtaschen kam es 2017 in elf Fällen. Dies ist der zweitniedrigste der letzten zehn Jahre.
Rückgang bei Diebstahlsdelikten, Aufklärungsquote gesunken
Insgesamt wurden 2017 beim Polizeipräsidium Recklinghausen 20.748 Diebstahlsdelikte angezeigt. Das entspricht einem Anteil von 40% an der Gesamtkriminalität. Die Fallzahlen beim Diebstahl erfuhren im zurückliegenden Jahr einen Rückgang um mehr als 3.000 Fälle. 10.181 Taten waren dabei Diebstähle unter erschwerenden Umständen, also beispielsweise Einbruchs- oder Bandenkriminalität. Hier sind 1.526 Delikte weniger erfasst als noch im Jahr 2016. Die Aufklärungsquote beim Diebstahl im erschwerten Fall und auch beim einfachen Diebstahl liegt gegenüber dem Jahr 2016 fast auf Vorjahresniveau. In 256 Fällen wurden Kraftwagen (+15), in 325 Fällen Krafträder (+70) entwendet. Beim Ladendiebstahl sind 2017 insgesamt 530 Taten weniger erfasst worden. Insgesamt sind hier 3.120 Fälle registriert. 2.850 Taten oder mehr als 91% sind hier geklärt.
Betrugsdelikte erstmalig wieder gestiegen - Aufklärungsquote gesunken
Delikte des Betruges wurden in 6.853 Fällen (+336) erfasst. Den größten Anteil hat hier der Waren- und Warenkreditbetrug mit 2.954 (+179) Taten. Eine Form des Warenbetruges ist der Tankbetrug. Hier kam es 2017 erstmals wieder zu einem Anstieg gegenüber dem Vorjahr (+130 Fälle). 884 Taten sind hier registriert. Eine deutliche Steigerung um 639 Fälle ist bei den Betrugstaten zum Nachteil älterer Menschen festzustellen. Diese resultiert insbesondere aus der Betrugsmasche der Anrufe falscher Polizeibeamter. Bei insgesamt 852 erfassten Betrugsdelikten zum Nachteil älterer Menschen liegt der Versuchsanteil bei 96,71%. Aufgrund der Aufmerksamkeit der Angerufenen scheitern die allermeisten dieser Delikte und bleiben im Versuchsstadium stecken. Die Täter rufen zumeist aus dem Ausland an. Da es wegen der aufmerksamen Opfer nicht zu Geldübergaben und damit zum Täterhandeln im Inland kommt, sind diese Delikte kaum aufzuklären. Die erhöhte Fallzahl in diesem Jahr hat deshalb erheblichen Einfluss auf die (gesunkene) Aufklärungsquote bei den Betrugsdelikten insgesamt.
Gewalt gegen Polizeibeamte
2017 kam es in 269 Fällen zu Widerständen gegen einschreitende Polizistinnen und Polizisten. 2016 waren es noch 253 Fälle. Die Gefahr für Polizistinnen und Polizisten, Opfer von Widerstands-handlungen zu werden, hat sich somit zum Vorjahr weiter um 16 Taten erhöht. Da es sich um Konfrontationsdelikte handelt, bei denen der Täter in der Regel bekannt ist oder durch polizeiliche Maßnahmen identifiziert werden kann, sind diese Taten im Jahr 2017 fast alle aufgeklärt. Am 30.05.2017 trat eine Änderung des Strafgesetzbuchs durch eine Erweiterung von Tatbeständen und nicht zuletzt einer Erhöhung des Strafmaßes in Kraft. Polizei und Rettungskräfte sollen so besser vor Angriffen geschützt und Täter härter bestraft werden.
Zunahme der Gewaltkriminalität
Unter einem weiteren Summenschlüssel werden die Gewaltdelikte, wie zum Beispiel Mord, Totschlag und Vergewaltigung zusammengefasst. Hier werden allerdings ausschließlich Delikte mit grober Gewalt-anwendung oder mit erheblichen Folgen für die Opfer erfasst. Die Fallzahlen der Gewaltkriminalität sind im Vergleich zum Vorjahr leicht ansteigend, dennoch liegen die 1.980 Fälle deutlich unterhalb des 10-Jahres Durchschnittes. Im Jahr 2006 wurden noch über 800 Gewaltdelikte mehr erfasst als 2017. Den größten Anteil an diesem Deliktsschlüssel haben die Delikte der gefährlichen Körperverletzung (1.407 Delikte). Mehr als 85% der Gewaltkriminalität konnte 2017 aufgeklärt werden, was zugleich die höchste Aufklärungsquote der letzten zehn Jahre bedeutet.
Straßenkriminalität, Aufklärungsquote gestiegen
Hierunter sind die Delikte zusammengefasst, die typischerweise im öffentlichen Raum begangen werden, wie Straßenraub, Sachbeschädigungen, Taschendiebstahl, Körperverletzungen, teilweise auch Sexualdelikte. 13.090 Delikte sind hier im Jahr 2017 erfasst worden. Im Jahre 2016 waren dies noch 13.844 Taten; ein Rückgang also um 754 Taten. Im Zeitraum von zehn Jahren kann bei der Straßenkriminalität eine Senkung von über 6.800 Fällen (-34%) verzeichnet werden. Hier greift die Strategie des Polizeipräsidiums Recklinghausen mit Präsenz gezielt vorzubeugen. Die Aufklärungsquote ist um 2,16 Prozentpunkte auf 17,27% gestiegen und somit die dritthöchste der letzten zehn Jahre.
Ausblick für 2018: "Im Jahr 2018 werden wir weiter daran arbeiten, Kriminalität und dabei insbesondere den Wohnungseinbruch mit offenen, aber auch mit verdeckten Maßnahmen zu bekämpfen. Dabei folgen wir weiter unserem täterorientierten Ansatz und werden immer dann, wenn möglich, Ermittlungskommissionen einsetzen. Deren Tätigkeit erstreckt sich regelmäßig über mehrere Wochen, wodurch wir unsere Ermittlungsergebnisse und -methoden nicht immer direkt transparent machen können. Ein Beispiel sind hier unsere gezielten Ermittlungen zu Wohnungseinbrüchen in Oer-Erkenschwick. Nach Wochen intensiver Arbeit konnten am 27. Februar 2018 vier Tatverdächtige festgenommen werden. Diese dürften für eine Vielzahl Einbrüche verantwortlich sein", erklärt Holger Haufmann.
Friederike Zurhausen fügt hinzu: "Die deutliche Senkung der Wohnungseinbrüche basiert unter anderem auch auf unseren verstärkten Maßnahmen. Wir werden an unseren bewährten Konzepten, wie zum Beispiel den Aktionstagen gegen Wohnungseinbrüche, festhalten. Auch weiterhin werden wir schnell und unmittelbar auf Brennpunkte reagieren, um dem Sicherheitsbedürfnis der Bürgerinnen und Bürgern gerecht zu werden."
Autor:Siegfried Schönfeld aus Marl |
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