Kreuzweg für die Schöpfung macht Station am Kohlekraftwerk Datteln 4

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Auf ihrem „Kreuzweg für die Schöpfung“ von Gorleben nach Garzweiler ist am Sonntagnachmittag die Gruppe von Klima-Aktivist*innen in Datteln eingetroffen. Der harte Kern der Pilgergruppe, der über 470 Kilometer in 26 Etappen das gelbe Kreuz von Gorleben nach Lützerath trägt, wurde auf dem Weg von Lünen nach hier von zahlreichen Unterstützer*innen begleitet. Und an Tor 1 des Dattelner Kraftwerks hatten sich bereits etwa 100 Menschen versammelt, die die singenden Wander*innen bejubelten und mit Beifall empfingen. Die sich anschließende Kundgebung verlief friedlich und ohne Zwischenfälle. Musikalische Beiträge aus der Klima- und Friedensbewegung und ein kleines Schauspiel umrahmten die Reden des Nachmittags und unterhielten die Anwesenden prächtig. Auch die Bürgerinitiative Marl Hüls nahm an der Aktion teil.

Kreuzweg für die Schöpfung 

Von Gorleben nach Garzweiler (4. Juli – 1. August 2021)
In diesem Sommer führt ein „Kreuzweg für die Schöpfung“ von Gorleben in Niedersachsen zum Dorf Lützerath am Braunkohletagebau Garzweiler in Nordrhein-Westfalen.

Am Kohlekraftwerk Datteln 4

Die knapp 500 Kilometer lange Strecke wird in 26 Etappen absolviert, der Weg führt unter anderem vorbei am Atomkraftwerk Grohnde bei Hameln, dem Kohlekraftwerk Datteln 4 hier im Ruhrgebiet (am 25. Juli), der Zentrale des Energiekonzerns RWE in Essen und dem Sitz der nordrhein-westfälischen Landesregierung in Düsseldorf und er endet in Lützerath, dem Dorf an der Tagebaukante von Garzweiler II, das akut von Zerstörung bedroht ist.

Tradition der langjährigen Proteste

Der Kreuzweg stellt sich in die Tradition der langjährigen Proteste der Anti-Atom-Bewegung, Im Frühjahr 1988 machten sich Atomkraftgegner*innen in Wackersdorf, dem geplanten Standort einer atomaren Wiederaufbereitungsanlage, mit einem Kreuz auf den 1200 km langen Fußweg nach Gorleben – dem geplanten Standort eines sogenannten Endlagers. Mehr als 6000 Menschen beteiligten sich an diesem „Kreuzweg für die Schöpfung“. Sie drückten damit nicht nur den – auch christlich geprägten – Widerstand gegen die zerstörerische Atomtechnologie aus, sondern auch die Kontinuität der Kämpfe und die Solidarität der Aktivist*innen.

Das Kreuz begleiten und mittragen

Jeder Mitlaufende an diesem „Kreuzweg für die Schöpfung“ macht damit auf irreparable Fehler aufmerksam, die der Mensch von heute in maßloser Ichbezogenheit der Umwelt zufügt, das war das Ziel des 1988 erfolgten „Kreuzweges für die Schöpfung“, das bleibt das Ziel des „Kreuzweges für die Schöpfung“ im Jahre 2021. Start ist am 4. Juli am ehemaligen Endlagerbergwerk Gorleben. Die Teilnehmer*innen führen ein großes Holzkreuz mit sich. Zu der Aktion haben Klima- und Umweltinitiativen, christliche Gruppen und kirchliche Institutionen aufgerufen. Das Kreuz zu begleiten und gerne auch mit zu tragen ist natürlich die schönste Art, sich einzubringen! Ihr könnt eine Stunde, einen Tag, eine Woche oder den ganzen Weg mitgehen: Beim Laufen, in den Pausen, an den Etappenorten lassen sich Gespräche führen, Kontakte schließen, Erfahrungen teilen, Gemeinsamkeiten und Unterschiede herausfinden – kurz: die Bewegung stärken! Ihr könnt spontan an beliebiger Stelle dazu kommen, eine Anmeldung ist nicht erforderlich.

schmutzige Energiegewinnung aus Braunkohle

Der Weg vom nationalen Endlager für hochradioaktiven Atommüll in Gorleben nach Garzweiler vermittelt den Brückenschlag zwischen dem Symbol der atomaren Gefährdung und dem Zentrum der schmutzigen Energiegewinnung aus Braunkohle: Im Rheinischen Revier verlieren noch heute Menschen ihre Heimat, werden enteignet. Häuser und Kirchen werden abgerissen, Bäume gefällt, fruchtbarstes Ackerland kommt „unter den Bagger“ – dies für eine Energie, die die Erderwärmung immer weiter anheizt und unter der heute bereits die Menschen vor allem im globalen Süden leiden. Das Rheinische Braunkohlerevier ist der größte CO2-Emmitent in Europa.

Kreuz am  Steinkohlekraftwerk Datteln 4

Am 25. Juli 2021 erreicht das Kreuz das Steinkohlekraftwerk Datteln 4, in dem die dreckige Blutkohle aus Kolumbien und Russland verfeuert wird, die unter menschenverachtenden, menschenrechtsverletzenden Bedingungen gefördert worden ist. Lasst uns zusammenkommen, die Pilger*innen gebührend zu empfangen und mit ihnen diesen lokalen Brennpunkt von Klimazerstörung nach draußen zu tragen.

Polizeikontrolle auf dem Kreuzweg

Auch Misereor-Hungertuch darf nicht mehr gezeigt werden

"Kreuzweg für die Schöpfung": Polizei verbietet Banner mit Papst-Zitat

"Diese Wirtschaft tötet": Dieses Zitat von Papst Franziskus auf einem Banner war für die Polizei Grund genug, Pilger zu kontrollieren. Der "Kreuzweg für die Schöpfung" konnte  nun zwar weitergehen, doch nur noch mit explizit religiösen Transparenten.

Kontrolle mit  Auflage

Die Polizei in Hamm hat den Teilnehmern des "Kreuzwegs für die Schöpfung" untersagt, ein Banner mit einem Zitat von Papst Franziskus und ein Hungertuch von Misereor zu zeigen. Die Teilnehmer der Klimapilger-Aktion erhielten nach einer Kontrolle die Auflage, nur noch explizit religiöse Fahnen und Transparente mitzuführen, teilten die Pilger mit. Das nun verbotene Transparent zeigt die Aussage "Diese Wirtschaft tötet", die dem Papstschreiben "Evangelii gaudium" aus dem Jahr 2013 entnommen ist. Auf dem Hungertuch des Aachener Hilfswerks Misereor ist der gebrochene Fuß eines Menschen dargestellt, der in Santiago de Chile bei Demonstrationen gegen soziale Missstände von Angehörigen der Staatsgewalt verletzt wurde.

 "mit völlig unangemessener Härte"

Weiter teilten die Klimapilger mit, dass ein am Freitag von der Polizei in Gewahrsam genommener Teilnehmer wieder freigelassen wurde. Die Polizei sei "mit völlig unangemessener Härte" gegen die Pilger vorgegangen, kritisierte das Bündnis hinter dem Kreuzweg den Polizeiensatz in Hamm. Einige Polizisten seien mit gezogenem Schlagstock auf die Teilnehmer zugegangen, andere hätten Pfeffersprayer auf sie gerichtet. Eine Rentnerin von den "Christians for Future Aachen" sei zu Boden gestoßen und am Kopf verletzt worden. Die Polizei Hamm konnte zu den Ereignissen auf epd-Anfrage am Samstag zunächst keine weiteren Angaben machen.

von Umweltinitiativen organisierte Kreuzweg

Am Wochenende wollte die Pilgergruppe aus etwa 20 Menschen ihren Weg bis Lünen fortsetzen. Der von kirchlichen und Umweltinitiativen organisierte Kreuzweg von Gorleben in Niedersachsen nach Erkelenz-Lützerath im Rheinland war am Freitag in Hamm von der Polizei vorübergehend gestoppt worden. 

Der Kreuzweg war am 4. Juli am verhinderten Atommüllendlager im niedersächsischen Gorleben gestartet und soll bis zum 1. August in mehreren Etappen nach Erkelenz-Lützerath am Braunkohletagebau Garzweiler II führen. Kontrolliert wurde die Gruppe in Hamm, weil sie Transparente mit sich führte, die nach Ansicht der Polizei politischen Charakter hatten und schließlich verboten wurden. Für diese vermeintliche politische Veranstaltung lag der Polizei aber keine Anmeldung vor.

Mit dem rund 500 Kilometer langen Kreuzweg wollen die Teilnehmer auf die Gefährdung der Schöpfung aufmerksam machen. Weitere Etappen führen unter anderem am Steinkohlekraftwerk Datteln, der Zentrale des Energiekonzerns RWE in Essen und dem Sitz der nordrhein-westfälischen Landesregierung in Düsseldorf vorbei.

„Kreuzträger“ Jonas wieder auf freiem Fuß

Organisator*innen des Kreuzwegs widersprechen Darstellung der Polizei

Der  bei einer Rast in Gewahrsam genommene Teilnehmer des Kreuzwegs für die Schöpfung wurde auf der Polizeiwache Hamm umgehend wieder freigelassen. Eine Rentnerin von den „Christians for Future Aachen“, die von Polizist*innen zu Boden gestoßen wurde und eine Kopfverletzung erlitt, wurde inzwischen im Krankenhaus behandelt, ein MRT hatte Gott sei Dank keinen auffälligen Befund.

Die Gruppe war bei einer Rast am Schloss Oberwerries von der Polizei gestoppt worden, die ihnen mit der Begründung, es handele sich um eine nicht genehmigte politische Demonstration den Weiterweg untersagte. Entgegen der Darstellung der Polizei Hamm hatte der Fahrer des Begleitfahrzeugs, Michael Friedrich, umstandslos seine Personalien angegeben. Nachdem alle Einwände, es handele sich um eine religiöse Veranstaltung, zurückgewiesen, stattdessen die „Auflösung“ des Picknicks angedroht wurde, versammelte sich die Gruppe zu einer Andacht – nicht zuletzt, um die aufgeregte Situation zu deeskalieren.

„Wir hatten gerade das ,Vater unser‘ gesprochen, als Jonas plötzlich von Polizeibeamten umstellt und bedrängt wurde. Natürlich bin ich – sind wir alle – sofort dazu getreten, wurden aber von der Polizei sehr grob weggedrängt, geschubst, gestoßen. Jonas schrie vor Schmerz und weinte.“

Der junge Mann begab sich zum unmittelbar daneben stehenden Begleitfahrzeug der Pilgergruppe, in dem sich seine Ausweispapiere befanden, nach denen die Beamten ihn gefragt hatten. Auch die Gruppe sammelte sich – Kirchenlieder singend – vor dem Fahrzeug.

Die Polizei ging mit völlig unangemessener Härte gegen sie vor. Einige Polizisten mit gezogenem Schlagstock, andere richteten Pfeffersprayer auf die Pilger. Zwei Pilger, später von der Polizei der „Gefangenenbefreiung“ bezichtigt, wurden weggetragen: der bekannte Waldpädagoge Michael Zobel (62), der in Handschellen abgeführt wurde, und eine 65jährige Frau aus Mechernich. Andere wurden abgedrängt, ein Rentnerehepaar (73 und 66 Jahre) zu Boden gestoßen. Die Frau erlitt eine Kopfverletzung, die Polizei weigerte sich jedoch, einen Rettungswagen zu rufen. Ein Polizist: „Die braucht keinen Arzt!“

Jonas, der sich inzwischen gegenüber der Polizei ausgewiesen hatte, wurde dennoch in Gewahrsam genommen und nach Hamm verbracht, ein Handy, das die Beamten im Fahrzeug fanden, ohne Protokoll beschlagnahmt. Erst die Ankunft von Pfarrer Ludger Schlotmann aus Hamm entspannte die Situation so weit, dass Michael Zobel wieder freigelassen und der Pilgerweg fortgesetzt werden konnte – allerdings unter der Auflage, keine politischen Transparente mehr zu zeigen, worunter nach Aussage der Polizisten auch das Hungertuch von Misereor und das Franziskus-Zitat „Diese Wirtschaft tötet!“ fallen.

Die Organisator*innen des Kreuzweg protestieren auf Schärfste gegen diese Einschränkung der Religionsfreiheit, gegen die unangemessene Härte der Polizei und fordern die Rückgabe des ohne jedes schriftliche Protokoll beschlagnahmten Handys:

„Wir gehen davon aus, dass es sich hier um die überzogene Reaktion eines einzelnen Beamten handelt und die unglaublichen Vorwürfe gegen unsere völlig friedliche Pilgergruppe zurückgenommen werden“, so Michael Friedrich.

Der Kreuzweg setzet  seinen Weg fort und wird in Lünen von der Kirchengemeinde St. Marien empfangen.

Unterstützer*innen

Gorlebener Gebet
Die Kirche(n) im Dorf lassen
BI Umweltschutz Lüchow-Dannenberg
Alle Dörfer bleiben (Rheinland)
www.verheizte-heimat.de
Michael Zobel, Wald- und Dorfspaziergänge
Kirchenkreis Jülich
Katholikenrat Düren
Buirer für Buir
Pax Christi Düren
Mahnwache Lützerath (MaWaLü)
Kirchenkreis Aachen
Kirchenkreis Gladbach-Neuss
Diözesanrat Aachen
Lützi lebt! (Lützerath)
Unser aller Wald (Keyenberg)
Klima-Allianz Deutschland
Institut für Theologie und Politik (Münster)
Evangelische Kirche im Rheinland
Anti Atom Plenum Weserbergland
Elektrizitätswerke Schönau (EWS)
Maria 2.0 Köln
BUNDjugend Bundesverband
Ökumenische Institut für Friedenstheolog (OekIF)
Christians for future
greenpeace energy
Teachers for future
Fridays for future Grevenbroich
Gesellschaft für bedrohte Völker, Düsseldorf
Students for future
Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) e. V.
Extinction Rebellion, NRW

Fridays for Future Lemgo
Evangelischer Kirchenkreis Essen
JunepA (Junges Netzwerk für politische Aktionen)

Kundgebung verlief friedlich

Unter dem Motto "Kreuzweg für die Schöpfung - Stopp Datteln 4" trafen sich  Teilnehmer einer Versammlung im Bereich des Kraftwerks Datteln 4. Aus Sicht der Polizei verlief die Kundgebung friedlich und ohne Zwischenfälle. Die Versammlung war für den Zeitraum zwischen 16:00 Uhr und 20:00 Uhr angemeldet.
Die Anmelderin erklärte die Versammlung gegen 18:30 Uhr für beendet.

Die Straße Im Löringhof war zwischen Kanalbrücke und Schwarzer Weg für Kraftfahrzeuge in den Nachmittagsstunden (bis 18:45 Uhr) gesperrt.

Autor:

Siegfried Schönfeld aus Marl

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