Integration und mehr bezahlbarer Wohnraum sind Kernaufgaben für 2016 – Kommunen brauchen mehr Unterstützung bei der Integration

Dr. Eva Lohse

Präsidentin des Deutschen Städtetages, Oberbürgermeisterin der Stadt Ludwigshafen am Rhein
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    Präsidentin des Deutschen Städtetages, Oberbürgermeisterin der Stadt Ludwigshafen am Rhein
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Deutscher Städtetag veröffentlicht Meinungsbild zu Flüchtlingsthemen

Die deutschen Städte sehen beim Thema Flüchtlinge als Kernaufgaben für das kommende Jahr, Bürgerkriegsflüchtlinge und politisch Verfolgte in die Gesellschaft zu integrieren, die Akzeptanz in der Bevölkerung für Flüchtlinge zu erhalten und mehr bezahlbaren Wohnraum für alle Menschen mit niedrigen Einkommen zu schaffen. Dieses aktuelle Meinungsbild ergab eine Befragung des Deutschen Städtetages von Oberbürgermeisterinnen und Oberbürgermeistern großer Mitgliedsstädte des kommunalen Spitzenverbandes.
Die Stadtspitzen weisen darauf hin, dass die Kommunen aktuell bei Aufnahme, Unterbringung und Integration der Menschen die Hauptlast schultern und dass sie damit teilweise an ihre Leistungsgrenzen kommen. Bund und Länder müssten bei den Integrationsmaßnahmen die Kommunen im kommenden Jahr deutlich stärker unterstützen. Außerdem werden Bund und Länder aufgefordert, den sozialen Wohnungsbau anzukurbeln, damit Not- und Gemeinschaftsunterkünfte Übergangslösungen bleiben und möglichst schnell genügend bezahlbarer Wohnraum für Flüchtlinge mit Bleibeperspektive wie auch für die einheimische Bevölkerung zur Verfügung steht. Gemeinsam mit Bund und Ländern sehen sich die Städte außerdem gefordert, die positive Grundstimmung in der Bevölkerung zu Flüchtlingen zu erhalten und zu fördern.

Die Präsidentin des Deutschen Städtetages, Oberbürgermeisterin Dr. Eva Lohse aus Ludwigshafen, sagte anlässlich der Veröffentlichung des Meinungsbildes: „Der Bedarf an Wohnraum und an Integrationsangeboten für die Menschen, die bei uns bleiben werden, ist immens. Bund und Länder sollten deshalb 2016 ihre Förderung für den Wohnungsbau ausbauen, die Kommunen auch bei ihren erheblichen Investitionen in die neuen Asylbewerberunterkünfte unterstützen und einen maßgeblichen finanziellen Beitrag für die große Aufgabe der Integration in den Städten leisten. Das Erlernen der deutschen Sprache ist für die Integration elementar. Deshalb brauchen wir ein breiteres und zielgruppengerechtes Angebot an Sprach- und Integrationskursen für Erwachsene und eine gezielte Förderung von Kindern und Jugendlichen in der Kindertagesbetreuung und in den Schulen. Damit Flüchtlinge mit Bleibeperspektive möglichst schnell in Arbeit kommen, müssen sie Ausbildungsabschlüsse nachholen und sich weiterbilden können. Wir stehen vor einer großen Kraftanstrengung, die Bund, Länder und Kommunen nur gemeinsam bewältigen können."

Wo immer möglich versuchen die Städte, so die Rückmeldungen, anerkannte Flüchtlinge und Asylbewerber dezentral in Wohnungen unterzubringen und durch das Leben im nachbarschaftlichen Umfeld die Integration zu befördern. Soweit dies wegen hoher Zuweisungen von Flüchtlingen und bereits angespannter Wohnungsmärkte nicht gelingt, unternehmen die Städte große Anstrengungen, um genügend winterfeste Übergangsunterkünfte zu schaffen. Teilweise nutzen Städte dafür größere leerstehende Gebäude, militärische Liegenschaften oder Gewerbeimmobilien, mieten Pensionen und Hotels oder bauen eigene Übergangsunterkünfte in Modulbauweise. Teilweise bleibt nur die Unterbringung in Turnhallen oder Zelten als Übergangslösungen.

Der Vizepräsident des Deutschen Städtetages, Oberbürgermeister Dr. Ulrich Maly aus Nürnberg, sieht die praktischen Herausforderungen für 2016 im „gesamten Integrations-Einmaleins" und hebt außerdem hervor: „Es geht darum, aus dem Krisenmodus in einen geordneten Regelbetrieb zurückzufinden. Auf der gesellschaftspolitischen Ebene liegt die besondere Herausforderung darin, die moralischen Kräfte der Zivilgesellschaft nachhaltig zu mobilisieren. Im politischen Diskurs wird es entscheidend darauf ankommen, in authentischer Weise sowohl Aufmerksamkeit für die Flüchtlinge zu zeigen als auch für die Anliegen der aufnehmenden Gesellschaft."

Nach Einschätzung der Stadtoberhäupter existiert innerhalb der Stadtgesellschaften und Stadtverwaltungen nach wie vor ein großes Engagement bei der Aufnahme, Versorgung und beginnenden Integration der Menschen. „Wir finden große Unterstützung von ehrenamtlichen Helfern", bestätigt Saarbrückens Oberbürgermeisterin Charlotte Britz und betont gleichzeitig: „Die Belastung der Mitarbeiter und ehrenamtlichen Helfer wächst stetig, was die Aufnahme von noch mehr Menschen zunehmend erschwert. Zurzeit sind wir jedoch noch zuversichtlich, dass wir weitere Menschen aufnehmen können." Es existiere eine lebendige Willkommenskultur, so die einhellige Bewertung der Oberbürgermeisterinnen und Oberbürgermeister, ehrenamtliche Helfer unterstützen die städtischen Integrationsbemühungen, Netzwerke, Integrationsbüros und Flüchtlingsinitiativen arbeiten bei der Versorgung, Freizeitangeboten, Deutschkursen oder der Betreuung minderjähriger Flüchtlinge mit. Auch die Einstellung der Bevölkerung zu Flüchtlingen sei weiter überwiegend positiv. Gleichzeitig würden aber auch wachsende Sorgen und Ängste deutlicher spürbar, etwa bei der Frage, wie Kindertagesstätten und Schulen die kontinuierlich steigenden Zugänge bewältigen können.

Oberbürgermeister Dr. Burkhard Jung aus Leipzig stellt fest: „Zur Stimmung in der Bevölkerung gehört auch eine große Verunsicherung. Es darf nicht passieren, dass sich unter den Menschen das Gefühl breitmacht, ihnen werde wegen der Flüchtlinge etwas weggenommen." Nach Einschätzung von Oberbürgermeister Dr. Dieter Salomon aus Freiburg im Breisgau wird auf Basis der aktuellen Zuweisungszahlen die Unterbringung der Flüchtlinge in Freiburg auch in den nächsten Monaten gelingen, und er bemerkt: „Die Einstellung der Bevölkerung ist überwiegend positiv. Zugleich gibt es Sorgen in der Bevölkerung, die wir ernst nehmen und denen wir mit einem breit angelegten Kommunikations- und Beteiligungskonzept begegnen." Oberbürgermeister Dr. Kurt Gribl aus Augsburg sagt, Zuwächse wie im Jahr 2015 seien bei den Flüchtlingszahlen auf Dauer nicht zu verkraften, betont aber auch: „Durch die dezentrale Unterbringung machen ganze Stadtteile erstmals Erfahrung mit Flüchtlingen. Damit gibt es mehr Meinungsäußerungen, mehr Kritiker und mehr Helfer. Wichtig dabei ist, dass die Balance des sozialen Friedens in der Stadt gewahrt bleibt. Deshalb sind Ängste und Sorgen in der Bevölkerung sehr ernst zu nehmen."

Die Stadtspitzen bekräftigen die Forderung des Deutschen Städtetages, dass Bund und Länder die Kommunen finanziell in die Lage versetzen müssen, die Integrationsleistungen im nötigen Umfang zu erbringen. Oberbürgermeisterin Barbara Bosch aus Reutlingen sagt: „Der Aufwand, der für die gelingende Integration in den nächsten Jahren zu leisten sein wird, hat in den politischen Diskussionen noch nicht angemessene Beachtung gefunden, geschweige denn, dass eine angemessene Kostenerstattung für die Kommunen in Aussicht steht."

Autor:

Siegfried Schönfeld aus Marl

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