Historisches Klimaschutz-Urteil bedeutet massive Verschärfungen schon vor 2030
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) warnt die Bundesregierung, das historische Klimaschutz-Urteil des Bundesverfassungsgerichts nicht falsch auszulegen und fordert sofortige massive CO2-Einsparungen. Die DUH kündigt an, wenn die Regierung nicht sofort effektive CO2-Einsparmaßnahmen umsetzt, werde sie das vor Gericht erzwingen. Umweltministerin Schulze und andere Regierungsmitglieder erwecken mit ihren Äußerungen den Eindruck, als müssten nur die Ziele nach 2030 angepasst werden.
Verfassungsbeschwerde erfolgreich
"Das ist falsch", erklärt Prof. Dr. Remo Klinger, der als Anwalt die zwei von der DUH mit initiierten und finanzierten Verfassungsbeschwerden erfolgreich vertreten hat: "Die Verfassungsrichter sagen klar, dass die Lasten gleich verteilt und nicht auf die nachfolgende Generation abgeschoben werden dürfen. Beim derzeitigen Plan der Bundesregierung wird aber das gesamte verfügbare CO2-Budget, das Deutschland noch hat, bis 2030 verbraucht. Damit dürfte ab dann nicht ein Gramm CO2 mehr ausgestoßen werden. Das ist genau das, was das Gericht als verfassungswidrig eingestuft hat."
verfassungsgemäße Pflichten
Bleibt es beim derzeitigen Kurs, wird die Bundesrepublik das CO2-Budget von 3,465 Gigatonnen, das ihr für die Einhaltung des 1,5 Grad Limits wissenschaftlich berechnet zusteht, innerhalb weniger Jahre aufbrauchen. Deutschland dürfte dann schon ab 2030 gar kein CO2 mehr emittieren. Da dies Freiheit und Wohlstand vernichten würde, verletzt die Bundesregierung ihre verfassungsgemäßen Pflichten.
Jürgen Resch, DUH-Bundesgeschäftsführer: "Es ist bezeichnend, dass ausgerechnet der Verkehrsminister schweigt. Ihn trifft das Urteil aus Karlsruhe frontal. Wir brauchen jetzt keine Diskussion über neue Ziele für das Jahr 2040 sondern den Beschluss und Umsetzung konkreter Klimaschutz-Maßnahmen noch in diesem Jahr wie dem sofort möglichen Tempolimit, dem Stopp der Lkw-Kaufprämie und stattdessen Reaktivierung der stillgelegten Bahngütertransport-Infrastruktur."
weitere Klimaklagen
Die DUH hat im September 2020 und im März 2021 weitere Klimaklagen vor dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg eingereicht, ebenso auf der Ebene der Bundesländer eine gegen das Land Nordrhein-Westfalen, um schärfere, konkrete Klimaschutzmaßnahmen im Verkehrsbereich und in weiteren Sektoren wie Gebäude und Landwirtschaft durchzusetzen. Mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts im Rücken, ist ein schneller Erfolg hier wahrscheinlicher geworden.
sofort runter bei den CO2-Emissionen
Sascha Müller-Kraenner, DUH-Bundesgeschäftsführer: "Das Urteil bedeutet: Wir müssen sofort massiv runter bei den CO2-Emissionen. Das ist nun die Grundlage für die Verwaltungsgerichte. Und noch wichtiger: Wir dürfen auf keinen Fall neue Emissionstreiber bauen oder fertigstellen. Wer jetzt nicht Nord Stream 2 stoppt oder Flüssigerdgas-Terminals an der deutschen Nordseeküste endgültig verwirft, der handelt gegen die Verfassung. Und er zerstört die Zukunft unserer Kinder und Enkel. Wir fordern die Bundesregierung auf, diese Schritte unverzüglich umzusetzen!"
8-Punkte-Sofortprogramm
Dass innerhalb weniger Monate noch vor der Bundestagswahl gehandelt werden kann, zeigt die DUH mit einem 8-Punkte-Sofortprogramm. Damit könnten hunderte Millionen Tonnen CO2 bis 2030 eingespart werden:
- Einführung eines Tempolimits auf Autobahnen von 120 km/h verbunden mit Tempo 80 außerorts und Tempo 30 in der Stadt: Das bringt bis 2034 eine Einsparung von bis zu 100 Millionen Tonnen CO2
- Beschleunigte Umsetzung der Verkehrswende, bedeutet keine Zulassung von Neuwagen mit Verbrennungsmotor ab dem 1.1.2025, Stopp der gerade eingeführten LKW-Kaufprämie, Reaktivierung der stillgelegten Güterverkehrsinfrastruktur und 100% Elektrifizierung der Bahnstrecken bis 2030
- Abschaffung der Diesel- und Dienstwagensubventionierung
- Stopp von Nord Stream 2, was alleine zusätzliche 100 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr verhindert
- Stopp für alle geplanten Flüssiggas-Terminals an der deutschen Nordseeküste
- Sofort-Förderprogramm für die energetische Sanierung von öffentlichen Gebäuden, beginnend bei allen Schulen im Land, um den Rückstand bei den CO2-Emissionen von Gebäuden aufzuholen
- Vorziehen des Kohleausstiegs auf 2030
- Anhebung der Ausbaupfade für Erneuerbare Energien und Beschleunigung der Genehmigungsverfahren
Maßnahmen sofort umsetzen
Barbara Metz, Stellvertretende Bundesgeschäftsführerin der DUH: "Wir fordern die Bundesregierung auf, diese Maßnahmen sofort umzusetzen. Sie sind Teil auch unserer eingereichten Klagen und werden notfalls auf diesem Wege durchgesetzt. Aber noch hat die Regierung die Chance, die Blockade aufzugeben und selbst vom Problem zur Lösung zu werden. Ob sie Freiheit und Überleben künftiger Generationen sichern will, kann sie kurz vor dem Ende ihrer Amtszeit zeigen. Das hier ist die Stunde der Wahrheit."
Autor:Siegfried Schönfeld aus Marl |
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