Graichen muss gehen, Regelungen mit Interessenkonflikten müssen besser geregelt werden
Nun also doch: Patrick Graichen muss gehen. Wichtig ist jetzt, strukturelle Reformen anzustoßen. Die Regeln zum Umgang mit Interessenkonflikten sind auf EU-Ebene deutlich besser.
In der Causa Graichen fordert
@transparency_de
eine umfangreiche Untersuchung des Vorgangs. Offensichtlich greifen die aktuellen Regelungen zu kurz. Als Konsequenz müssen Interessenkonflikte systematisch und transparent geregelt werden.
Prof. Dr. Wolfgang Jäckle, stellvertretender Leiter der Arbeitsgruppe Politik von Transparency Deutschland:
„Die GRECO sieht in Deutschland zwar gewisse Fortschritte, bringt ungeachtet dessen aber mit großer Deutlichkeit die mangelhafte Erfüllung ihrer teilweise bereits vor vielen Jahren erhobenen Forderungen zum Ausdruck. Die Ampelkoalition hat im Koalitionsvertrag im Hinblick auf Korruptionsbekämpfung einiges versprochen – leider wartet dies noch auf die Umsetzung. So fehlt weiterhin ein legislativer Fußabdruck, der die Ministerien verpflichtet, Beiträge im Zuge eines Gesetzgebungsverfahren unter Namensnennung offenzulegen. In Bezug auf das Lobbyregister sieht GRECO ihre Empfehlungen zwar teilweise umgesetzt, kritisiert jedoch zurecht, dass der Kreis der eintragungspflichtigen Interessenvertretungen nicht genügend weit sei. GRECO unterstreicht außerdem unsere Kritik, dass die auf der Referentenebene ausgeübte Lobbyarbeit bisher überhaupt nicht unter das Lobbyregistergesetz fällt.”
2020 hatten die Expert:innen des Europarats empfohlen, die Karenzzeiten für die Wechsel von politischen Entscheidungsträger:innen in die Wirtschaft zu verlängern und so mögliche Interessenkonflikte zu umgehen. Darüber hinaus sollten Sanktionen für Verstöße eingeführt werden.
Dazu Jäckle:
„Wir fordern für ehemalige Regierungsmitglieder schon lange eine Karenzzeit von bis zu drei Jahren, wenn der Anschein eines Zusammenhangs zwischen im Amt ausgeübter Tätigkeit und einer nach dem Ausscheiden aufgenommenen Erwerbstätigkeit besteht. Über eine Untersagung einer Tätigkeit sollte ein unabhängiges, extern beratendes Gremium entscheiden. Es ist ein klares Signal an die Bundesregierung, dass auch GRECO in ihrem Bericht die laschen Regelungen in Deutschland hierzu kritisiert und die Einführung von Sanktionen bei Missachtung der Regelungen fordert.”
Die GRECO kritisiert darüber hinaus, dass die Regierungsmitglieder ihre finanziellen Interessen und Vermögenswerte nicht öffentlich und angemessen überprüfbar erklären müssen (Interessenerklärung). Im Vergleich dazu erstreckt sich zum Beispiel bei EU-Kommissionsmitgliedern diese Pflicht sogar auf den/die (Ehe-)Partner:in und minderjährige Kinder (diesbezüglich ohne Veröffentlichung).
Deutschland ist seit 1999 Mitglied der Staatengruppe gegen Korruption des Europarats (GRECO) und wurde 2020 zum fünften Mal einer Evaluierung unterzogen. Ziel des GRECO-Berichts ist es, „die Wirksamkeit der behördlichen Maßnahmen zu bewerten, die ergriffen wurden, um Korruption in Zentralregierungen (hochrangige Entscheidungsträgerinnen und -träger der Exekutive) und Strafverfolgungsbehörden zu verhindern und Integrität zu fördern. Der nun veröffentlichte Umsetzungsbericht bewertet Maßnahmen der deutschen Behörden zur Umsetzung Empfehlungen aus 2020.
Autor:Siegfried Schönfeld aus Marl |
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