Der „Fleiß-Pegel“ des Jahres für den Kreis Recklinghausen: 4,5 Mio. Überstunden – 2,5 Mio. für „umsonst“

Es ist der „Fleiß-Pegel“ vom Kreis Recklinghausen: Rund 4,51 Millionen Überstunden haben die Menschen im Kreis Recklinghausen im vergangenen Jahr am Arbeitsplatz zusätzlich geleistet. Davon 2,47 Millionen Arbeitsstunden zum Nulltarif – ohne Bezahlung. Das geht aus dem „Überstunden-Monitor“ vom Pestel-Institut hervor. Die Wissenschaftler haben dabei die „Plus-Stunden im Job“ im Auftrag der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) untersucht.

Ein pikantes Ergebnis aus dem „Überstunden-Monitor“: „Alle Beschäftigten zusammengenommen haben den Unternehmen im Kreis Recklinghausen durch unbezahlte Mehrarbeit rund 35,52 Millionen Euro quasi ‚geschenkt‘. Und das ist schon äußerst sparsam – nämlich nur auf Mindestlohn-Basis – gerechnet“, sagt Martin Mura von der NGG Ruhrgebiet. Außerdem sei der Überstunden-Berg auch ein Gradmesser für den „massiven Fachkräftemangel“.

Allein in Hotels, Restaurants und Gaststätten leisteten die Beschäftigten im vergangenen Jahr im Kreis Recklinghausen rund 56.000 Überstunden. 23.000 davon ohne Bezahlung – quasi für umsonst“, so das Pestel-Institut. Die Wissenschaftler haben bei ihrer Untersuchung aktuelle Mikrozensusdaten ausgewertet. Basis der Überstunden-Berechnung ist die Übertragung von Branchen-Durchschnittswerten auf die Beschäftigungsstruktur vom Kreis Recklinghausen.

Mit Blick auf die Überstunden warnt die NGG Ruhrgebiet: Hotellerie und Gastronomie könnten nicht dauerhaft auf die „Goodwill-Überstunden“ ihrer Beschäftigten bauen. „Es wird höchste Zeit, das Fachkräfte-Loch zu stopfen, das die Corona-Pandemie noch vergrößert hat. Das klappt allerdings nur, wenn Hotels und Restaurants bereit sind, attraktive Löhne zu bezahlen“, sagt Martin Mura. Konkret peilt er dabei für die Zukunft einen „Gastro-Start-Lohn“ von 3.000 Euro brutto pro Monat für alle an, die in der Hotellerie und Gastronomie nach ihrer Ausbildung in einem Vollzeit-Job weiterarbeiten.

Nur dann werde es gelingen, junge Menschen für eine Ausbildung im Hotel oder Restaurant zu gewinnen und Gastro-Beschäftigte nach ihrer Ausbildung in der Branche zu halten.

Das Gastgewerbe erlebe gerade einen regelrechten „Fachkräfte-Schwund und Mini-Job-Schub“. Ob in der Küche, im Service, an der Hotelrezeption oder an der Bar: „Die Branche versucht, fehlende Fachkräfte immer häufiger durch angelernte Beschäftigte zu ersetzen“, berichtet der Geschäftsführer der NGG Ruhrgebiet. Mittlerweile seien 58 Prozent der Gastro-Beschäftigten im Kreis Recklinghausen Mini-Jobber.

Der Fachkräfte-Mangel und eine faire Bezahlung in der Gastronomie, im Lebensmittelhandwerk und in der Ernährungsindustrie werden auch ein Schwerpunktthema auf dem Gewerkschaftstag der NGG Mitte November in Bremen sein.

Autor:

Siegfried Schönfeld aus Marl

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