Dechert: SPD, CDU, FDP und Grüne haben Angst vor einer Abstimmung der Marler Bürger über die Rathaussanierung
Im Marler Stadtrat würde über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrehs Rathaussanierung Stoppen beraten. Fritz Dechert von der Bürgerliste WIR für Marl fasste in einer Rede die Argumente des Bürgerbegehrehs zusammen. Hier sein Beitrag.
Meine Damen und Herren
bevor wir zur Abstimmung über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens kommen, lassen Sie mich für ein gemeinsames Verständnis die Gesamtsituation schildern.
Die Historie
In 2015 gab es die Ratsentscheidung im Rahmen einer Entscheidungsvorlage für die Sanierung des Rathauses. Ausschlaggebend dafür waren die wesentlich günstigeren Daten gegenüber einem Neubau.
39 Millionen € für die Sanierung zu 50,6 Millionen für einen Neubau.
Selbst die NRW-Finanzverwaltung, der das Vorhaben seinerzeit vorgestellt wurde, sprach eine klare Empfehlung für die Sanierung aufgrund deutlich wirtschaftlicherer Vorteile aus. In diesem Zusammenhang wurde die Paketvergabe gegenüber der Eigenrealisierung aufgrund erheblicher Effizienzvorteile empfohlen. Nebenbei sei erwähnt, dass die Bewertung der Varianten auch damals nach der heute üblichen Methode des Ressourcenverbrauchs nach NKF und der Berücksichtigung von Bilanzeffekten durchgeführt wurde.
neue Erkenntnisse
Seit 2015 sind bis 2018 drei Jahre vergangen in denen neue Erkenntnisse gewonnen wurden. Die jetzt kalkulierten Sanierungskosten belaufen sich auf 70,25 Millionen € und dabei sind die Außenanlagen Creiler Platz gegenüber den Kosten von 2015 nicht im Ansatz enthalten. Im September 2018 wurden dem Rat der Stadt diese neueren Erkenntnisse mitgeteilt, begründet und zur Entscheidung vorgelegt. Sie werden die Redebeiträge sicherlich noch in Erinnerung haben. Die große Mehrheit des Rates hat den Beschluss zur Rathaussanierung mit getragen
Bürgerinnen und Bürger hätten entscheiden sollen
Einer aus unserem Gremium gab in seinen Ausführungen einen merkenswerten Satz zum Besten:
„Natürlich habe das Rathaus einen gewissen historischen und auch einen emotionalen Wert für die Bürgerinnen und Bürger.
Es wäre doch schön gewesen, wenn man die Bürgerinnen und Bürger hätte entscheiden lassen, ob man saniere oder neu baue. Aber auch dafür hätte die Zeit nicht gereicht. Dies sei sehr bedauerlich.“ (Zitat Ende)
Der Ansatz war positiv, insbesondere bestätigt durch die überraschend vielen Unterschriften die das Bürgerbegehren erzielt hat. Wir, der Stadtrat sollte den Bürgern genau diese Zeit geben, wir sollten die Bürgerinnen und Bürger mitnehmen, sie entscheiden lassen. Also uns die Zeit nehmen und den Bürgerinnen und Bürgern den gewünschten, geforderten Bürgerentscheid gewähren. Wir sollten nie vergessen, dass wir, der Rat, das die Bürger vertretende Gremium ist.
Kostenschätzung der Stadt Marl nicht nachvollziehbar
Neben dem Kostenanstieg für die Sanierung, der begründet wurde mit zusätzlichen Auflagen, neuen Erkenntnissen und dem sozialen Rathaus, sind aber auch die Neubaukosten seit 2015 explodiert. Waren seinerzeit noch 50,6 Millionen Basis der Entscheidung, sind diese Kosten inzwischen au 89,3 Millionen € nach Kostenschätzung der Stadt Marl vom 18.12.2018 angestiegen Darin enthalten sind ein Neubau für 600 Beschäftigte, woher auch immer diese Zahl kommt, eine Tiefgarage mit 500 Stellplätzen, neben der Tatsache, dass eine Tiefgarage kostenmäßig der völlig falsche Ansatz ist, fragten wir uns, wozu 500 zusätzliche Parkplätze benötigt werden. Zudem wurden diese KostendenNeubaukostenzugeschlagen obwohl eine Tiefgarage bereits im Lageplan zur Verkehrsführung der Josefa-Lazuga-Str. eingezeichnet ist, der in der HuFa-Sitzung am 04.07.2017 vorgestellt wurde.
Weiterhin sind in der Kostenschätzung enthalten:
die Verkehrssicherungsmaßnahme für das alte Rathaus,
die Sanierung des Sitzungstraktes und
das soziale Rathaus
Grundstückskosten für das stadteigene Grundstück als entgangener Gewinn.
Welcher von diesen Punkten sinnvoll bzw. wirklich notwendig ist, überlasse ich Ihrer Fantasie und möglicherweise auch dem Kostenrahmen in dem eine Stadt wie Marl sich zukünftig bewegen darf Als Standort für den Neubau hat die Verwaltung den Bereich vor Wohnen-Ost an der Josefa-Lazuga-Allee vorgeschlagen. Die Bürgerinitiative, Bürgerbegehren, war entsetzt über die bewusst, ich betone bewusst, zu hoch gegriffene Kostenrechnung, zu der ein Einspruch eingelegt wurde, als auch über die Wahl des Standortes. Dennoch musste und ist die Initiative mit genau diesen Informationen an die Öffentlichkeit gegangen, haben Unterschriften gesammelt und dabei auch die Meinung der Marler Bürgerschaft zur Kenntnis genommen.
5115 Unterschriften gegen die Rathaussanierung
Zur großen Überraschung wurde es, nachdem die Aktion einen Bekanntheitsgrad erreicht hatte, ein Selbstläufer.
Bei weniger Vorbehalten, persönliche Daten mit der Unterschrift abgeben zu müssen, besseren Witterungsbedingungen und weniger Feiertagen: Weihnachten, der Jahreswechsel, wären mehr als die doppelte Menge an Unterschriften erreicht worden. Wichtig war unseren Kollegen aber die Gespräche mit den Marlerinnen und Marlern am Rande dieser Sammlung.
Natürlich gab es auch die Fraktion, die das Rathaus erhalten möchte. Diese war jedoch deutlich und klar in der Minderheit.
Politiker machen ja doch was sie wollen
Dann gab es auch diejenigen die bereits resigniert haben, mit der Aussage:
„ Die da oben, die Politiker machen ja doch was sie wollen.“ Das sollte uns und ihnen zu denken geben.
Und als dritte Gruppe gab es diejenigen, die zwar im Kern der Sache zustimmten, jedoch aufgrund des Denkmalschutzes ihre Unterschrift nicht gaben, da sie den Neubau damit für aussichtslos hielten.
Die meisten Bürgerinnen und Bürger hielten jedoch den Abriss für die einzige situationsbedingte Konsequenz.
Bevor ich aber auf das Thema Denkmalschutz eingehe, lassen sie mich noch einige Worte zu einer möglichen Sanierung der Rathaustürme sagen.
Sanierung der Rathaustürme ist ein Fass ohne Boden
Der bauliche Zustand der Türme, und das betrifft sowohl die Statik, als auch die Möglichkeiten, derartige Bauten zukunftsträchtig zu gestalten, lässt im Falle einer Sanierung nur wenig Gestaltungsfreiraum.
Hier zitiere ich kurz und nur auszugsweise aus der Präsentation Stadt Marl-HPP Punkt 7. Tragwerk-Statische Untersuchungen-Türme 1 und 2: Die angesetzten Einwirkungen in der statischen Berechnung weisen keinerlei Reserven auf.
Ich betone ausdrücklich das ist eine Feststellung der Stadt Marl.
Damit kam die kostengünstigste Variante 1a mit folgendem Inhalt zum Zug: (auszugsweise)
Kosmetische Sanierung der Balkenköpfe
Erhalt der inneren Aufhängung
Mit folgenden Konsequenzen:
Lebensdauer von Beschichtungen max. 20 Jahre
Einschränkungen im Raumprogramm
Einschränkungen im Schallschutz
Einschränkungen auf eine geplante Sanierung in Bezug auf Lasteneinschränkung
Das verstehen wir unter wenig zukunftsträchtig und wenig Gestaltungsfreiraum.
Aus statischen Gründen kann keine, heute übliche, dreifach-Verglasung eingebaut werden. Aus statischen Gründen wird die Heizung von der Wand unter die Decke verlegt.
Wie mit der wärme- und schalltechnischen Außenisolierung umgegangen wird, wurde nicht eindeutig beantwortet.
Und wie das Raumwunder, lassen sie es mich mal ein wenig sarkastisch sagen, zukünftig insgesamt 600 Arbeitsplätze aufnehmen soll, so wie es für den Neubau angesetzt wurde, ist ebenfalls ein Rätsel.
Es soll auf jeden Fall eine Arbeitsplatzverdichtung stattfinden ist uns mitgeteilt worden.
Das ganze halten wir nicht für einen zukunftsorientierten Ansatz, und daher kommt auch der Protest.
Nun zum Thema Denkmalschutz, meine Damen und Herren,
dass der Rat der Stadt Marl nicht glücklich ist über den Denkmalschutz, der über das Rathaus verhängt wurde zeigte er bereits in seinem Abstimmungsverhalten, als er sich nämlich bereits dreimal dagegen entschieden hat.
Ungeachtet der Tatsache, ob nun eine Sanierung ansteht, oder so wie die Initiative, für einen Neubau plädiert, der Denkmalschutz wird der Stadt Marl zusätzliches Geld kosten, welches uns an anderer Stelle fehlt.
Daher sollten wir gemeinsam gesteigerten Wert darauf legen, eine Entscheidung herbeizuführen, ob der Denkmalschutz überhaupt gerechtfertigt ist.
Die Bürgerinitiative hat in den geführten Diskussionen immer wieder darauf hingewiesen, dass die Oberste Denkmalbehörde, sprich das Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes NRW letztlich noch den Denkmalschutz aufheben kann.
Man muss es nur wollen, so wie es die Stadt Ahlen bei einem ähnlich gelagerten Fall, praktiziert hat, und am 06.03.2019 durch genau diese Instanz, die Oberste Denkmalbehörde, der Denkmalschutz für das Ahlener Rathaus aufgehoben wurde. Auch dieser Vorgang hat sich bereits in der Öffentlichkeit herumgesprochen, und ich bitte sie, die entsprechenden Schritte dazu einzuleiten.
Obwohl die Situation mit dem Bergrecht auch bereits zu unerwarteten Verzögerungen in beträchtlicher Größenordnung führt. Jetzt liegt es auch in unserer Hand uns für gelebte Demokratie, hier für einen Bürgerentscheid zu entscheiden.
Diese erläuternde Rede, mit wenigen redaktionellen Änderungen wollte die Bürgerinitiatve vor diesem demokratisch gewähltem Gremium, dem Rat der Stadt Marl halten, wie es ihr gemäß Gemeindeordnung § 26 zusteht. Leider ist dieses Rederecht vom Bürgermeister verweigert worden, sie durften die Rede aber am Dienstag in der HuFa-Sitzung halten. Die Passage für eine derartige Auslegung der Gemeindeordnung habe ich nirgendwo finden können.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit
Autor:Siegfried Schönfeld aus Marl |
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