Bürgerbegehren gegen den Kreishaus-Neubau in Recklinghausen, Streit über die Kostenschätzung
Im Kreis Recklinghausen gibt es Streit über die Kostenschätzung für ein Bürgerbegehren, das den Erhalt des zum Abriss und Neubau vorgesehenen Kreishauses fordert.
Nachdem die Initiatoren des Bürgerbegehrens ihre Initiative angemeldet hatten, fand Landrat Cay Süberkrüb die gewählte Fragestellung nicht präzise genug und forderte eine Präzisierung. Diese wurde von den Bürgerbegehrensinitiatoren auch geliefert.
Eine Sanierung des Verwaltungsgebäudes sollte laut Kreisverwaltung in den nächsten 35 Jahren 234 Millionen Euro kosten. Die Bezirksregierung stellte jetzt klar, dass die Kostenschätzung sich nur auf den finanziellen Aufwand für Maßnahmen beziehen darf, die im Sinne des Bürgerbegehrens zur Behebung der sicherheitsrelevanten Mängel hinsichtlich Brandschutz, Haustechnik und Gesundheit der Nutzer notwendig sind.
Die neue Kostenschätzung im Wortlaut:
"Bei der durch das Bürgerbegehren geforderten Sanierung des bestehenden Kreishauses, die sich auf die notwendigen Maßnahmen zur Behebung der sicherheitsrelevanten Mängel hinsichtlich Brandschutzes, Haustechnik und Gesundheit der Nutzer beschränkt, würden dem Kreis Recklinghausen unmittelbare Kosten in Höhe von 34,2 Mio. € entstehen. Die laufenden Kosten in Höhe von 1,2 Mio € für Mieten und Betriebskosten der Nebenstellen würden nicht wie beim Neubau entfallen, sondern jährlich weiterhin entstehen
Sanierung statt Neubau des Kreishauses
Die Initiative „Sanierung statt Neubau des Kreishauses“ will den Neubau mit einem Bürgerbegehren verhindern. Auch wenn die kreisangehörigen Städte nicht unmittelbar belastet würden, kämen Kosten auf die kommunalen Haushalte zu, kritisiert die Initiative. Die Abschreibungen auf das neue Kreishaus gälten als Aufwand, den die Städte dem Kreis über die Kreisumlage erstatten müssten.
Die Linke kritisiert, dass mit dem Neubau des Kreishauses direkt am Recklinghäuser Hauptbahnhof durch die Konzentration aller Nebenstellen der Kreisverwaltung 270.000 Kundenkontakte plus 1.200 Mitarbeiter in ein bereits jetzt überlastetes Verkehrssystem gezogen würden. Angesichts drohender Fahrverbote und hoher Feinstaubbelastungen würde die Wohnqualität an der Stelle massiv beeinträchtigt. Laut einer Mitteilung des Bundesumweltamtes sei im Jahre 2014 täglich die Fläche von 100 Fußballfeldern neu als Siedlungsfläche ausgewiesen worden. Für die Linke sei deshalb die Sanierung des bestehenden Gebäudes aus ökologischer Sicht sinnvoller als ein weiterer Flächenverbrauch in der Recklinghäuser Innenstadt.
Das Kreishaus wurde Mitte der 70er Jahre geplant und 1979 errichtet. Eine technische Überarbeitung fand seitdem lediglich in wenigen Teilbereichen wie der Eingangshalle und einzelnen Sitzungsräumen statt. Sachverständige Baugutachter und Fachingenieure hatten bereits vor 2007 umfangreiche Mängel und zwingende Sanierungsanlässe für das Kreishaus in den Bereichen Brandschutz, elektrotechnische Infrastruktur, lüftungstechnische Anlagen sowie Gebäudeleittechnik festgestellt. Behoben sind diese Mängel bislang nicht.
Der Fall Recklinghausen zeigt, dass es eine neutrale Kostenschätzung nicht gibt. Deshalb sollte eine solche auch nicht von Bürgerbegehren gefordert werden. Die Praxis zeigt zudem, dass Verwaltungen Kosten auch gerne einmal falsch berechnen und Zahlen korrigiert werden müssen, während die Unterschriftensammlung schon läuft. Die mit den falschen Zahlen gesammelten Unterschriften bleiben aber gültig. Absurd.
Autor:Siegfried Schönfeld aus Marl |
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