Bündnis "Krankenhaus statt Fabrik" zur aktuellen Corona-Virus-Pandemie
Das Bündnis Krankenhaus statt Fabrik äußert sich in einer
Pressemitteilung zu Schwachpunkten der deutschen
Krankenhauslandschaft:
Was hat die aktuelle Corona-Virus-Pandemie mit der Finanzierung
deutscher Krankenhäuser über Fallpauschalen zu tun?
Die Aussage von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn, unser
Gesundheitssystem sei auf die neuen Herausforderungen gut vorbereitet,
ist eine krasse Fehldiagnose. Auch wenn Panikmache vollkommen
unangebracht ist, hält diese uneingeschränkte Einschätzung einem
Faktencheck nicht stand:
- Unsere Krankenhäuser sind auf ökonomische Effizienz getrimmt. Und da
das Finanzierungssystem über Fallpauschalen nur erbrachte Leistungen
bezahlt, für das Vorhalten von Betten und Therapiekapazitäten für den
Not- oder Katastrophenfall aber keine Mittel bereitstellt, werden solche
Situationen in der Planung der Klinikabläufe auch nicht ausreichend
berücksichtigt.
nicht genügend Pflegekräfte
- Landauf landab werden in zunehmenden Ausmaß in vielen Krankenhäusern
Betten – auch auf Intensivstationen – gesperrt, weil – schon ohne den
Andrang von zusätzlichen Covid-19-Erkrankten – nicht genügend
Pflegekräfte zur Verfügung stehen, um die Patienten bei den vorhandenen
Bettenkapazitäten angemessen zu versorgen. Für die Versorgung schwer
kranker Covid-19-PatientInnen stehen also in Wirklichkeit weniger Betten
zur Verfügung als dies aus den Krankenhausstatistiken herauszulesen ist.
- Im Zeitalter der DRG-Finanzierung (Fallpauschalen) ersetzt zunehmend
die betriebswirtschaftliche Bilanz der Krankenhäuser die eigentlich auf
Landesebene erforderliche Planung der Krankenhausstruktur nach
Versorgungsgesichtspunkten. Daher werden Krankenhäuser ganz willkürlich
geschlossen, wenn sie über mehrere Jahre ein Defizit erwirtschaftet
haben. So ist schon heute die Versorgung der ländlichen Bevölkerung mit
Kinderkliniken und Geburtshilfeabteilungen nicht mehr ausreichend
gewährleistet. Zusätzliche Anforderungen durch die Corona-Pandemie
werden diese Unterversorgung in ländlichen Regionen dramatisch verschärfen.
viel zu niedrige
Pflegepersonaluntergrenzen
Die aktuelle Entscheidung des Gesundheitsministers, die gerade erst
eingeführten und eigentlich viel zu niedrigen Pflegepersonaluntergrenzen
anlässlich der Zusatzbelastung unseres Gesundheitssystems durch die
Corona-Pandemie vorübergehend außer Kraft zu setzen, demonstriert diesen
Widerspruch: Da wir in den Krankenhäusern zu wenig Fachpersonal haben,
müssen Bettenkapazitäten gesperrt werden. Wenn die Patientenzahlen aber
in einer Notsituation zusätzlich steigen, werden diese Missstände nicht
nur wieder geduldet, sondern weiter verschärft, um noch mehr
Patient*innen als bisher durch die Klinikbetten zu schleusen. Die
Aussage von Minister Spahn, unser Gesundheitssystem sei auf die neuen
Herausforderungen gut vorbereitet, ist also eine krasse Fehldiagnose.
Das Bündnis "Krankenhaus statt Fabrik" fordert daher, endlich unsere
Krankenhäuser wieder funktionsfähig zu machen für eine Daseinsvorsorge
ohne jede Einschränkung:
- Die Ausrichtung der stationären Versorgung auf
betriebswirtschaftlichen Gewinn muss beendet werden. Krankenhäuser
dürfen keine Gewinne machen, Verluste sind auszugleichen, wenn die
Klinik für die Versorgung einer Region benötigt wird.
- Die Finanzierung darf nicht nur die medizinischen Leistungen im
Normalbetrieb berücksichtigen, sondern muss auch alle Vorhaltekosten für
außergewöhnliche Notfallsituationen sicherstellen.
- Die medizinische Behandlung im Krankenhaus ist Daseinsvorsorge. Daher
müssen Krankenhäuser da demokratisch geplant und betrieben werden, wo
sie für die qualitativ gleichwertige Versorgung gebraucht werden, nicht
da wo der Träger mit ihnen Gewinne erwirtschaften kann.
- Die angemessene Personalausstattung im Krankenhaus ist eine
elementare Voraussetzung für gute Behandlung der Patient*innen und keine
Schönwettermaßnahme, die bei jedem drohenden Sturm wieder kassiert
werden kann.
Autor:Siegfried Schönfeld aus Marl |
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