Beim Haushalt brennt der Baum
Zum ersten Mal verweigerten fünf Fraktionen im Rat die Zustimmung zum Haushalt. Das offenbart nicht nur die katastrophale finanzielle Lage in der sich die Stadt befindet, sondern vielmehr die Ratlosigkeit, wie Marl je wieder aus dieser Schuldenfalle herausfinden soll. Der Haushalt ging übrigens dennoch problemlos durch, denn SPD, CDU und FDP beschlossen, trotz fehlender Zahlen zu Einnahmen und Ausgaben das Papier durchzuwinken. Ein Haushaltsplan ohne Plan, das brachte Friedrich Dechert (WIR) auf die Palme: „In Marl geht, was gar nicht geht.“
Denn: Stell dir vor, du erstellst einen Haushaltsplan, schreibst aber nicht hinein, was du für deinen Lebensunterhalt ausgeben willst - und kannst. Wieso? Weil du keine Ahnung hast, wieviel Geld du zukünftig verdienst, dir zum Leben bleibt. Geht nicht? Geht doch! Das bewies jetzt der Rat der Stadt Marl.
Dieser beschloss einen Haushalt fürs laufende Jahr ohne Hand und Fuß. Schlimmer: Mit den Zahlen des letzten Jahres. Andere lagen ob der ungewissen Lage und desolaten Finanzsituation schlichtweg nicht vor.
Das ging fünf Fraktionen dann doch zu weit. Allen voran „Wir für Marl“, die in den letzten 16 Jahren wegen den jeweils fehlenden existenziellen Einsparmaßnahmen stets den Haushalt ablehnten. Aber selbst die ansonsten treuen „Absegner“ und die Neuen im Rat wie buergerunion, Wählergemeinschaft Die Grünen, Bündnis 90/Die Grünen und die Linke mochten bei diesem zahlenlosen Spiel nicht mitmachen und verweigerten die Zustimmung.
Ohne nachhaltige Wirkung, denn SPD, CDU und FDP winkten gemeinsam den Haushalt durch - in dem zumindest verankert ist, dass in den nächsten vier Jahren 20 Millionen Euro gespart werden sollen. Fünf Millionen pro Jahr. Wo allerdings das Geld abgeknappst werden soll, bleibt vorerst ein Rätsel. Vielleicht sogar ein Geheimnis, das keiner lüften kann. Will heißen: Der Wille ist da, aber ob der monetären Entwicklung die Möglichkeiten nicht.
Fundierte Sparvorschläge finden sich auf jeden Fall nicht auf dem Papier wieder. „Man kann doch nicht zum Ziel kommen, wenn man den Weg dahin weder absteckt noch ihn überhaupt kennt“, erklärt Fritz Dechert (WIR), der es für fahrlässig und unverantwortlich gegenüber den Marler Bürgern hält, mit ihnen loszumarschieren ohne funktionierendes Navigationssystem. „Das ist, als würde man in der Wüste mal einfach geradeaus laufen und glauben, so am anderen Ende anzukommen.“
Eines war jedoch letztlich allen bewusst: Wenn der Bund und das Land nicht die richtigen Hebel für die Kommunen umlegen, dann hat die Stadt auch langfristig keine Chance, den Schuldenberg abzubauen.
Doch als Basis müssen die Gemeinden ihre Hausaufgaben machen. Dazu gehören professionelle Grundstücks-Vermarktungen und gewinnbringende Grundstücks- wie Immobilien-Verkäufe.
Die geplante (aber erst einmal auf Eis gelegte) Veräußerung der ehemaligen Schule an der Goethestraße feuert allerdings nicht das Vertrauen in die Verkaufs-Strategie der Verwaltung an: Ein über 3000 Quadratmeter großes Grundstück samt Gebäude und Turnhalle sollte für 120.000 Euro verscherbelt werden. Das wirft mehr als Fragen auf. Nicht zuletzt, weil es vor rund drei Jahren für 750.000 Euro saniert wurde. So sieht kein verantwortungsvoller Umgang mit Steuergeldern aus.
Autor:Mariusch Pyka aus Marl |
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