Antrag der Deutschen Umwelthilfe an den Marler Stadtrat: Umwidmung von Straßenflächen zu Fahrradspuren

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Deutschen Umwelthilfe hat einen Antrag für die Verbesserung der Radwegesituation in Marl an den Stadtrat gestellt: Antrag auf kurzfristige Umwidmung von Straßenflächen zu Fahrrad-spuren und Fußwegen sowie Tempo 30 für mehr Sicherheit und Klimaschutz.
Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
die Nutzung des Fahrrads als alltägliches Verkehrsmittel hat deutschlandweit stark zugenommen. Laut einer repräsentativen Umfrage im Auftrag des Bundesverkehrsministeriums von September 2020 gab ein Viertel der Befragten an, das Fahrrad deutlich häufiger zu nutzen als noch im Vorjahr.
Auch der Fußverkehr hat deutlich zugenommen.

Pop-up-Radwege

Im vergangenen Jahr sind in zahlreichen deutschen Städten kurzfristig Pop-up-Radwege, Fahrrad-straßen und verkehrsberuhigte Straßen zum Spielen, Flanieren und Verweilen geschaffen worden. Die nach wie vor andauernde Corona-Pandemie war zwar Anlass, aber nicht Rechtsgrund für die Anordnung von Pop-up-Radwegen. Das beigefügte Rechtsgutachten der renommierten Kanzlei Geulen & Klinger, das im Auftrag der Deutschen Umwelthilfe erstellt wurde, bestätigt, dass Popup-Maßnahmen unabhängig von infektionsschutzrechtlichen Erwägungen zulässig sind. In der oben erwähnten Umfrage bewerten 70 Prozent der Menschen Pop-up-Radwege zudem als positiv. Eine schnellstmögliche Umverteilung des öffentlichen Raums ist demnach nicht nur möglich, sondern von einer Mehrheit der Bevölkerung gewünscht und in Anbetracht der Klimakrise zwingend notwendig.
Wir beantragen hiermit schnellstmöglich folgende Maßnahmen umzusetzen:
1. In Marl Straßenflächen zu Fahrradspuren und Fußwegen umzuwidmen – durch schnell umsetzbare und (zunächst) provisorische Maßnahmen. Dabei ist es wichtig, dass die Flächen für Rad- und Fußverkehr ausreichend dimensioniert sind und von verbleibenden Kfz-Fahrbahnen zumindest provisorisch durch Verkehrsbaken getrennt sind.
2. In Marl die Höchstgeschwindigkeit im gesamten Nebenstraßennetz auf 30 km/h oder weniger zu begrenzen.

Die Begründung:

Die Corona-Pandemie bestimmt nach wie vor unseren Alltag und durch die Diskreditierung des öffentlichen Personennahverkehrs als Infektionsherd wollen viele Menschen derzeit Bus und Bahn auch für notwendige Fahrten nicht nutzen. Es besteht die Gefahr, dass der Anteil des Autoverkehrs
zukünftig noch über den hohen Zahlen von vor der Pandemie liegen wird.

Tendenz hin zu Rad- und Fußverkehr

Immer mehr Menschen können oder wollen aber nicht auf die Nutzung eines Pkw zurückgreifen und legen ihre Wege vermehrt zu Fuß oder mit dem Fahrrad zurück. Dabei verstärkt die Pandemie lediglich eine Tendenz hin zu Rad- und Fußverkehr, die sich schon seit Jahren abzeichnet. Marl muss diese Entwicklung für mehr Klimaschutz, weniger Lärm und Unfälle sowie bessere Luftqualität, durch eine bessere Infrastruktur für Rad- und Fußverkehr unterstützen und den dringend notwendigen, grundlegenden Umbau der städtischen Mobilität beschleunigen.

Verkehrswende

In der Regel nehmen sich Städte zwei bis zehn Jahre Zeit, um Fahrradwege zu planen und ein-zurichten. Dass es auch schneller, innerhalb weniger Wochen oder Monate gehen kann, haben letztes Jahr viele Städte weltweit, aber auch einige deutsche Städte gezeigt. Dieses schnelle Tempo bei der Verkehrswende muss zum Standard werden. Für weitere Verzögerung bleibt angesichts der sichtbaren Klimakrise keine Zeit. Reduktion der

Treibhausgasemissionen

Der Verkehrssektor, der als einziger Bereich bisher keinen Beitrag zur Reduzierung der Treibhausgas-emissionen aufweist, muss nun schnell nachsteuern. Um die Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad zu begrenzen, ist eine schnelle Reduktion der Treibhausgasemissionen zwingend. Mittelfristige Ziele zur Reduzierung des Autoverkehrs müssen bereits kurzfristig erreicht werden. Die Städte, die den Klimanotstand ausgerufen haben, sind hier besonders gefragt, ihren Worten auch Taten folgen zu lassen.

Pop-up-Radwege sofort

Da seitens des Bundesverkehrsministeriums keine Initiative zur grundlegenden Verbesserungen der Situation für den nichtmotorisierten Verkehr zu erwarten ist, müssen die Städte im Rahmen des aktuellen Straßenverkehrsrechts aktiv werden. Hier liegt es in der Verantwortung der Kommunen bestehende Rechtsmöglichkeiten auszuschöpfen, die Umsetzungsgeschwindigkeit deutlich zu erhöhen und eigene Versäumnisse nicht mit einem bundespolitischen Reformstau zu begründen. In zahlreichen konstruktiven Gesprächen der Deutschen Umwelthilfe mit Stadtverwaltungen in ganz Deutschland wurden rechtliche Bedenken als Hürde bei der Beschleunigung der Mobilitätswende genannt. Eine Klage gegen die Berliner Pop-up-Radwege verstärkte diese Unsicherheit.

Radfahrerfeindliche Straßenverkehrsordnung

Nachdem das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg am 6.1.2021 (OVG 1 S 115/20) den Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin aufgehoben hat, wonach Pop-up-Radwege zurückgebaut
werden müssen, sollten diese Bedenken weitestgehend ausgeräumt sein. Ein im Auftrag der Deutschen Umwelthilfe erstelltes Rechtsgutachten der Kanzlei Geulen & Klinger - die auch Berliner Pop-up Radwege vor Gericht verteidigt hat - bestätigt, dass Pop-up-Maßnahmen auch unabhängig von infektionsschutzrechtlichen Erwägungen zulässig sind. Städte können demnach bereits unter den erschwerten Rahmenbedingungen einer radfahrerfeindlichen Straßenverkehrsordnung rechtsgültig schnell und günstig Rad- und Fußverkehr fördern und städtischen Verkehr jetzt klimaverträglich und lebenswert umgestalten.

Fahrradstraßen

Das Gutachten zeigt die gesetzlichen Anforderungen an die Einrichtung von Radwegen und . Zudem werden weitere Möglichkeiten für Städte zur schnellen Förderung des Fußverkehrs sowie zur Verkehrsberuhigung in Wohn- und Geschäftsvierteln aufgezeigt - sei es durch Geschwindigkeits-reduzierungen, Einbahnstraßenregelungen oder Diagonalsperren.
Somit hat auch Marl weitgehende Handlungsoptionen zur Reduzierung des Verkehrslärms, Verbesserung der Luftqualität und Erhöhung der Aufenthaltsqualität, was auch dem lokalen Einzelhandel zugutekommt.

Luftbelastung verringern

Wichtig ist, dass in Marl die Luftbelastung so weit wie möglich verringert wird. Es gibt keinen Schwellenwert für Luftschadstoffe, unterhalb dessen keine negativen Gesundheitswirkungen auftreten würden, daher muss die Belastung mit Feinstaub und Stickstoffdioxid soweit wie möglich
abgesenkt werden – über die gesetzlichen Maßgaben der Grenzwerte hinaus. In wenigen Monaten
wird die Weltgesundheitsorganisation ihre Empfehlungen für Luftqualitätsgrenzwerte drastisch absenken um den neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen zu Gesundheitsauswirkungen von Luft-verschmutzung auch unterhalb bestehender Grenzwerte gerecht zu werden.

Radinfrastruktur

Eine sofortige, zunächst provisorisch markierte bzw. abgegrenzte Radinfrastruktur, verbunden mit
Tempo 30 auf dem gesamten Nebenstraßennetz der Stadt und nochmals niedrigeren Höchst-geschwindigkeiten in Wohn- und Geschäftsvierteln, ergibt gerade jetzt besonders Sinn. Denn im Frühling werden die Menschen wieder vermehrt zu Fuß und mit dem Fahrrad ihre Wege zurück-zulegen wollen. Zumindest dann, wenn Sie sicher unterwegs sein können. Andernfalls droht aufgrund der reduzierten Fahrgastzahlen im ÖPNV und dem hohen Mobilitätsbedürfnis der Menschen Dauerstaus für die Autofahrer und vermehrte und schwere Unfälle für Fahrradfahrer und Fußgänger.

Forderungen

Wir fordern Sie auf, Vermeiden Sie jetzt den drohenden Verkehrskollaps in Marl und setzen Sie
umgehend die vorgeschlagenen Maßnahmen der Mobilitätswende um.

Wir bitten um kurzfristige Stellungnahme zu unserem Antrag bis zum 12. März 2020.
Mit freundlichen Grüßen
Jürgen Resch
Bundesgeschäftsführer

Autor:

Siegfried Schönfeld aus Marl

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