Freude weicht Trauer um seltenen Vogel
Großer Brachvogel am City-See

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Mit Erstaunen und Begeisterung sahen wir an einem Nachmittag einen Großen Brachvogel mit dem superlangen Schnabel am City-See einfliegen. Er landete auf dem vereisten Wasser nahe einer Schilfzone und versteckte sich dort zwischen den langen Halmen. Wir sprangen auf unsere Fahrräder, um auf die andere Seite vom See zu gelangen und dort nach dem seltenen Vogel zu suchen.

Tatsächlich entdeckten wir ihn gut getarnt im Gestrüpp. Zunächst beobachteten wir ihn mit dem Fernglas. Immer wieder fielen dem Vogel die Augen zu. Er machte einen erschöpften Eindruck. Dass dieser seltene und vom Aussterben bedrohte Vogel in NRW überwintert, war uns bis dahin gar nicht bekannt.

Wir näherten uns vorsichtig und machten ein paar Aufnahmen mit dem Teleobjektiv, wodurch weitere Parkbesucher auf den Vogel aufmerksam wurden. Leider gingen die Menschen dann über das Eis und sehr nah an den Vogel heran, wodurch er aufgescheucht und aus seiner Deckung vertrieben wurde. Er lief ein Stück über die Schneedecke und flog dann auf den vereisten See zu den anderen Wasservögeln, die rund um das verbliebene Wasserloch auf der Eisfläche standen. Von dort aus lief er über das Eis und suchte sich erneut ein Versteck, wo er sich ausruhen konnte. Inzwischen ging die Sonne unter und wir nahmen uns vor, am nächsten Tag wieder nach ihm zu sehen.

Tatsächlich war er am nächsten Tag noch da. Nach wie vor ruhte er sich gut getarnt im dichten Schilf aus, immer noch machte er einen erschöpften Eindruck. Um ihm nicht seiner letzten Kraftreserven zu berauben, haben wir ihn aus weiter Entfernung mit dem Fernglas beobachtet. Wir machten ein paar Fotos von dem „Vogel im Lebensraum“ (also viel Lebensraum und wenig Vogel) und achteten darauf, dass wir nicht wieder die Aufmerksamkeit von Passanten auf den Vogel zogen, die ihm dann auf die Federn rücken - oder mit Schneebällen nach ihm werfen. 

Am übernächsten Tag war der Große Brachvogel verschwunden. Wir sind davon ausgegangen, dass er nach einer Pause in Richtung seines Brutgebiets weitergezogen ist und freuten uns, eine weitere Vogelart auf unsere Liste der Vögel vom City-See setzen zu können.

Ein paar Tage später entdeckten wir den toten Brachvogel im Schilf. Er war nicht in sein Brutgebiet weiter gezogen, sondern am zugefrorenen City-See verhungert. Mit seinem langen Schnabel war ihm die Nahrungssuche im gefrorenenen Boden nicht mehr möglich, seine Fettreserven offensichtlich aufgebraucht. Die äußerst geringe Fluchtdistanz des sehr scheuen Vogels und die zufallenden Augen waren eindeutige Anzeigen dafür, dass der Vogel in sehr schlechter Verfassung gewesen sein muss. Leider haben wir nicht erkannt, wie schlecht es um ihn stand. Ich grübele oft darüber nach, ob und wie wir den seltenen Vogel hätten retten können.

Große Brachvögel gehören zu den bedrohten Brutvogelarten Deutschlands

Gänseforscher aus Norddeutschland haben 42 Große Brachvögel der nordwestdeutschen Population mit Sendern versehen, um ihre Zugwege zu erfoschen. Die Überwinterungsgebiete der sehr scheuen Vögel waren bis dato völlig unbekannt. Die ortsansässigen Brachvögel rund um Oldenburg überwintern hiernach an der Atlantikküste zwischen Westafrika und England. Die genauen Zugwege kann man hier nachverfolgen: https://www.blessgans.de/index.php?id=891 

In NRW gibt es eine Brutvogelpopulation in der Dingdener Heide.

Mehr zum City-See unter http://www.city-see.de

Autor:

Britta Müller aus Marl

Webseite von Britta Müller
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