BUND gegen höhere Grenzwerte für gefährliches Fungizid
Äpfel und Birnen in der Bodensee-Region sollen nach dem Willen des Bundesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) stärker mit einem gefährlichen Pestizid behandelt und in der Folge der Grenzwert für die Rückstände des Giftes in Kernobst erhöht werden. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) spricht sich gegen die vom BVL geplante 20fache Grenzwerterhöhung des Fungizids Folpet aus.
Das Gift ist wahrscheinlich krebserregend und erbgutverändernd.
Der Grund für die Behördengenehmigung ist dabei auch der bedrohte Hopfenexport in die USA und nach Japan.
Die nasse Witterung in der Bodenseeregion lässt die Gefahr für Schorfinfektionen an Kernobst steigen. Das bisher eingesetzte Mittel Pestizid Captan landet durch Abdrift in der Umgebung und belastet auch Hopfen auf benachbarten Feldern. Der Export dieses Hopfens wäre jedoch gefährdet, weil die Abnehmerländer USA und Japan Captan-Rückstände nicht tolerieren. Per Notfallgenehmigung wurde deshalb für diese Obst-Anbausaison bereits ein Fungizid mit dem Wirkstoff Folpet erlaubt. Der Einsatz des Pestizids führt jedoch zu Rückständen im Obst, die den EU-weiten Grenzwert deutlich übersteigen. Das BVL will deshalb den Grenzwert des hochgefährlichen Fungizids in Kernobst national vorübergehend von 0,3 mg/kg auf 6 mg/kg erhöhen. Ein entsprechender Entwurf liegt dazu vor. Solche Äpfel und Birnen können dann nur noch in Deutschland verkauft werden und dürfen nicht mehr in andere EU-Länder exportiert werden.
Corinna Hölzel, BUND-Pestizidexpertin: „Um den Hopfenexport in die USA und nach Japan nicht zu gefährden, wird ein hochgefährliches Fungizid per Notfallgenehmigung zugelassen. Folpet ist akut toxisch und gilt als wahrscheinlich krebserregend und erbgutverändernd. Es ist hochgiftig für Fische und Wasserorganismen. Solche hochgefährlichen Stoffe müssten zügig komplett verboten werden, statt sie vermehrt einzusetzen und haben im heimischen Obst nichts zu suchen.“
Wetterextreme werden sich in Zukunft durch die menschengemachte Klimakrise häufen.
Aus Sicht des BUND ist es keine Lösung, den Auswirkungen des Klimawandels mit regelmäßigen Notfallzulassungen von Pestiziden und Anhebung von Grenzwerten zu begegnen und gefährliche Pestizide durch andere gefährliche Pestizide zu ersetzen. Für eine nachhaltige, zukunftsfähige Landwirtschaft braucht es Maßnahmen, die den Pestizideinsatz generell reduzieren, Artenvielfalt schützen und auch die Gesundheit von Anwender*innen und Verbraucher*innen nicht gefährden. Alternativen zur Schorfreduktion sind zum Beispiel widerstandsfähige Obstsorten, regelmäßige Baumschnitte, die für gute Belüftung sorgen und die Beseitigung des Falllaubs, da dort die Pilzsporen überwintern.
Apfel-Schorf ist nur ein Schönheitsfehler – Pestizide sind toxisch
Hölzel: „Schorf ist hauptsächlich ein ästhetisches Problem. Im Gegensatz zu Pestizidrückständen im Obst stellen Äpfel mit Schorf kein gesundheitliches Risiko dar. Hier ist ganz klar auch der Lebensmittelhandel gefragt: Es muss eine Toleranz von Ware mit Schönheitsfehlern geben. Das ist klüger, gesünder und nachhaltiger, als die Regale mit Schneewittchenäpfeln zu füllen.“
Der BUND fordert
Bundesagrarminister Cem Özdemir (Grüne) auf, sich endlich für Pestizidreduktion einzusetzen und die Grenzwerterhöhung und Notfallzulassung von gefährlichen Pestiziden zu stoppen. Das BMEL muss Obstbäuer*innen bei der Anwendung nichtchemischer Alternativen unterstützen und den Lebensmittelhandel in die Pflicht nehmen, Ware mit Schönheitsfehlern zu tolerieren.
Autor:Siegfried Schönfeld aus Marl |
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