A33: Großreinemachen im „Tunnel“ unter dem Autobahntunnel

Foto: Autobahn Westfalen

Damit ein Bauwerk unter dem Tunnel Dissen im Verlauf der A33 geprüft werden kann, muss es vorher von 500 Tonnen Schlamm und großen Wassermengen befreit werden.

Frühmorgens auf einer Wiese neben dem Tunnel Dissen. Männer in Ganzkörperplastikanzügen steigen über eine Leiter in einen Schacht in die Dunkelheit hinab, andere reichen ihnen dicke Schläuche an. Ein Pump- und Saugwagen steht bereit, um eine zähe Masse aus der Dunkelheit hinaus ins Innere des Spezialfahrzeugs zu befördern.

Was auf den ersten Blick nach dem Frühjahrsputz einer Kanalreinigung ausschaut, ist allerdings wesentlich komplexer: Der Reinigungstrupp hat die Aufgabe, einen Durchlass unter dem Tunnel Dissen für eine Bauwerksprüfung von rund 500 Tonnen Schlamm sowie großen Wassermengen zu befreien.

Lebensraum für Tiere unter dem Tunnel Dissen erhalten
Das Bauwerk befindet sich in rund sechs Metern Tiefe. Eine Art „Tunnel“ unter dem Tunnel, wie der Laie sagen könnte. In der Fachsprache handelt es sich um einen so genannten Düker. Diese Sonderform eines Durchlasses führt den Noller Graben auf kürzestem Wege unter dem Tunnel Dissen sowie einer parallel verlaufenden Landstraße (L94) hindurch. Im Autotunnel fließt der Verkehr auf zwei Spuren je Richtung auf einer Länge von 500 Metern. Eine Etage tiefer strömt das Wasser durch drei Kammern in nur eine Richtung und mündet nach 70 Metern Querung nördlich in den Süßbach.

„Der Düker gewährleistet die ökologische Durchgängigkeit für den betreffenden Lebensraum“, erklärt Wesley von Axleben, Gewässerschutzbeauftragter bei der Autobahn Westfalen in der Außenstelle Osnabrück. Das heißt, dass Wassertiere den Tunnel Dissen unterirdisch queren können und der natürliche Bachlauf nicht gestört ist.

Doch auch kleine Äste, Blätter und Erde gelangen in den Düker und bilden den moderigen Schlamm, der sich absetzt. Der tiefste Punkt befindet sich in der Mitte des Bauwerks. „Man muss sich das wie die Ausformung eines Siphons vorstellen. Das Wasser wird mit Druck vom Zulauf in den Ablauf gedrückt. Dadurch setzt sich der Schlamm an dieser Stelle ab, so dass klares, sauberes Wasser vom Noller Graben in den Süßbach eingeleitet werden kann“, erklärt von Axleben.

Reinigen und prüfen unter fließendem Betrieb

Die parallel liegenden Kammern werden nacheinander gereinigt und geprüft, damit das Wasser währenddessen weiterhin durch eine Kammer geleitet werden kann. Dammbalken kommen zum Einsatz, um den Zulauf abzusperren. Dann wird das Wasser aus der Dükerkammer wieder in das vorgeschaltetes Regenrückhaltebecken gepumpt, um den Süßbach nicht zu überlasten. Das Rückhaltebecken ist dazu da, das Wasser von der Autobahn aufzufangen und zu reinigen, bevor es über ein zweites Becken in den Düker gelangt und in den Süßbach eingeleitet wird.

Ist die Kammer leergepumpt und der Schlamm abgesaugt, werden die Bauwerkswände mit einem Hochdruckreiniger gesäubert und sind nun zur Prüfung bereit.

„Hier gehen wir aus Sicherheitsgründen nur zu zweit rein“, erklärt Peter Beuers, Bauwerksprüfer bei der Autobahn Westfalen. Der Abstieg in den Düker tief unter der Erde ist auch für den Spezialisten etwas Besonderes. „Das ist nicht unser tägliches Brot. Aber der Düker ist ein ähnlich langer und dunkler Schlauch wie der Hohlkasten eines Brückenbauwerks auch. Zwar ohne Fledermäuse, dafür mit viel Schlamm und Dreck“, lacht Beuers. Ausgerüstet mit LED-Strahlern, die das Bauwerk taghell ausleuchten, wird es nun Röhre für Röhre auf Risse und undichte Stellen in den Fugen oder rostige Stellen in der Bewehrung untersucht. Diese handnahe Hauptprüfung steht, wie bei Brücken auch, alle sechs Jahre an.

Der Düker in Dissen ist der größte von zehn Dükern in der Niederlassung Westfalen und der einzige, der mit einer Höhe von zwei Metern begehbar ist und unter einem Tunnel hindurchführt. Die regelmäßige Reinigung ist auch wichtig, um die ordnungsgemäße Funktion der Rohrleitung sicherzustellen und Probleme wie Rückstau oder Überflutungen zu verhindern.

Funktion des Dükers

- Für die Entwässerung des Tunnels sowie der L94 wird das Wasser in ein Regenrückhaltebecken in Nähe des Dükers geleitet. Hier wird das Wasser zum ersten Mal von Verunreinigungen befreit. Diese setzen sich im Schlamm ab. Die Tauchwand im Becken hält die Stoffe zurück, die an der Wasseroberfläche schwimmen. Das saubere Wasser wird unter der Tauchwand hindurchgeleitet. Das Regenrückhaltebecken wird regelmäßig unterhalten und entschlammt, damit diese Funktion erhalten bleibt.

- Das saubere Wasser gelangt anschließend in ein zweites Regenrückhaltebecken. In diesem Biotop findet keine Unterhaltung mehr statt, damit sich Flora und Fauna frei entwickeln können. Hier dienen zum Beispiel das Schilf und dessen Wurzeln als natürlicher Bodenfilter. Das Wasser kann so langsam im Boden versickern und wird gefiltert in das Grundwasser abgegeben. Das Wasser, das nicht im Boden versickert, wird durch den Düker geleitet und auf der anderen Seite in den Süßbach sauber abgegeben.

- Die Mittlere Kammer ist die Hauptkammer, durch die die Größte Wassermenge durchgeleitet wird. Kommt es zu starken Regenfällen, wie etwa im vergangenen Winter, staut sich das Wasser in der mittleren Kammer auf. Ab einer gewissen Höhe wird das Wasser in die linke und rechte Kammer abgeleitet, wodurch eine erhebliche größere Menge an Wasser durch den Düker geleitet werden kann, ohne dass es in dem Biotop oder dem Regenrückhaltebecken zu Rückstau des Wassers bzw. Hochwasser kommen kann.

Autor:

Siegfried Schönfeld aus Marl

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