Skulpturenmuseum Glaskasten Marl: Videokunst-Ausstellung spiegelt Geschichte der Ukraine wider

Das Bild zeigt die ukrainische Kuratorin für Gegenwartskunst Kateryna Ray und Museumsdirektor Georg Elben.

© Stadt Marl / Pressestelle
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Das  Skulpturenmuseum  eröffnet am Sonntag (3.11.) die neue Videokunst-Ausstellung zur Geschichte der Ukraine im Skulpturenmuseum Marl. Die Schau wurde von der ukrainischen Kuratorin für Gegenwartskunst Kateryna Ray und Museumsdirektor Georg Elben zusammengestellt. Sie ist die letzte große Ausstellung im Übergangsquartier an der Martin-Luther-King-Schule. Beginn ist um 12 Uhr. Interessierte sind herzlich eingeladen.

Werke in Venedig, São Paulo und New York ausgestellt

Die neue Ausstellung umfasst eine Auswahl von Werken, die zuvor die prestigeträchtigen Biennalen in Venedig und São Paulo bereichert haben und Bestandteil der Sammlungen angesehener Institutionen wie dem Museum of Modern Art (MoMA) in New York sind. „Die ausgewählten Videos repräsentieren eine ganze Ära in der Entwicklung der Ukraine während des Übergangs von der Sowjetunion zur Unabhängigkeit im Jahr 1991“, berichtet Museumsdirektor Georg Elben. „Wir sind sehr stolz, diese einzigartige Ausstellung hier in Marl organisieren zu dürfen.“

Global wirkende Perestroika

Zum Hintergrund: In den 1980er und 1990er Jahren erlebte Europa bedeutende ideologische, geopolitische und wirtschaftliche Veränderungen, begleitet von Transformationen in allen sozialen und kulturellen Bereichen. Der Übergang von der totalitären Sowjetunion zur demokratischen Welt, von einer kommunistischen Realität zum Kapitalismus, war geprägt von der global wirkenden Perestroika. Die weitreichenden Reformen ermöglichten den Umbau des vorherigen politischen Systems, das Neudenken des Individuums als Bürger, seiner Rechte und Freiheiten sowie einen Bewusstseinswandel im kulturellen Bereich.

Suche nach individueller Identität

Die Ausstellung „Transformation. Die Geschichte der Ukraine in der Video-Kunst der 1990er- und 2000er-Jahre“ im Skulpturenmuseum in Marl zielt darauf ab, dem deutschen Publikum ein größeres Verständnis für die politischen, sozialen und wirtschaftlichen Bedingungen des komplexen Übergangsjahrzehnts in der Ukraine zu vermitteln, die sich in der Videokunst dieser Zeit spiegeln. Die Zeit nach dem Ende der Sowjetunion ist geprägt von Zerstörung und Transformation sowie neuen Möglichkeiten: Orientierungslosigkeit und das Gefühl von Freiheit prägte das Leben der Menschen gleichzeitig, wie auch die Umstrukturierung des gesellschaftlichen Bewusstseins und die Suche nach individueller Identität.

Begegnung mit westlichen Einflüssen

Künstlerinnen und Künstler begannen nach dem Fall des „Eisernen Vorhangs – insbesondere ab 1988, als die Regierung private Reisen ins Ausland erlaubte – am interkulturellen Dialog teilzunehmen und begegneten verstärkt westlichen Einflüssen. Sie erhielten neue und starke Impulse zur Entwicklung eigener kultureller Identitäten. Die bildende Kunst veränderte sich sowohl in Bezug auf ihre technischen Mittel als auch in der Themenwahl und deren narrativer Umsetzung.

Künstlerisches Leben in der Ukraine

In den 1990er Jahren entstand in der Ukraine ein intensives künstlerisches Leben, geprägt von zahlreichen Kollektiven, die Alternativen zur staatlichen Kunstinfrastruktur nutzten (Galerien, private Sammlungen, besetzte Häuser und unabhängige Publikationen). Einflussreiche neue Institutionen wie die Soros-Stiftung wurden in Kyiw und Odesa gegründet. Auch das Goethe-Institut, das Polnische wie auch das Französische Institut in Kyjiw wurden eröffnet.

"Neue Welle“ in der ukrainischen Kunst

Ausländische Kuratoren fingen an, sich für die zeitgenössische Kunstszene in der Ukraine zu interessieren, darunter Achille Bonito Oliva (Italien), Harald Szeemann (Schweiz) oder Jerzy Onuch (Polen). Beobachter begannen von einer „Neuen Welle“ in der ukrainischen Kunst zu sprechen, die beeinflusst war von den Vorgängen in dieser Zeit: Die Tschernobyl-Katastrophe, der Zusammenbruch des Sowjetimperiums und der Fall der Berliner Mauer waren Meilensteine einer historischen Entwicklung und werden in den Videos der neuen Ausstellung im Marler Museum thematisiert.

Themen der Ausstellung

Gegliedert in mehrere konzeptionell-typologische Blöcke, präsentiert die Ausstellung ein reichhaltiges Geflecht von Themen, die sich mit sozialen Erfahrungen, psychedelischer Kunst (nicht eindeutig definierte Stilrichtung der Gegenwartskunst), medialer Reflexion und politischer Kritik befassen. Die einzelnen Räume behandeln folgende Themen:

Soziale und politische Veränderungen

Eine Erkundung der politischen und historischen Narrative, für die die Videokunst ein bildmächtiges und gleichzeitig differenziertes Medium ist.

Sakrale Gefühle, Religion und Kitsch

Eine Reflexion über die spirituelle Entwicklung der ukrainischen Gesellschaft in einer Übergangszeit.

Dunkle Räume, private Spiele, Obsessionen

Eine Untersuchung von Sexualität, weiteren Formen von physischen Erfahrungen sowie die künstlerische Beschäftigung mit körperlichen Behinderungen.

Experimentelle bewegte Bilder

Medienhybride Praktiken zwischen Realität und Illusion.

Beteiligte Künstlerinnen und Künstler:

Max Afanasyev (TOTEM), Andrij Bojarov, Oksana Chepelyk, Oleksii Degtyar (Spitzname Maket), Victor Dovhalyuk (AKUVIDO), Natalia Filonenko, Anatoliy Gankevich, Oleksandr Hnylytskyi, Illya Isupov, Gleb Katchuk, Olga Kashimbeckova, Oleg Kharchenko, Ute Kilter, Hanna Kuts (AKUVIDO), Alfred Maksimenko, Maxim Mamsikov, Ihor Podolchak, Kiril Protsenko, Oleksandr Roitburd, Arsen Savadov, Georgii Senchenko, Ivan Tsupka, Lesja Zajac, Mykola Zhuravel.

Autor:

Siegfried Schönfeld aus Marl

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