Ruhrfestspiele: Becker und Brückner in Bestform
Es war nicht Kabarett-Meister Hagen Rether oder Hollywood-Star John Malkovich, nein: Ben Becker schaffte es als erster der beginnenden 65. Ruhrfestspiele, das komplette Publikum von den Stühlen zu reißen. Der Erfolg brachte dem Charaktermimen mit Hang zu privaten Exzessen glatt zum Heulen.
Es ist ja nun auch wirklich nicht selbstverständlich. Man erinnere sich: Bei seinem letzten Gastspiel im Rahmen der Ruhrfestspiele hatte Ben Becker in der Rolle des Kowalski in „Endstation Sehnsucht“ alles andere als eine gute Leistung gezeigt.
Vorbei, vergeben und vergessen: Sein düster-melancholischer und doch auch lebensbejahender Doppelschlag „Todesduell“ von John Donne und „Große Elegie an John Donne“ von Literatur-Nobelpreisträger Joseph Brodsky hatte eine solche Wucht, dass man Gänsehaut spürte. Mitten im Leben sind wir vom Tod umfangen, müssen das Leben aber auch leben - so die Botschaft.
Ben Becker brach am Ende seiner bestimmt anstregenden Performance, zu der auch gehörte, dass er nackt die Bühne verließ, hemmungslos in Tränen aus, weil das Publikum ihn so begeistert gefeiert hatte.
Applaus kennt der Mann mit der sonoren Stimme auch außerhalb der Bühne - wenn er wieder in Recklinghausens Szenekneipe Drübbelken spontan auf einen Tisch steigt und zu deklamieren beginnt.
Wunderbar, nahezu ausverkauft und von magnetischer Wirkung war die Lesung von Christian Brückner. Im Auftrag der Ruhrfestspiele las er aus Casanovas Erinnerungen - musikalisch kongenial begleitet von seinem Sohn Kai (Jahrgang 1969), der seine Eigenkomposition auf der Gitarre spielte. Christian Brückners Vortragskunst ist ein Genuss.
Könnte er sich vorstellen, selbst den Casanova zu spielen, fragte ihn der Stadtspiegel. „Wenn das Stück gut ist. ,The Giacomo Variations‘ mit John Malkovich haben mich nicht vom Hocker gerissen.“
Die Rolle seines Lebens hat er schon: „The Voice“ ist wohl Deutschlands gefragtester Synchronsprecher und gibt zusammen mit seiner Frau Hörbücher heraus, die mit Preisen überschüttet werden.
Autor:Kerstin Halstenbach aus Emmerich am Rhein |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.