Grimme Online Award 2024 in Marl verliehen

Foto:  Bild: Grimme Institut
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Im Beisein von rund 150 Gästen wurde  gestern  der Grimme Online Award in Marl verliehen – erstmals im Grimme-Institut. Es war eine  Premiere, nachdem der renommierte Preis für publizistische Qualität im Netz dreiundzwanzigmal „außer Haus“ vergeben wurde.

Aus knapp

tausend Einreichungen

wählte die Jury des Grimme Online Award die acht besten Angebote. Verliehen wurde zum ersten Mal auch ein Sonderpreis „Künstliche Intelligenz“. Und selbstverständlich wurde auch der Gewinner des Publikumsvotings gekürt.

Auszeichnungen

erhielten Online-Angebote etablierter Medienhäuser, aber auch „kleinere“ Anbieter nutzten ihre Chance, selbst wenn sie vielfach ohne Redaktion und gestalterisch-technischen Support auskommen (müssen). Sie alle konnten die Jury überzeugen durch publizistische Relevanz und Informationstiefe, teils überraschende, immer wieder vielfältige Perspektiven auf unsere Gesellschaft sowie eine vorbildliche, netzspezifische Gestaltung ihrer Angebote.

Durch den Abend führte die Radio- und TV-Moderatorin Anja Backhaus, Laudator*innen an diesem Abend waren Schauspieler Armin Rohde, Stephan Anpalagan, Strategieberater, Journalist, Musiker und in diesem Jahr auch Juryvorsitzender, Marie Lina Smyrek, die als Comedy-Autorin aktiv ist und im vergangenen Jahr mit ihrem TikTok-Kanal „smypathisch“ einen Grimme-Preis gewinnen konnte, Digitalexpertin Schiwa Schlei, Leiterin der Radio-Marken 1Live und Cosmo sowie Dr. Sarah Brasack, stellvertretende Chefredakteurin des „Kölner Stadt-Anzeigers“, die im Juni vergangenen Jahres vom „Medium Magazin“ – gemeinsam mit KStA-Ex-Chefredakteur Carsten Fiedler – in der Kategorie „Chefredaktion Regional“ mit dem ersten Platz ausgezeichnet wurde. Eine weitere Laudatio hielt Landrat Bodo Klimpel für die Stiftung Jüdisches Museum Westfalen, sie wurde 1999 mit Hilfe der Landesregierung NRW gegründet und wird getragen vom Kreis Recklinghausen und weiteren Institutionen.


Ein genauerer Blick

auf die prämierten Angebote zeigt, […] der Schwerpunkt liegt in diesem Jahr deutlich auf historischen Themen (und ihrer Bedeutung in einer Zeit, in der Gesellschaft und Öffentlichkeit zunehmend von Populismus und menschenfeindlichen Tendenzen geprägt werden)“, heißt es im Bericht aus der Jury.

Zu solchen Angeboten zählt etwa das Verbundprojekt „#LastSeen. Bilder der NS-Deportationen“ diverser namhafter Institutionen – ein Bildatlas, der historische Fotografien der Deportationen von Jüdinnen und Juden, Sinti*zze und Rom*nja sowie kranker und behinderter Menschen aus dem Deutschen Reich von 1938 bis 1945 sammelt. „Die historischen Fotografien aus 33 Orten in Deutschland zeigen nicht nur deportierte Menschen, sondern teils auch Beamte der ‚Sicherheitspolizei‘ oder Zuschauende und geben der alltäglichen Brutalität der Deportationen durch Kartenfunktion und Detailinformationen eine selten erreichte Unmittelbarkeit.“ Außerdem in der Kategorie „Wissen und Bildung“ ausgezeichnet wurde der TikTok-Kanal „keine.erinnerungskultur“ von Susanne Siegert: Sie schaffe es als „Einzelkämpferin“, einen „sehr gegenwartsbezogenen Zugang zu den Verbrechen der Nationalsozialisten“ herzustellen, lobt die Jury.

Ein Preisträger in dieser Kategorie konnte an diesem Abend seinen Preis nicht persönlich entgegennehmen: Der Macher des Instagram-Kanals „Robinga Schnögelrögel“, der Hobbygärtner und „Plantfluencer“ Robin König. Er spricht – häufig in der Kulisse seines eigenen Gartens – über Artenvielfalt und Biodiversität und klärt über das Zusammenspiel von Insekten und Futterpflanzen auf. Und das, so zeigt er mit seinem Angebot, kann auch sehr unterhaltsam sein.

Einen

Preis in der Kategorie „Kultur und Unterhaltung“

erhielt das Online-Archiv des Satire-Magazins „Het Onderwater-Cabaret“, das einen Einblick in die Gedankenwelt und den Humor von Curt Bloch ermöglicht, der in der NS-Zeit in den Niederlanden untergetaucht war. „Es sind einzigartige und ironische wie erschreckende Dokumente, die in mühevoller Kleinarbeit auf Initiative seiner Familie online zugänglich gemacht und teils vertont wurden“, so die Jury. Ein weiterer Preis in dieser Kategorie ging an die „Library of Lost Books“ über die Bibliothek der Berliner Hochschule für die Wissenschaft des Judentums und ihre geraubten Bücher – „ein vielschichtiges, lehrreiches Angebot, das zahlreiche Interaktions­möglichkeiten bietet, allerdings ohne zu überfordern“, so die Jury.

Andere Schwerpunkte

finden sich in der Kategorie „Information“. Hier dominieren vorbildliche Recherchen, etwa bei „Europäische Waffen, amerikanische Opfer“: Der Tagesspiegel verfolgt hier in Zusammenarbeit mit dem ZDF Magazin Royale die Wege der bei Mass Shootings in den USA verwendeten Waffen zurück zu Unternehmen in deutschen und österreichischen Kleinstädten. Die Jury hebt hervor: „Das Angebot überzeugte mit seiner visuellen Aufbereitung ebenso wie mit der Idee und Umsetzung.“ Über gleich zwei Preise kann sich in diesem Jahr netzpolitik.org freuen: In der Kategorie Information erhalten sie einen Grimme Online Award für die Podcastreihe „Systemeinstellungen“, in der Kategorie „Spezial“ eine weitere Auszeichnung zusammen mit dem Bayerischen Rundfunk für die „Databroker Files“, „weil hier ein netzspezifisches Thema durch die umfangreiche Analyse eines riesigen Datensatzes anschaulich auf die Ebene einzelner Nutzer*innen heruntergebrochen wurde“, so die Jury.

Zum ersten Mal wurde in diesem Jahr auch ein Sonderpreis

„Künstliche Intelligenz“

verliehen, übergeben durch Medienminister Nathanael Liminski. Er ging an den Podcast „In 5 Tagen Mord – Die Krimi-Challenge mit KI“ des Bayerischen Rundfunks (BR 2). „Dieser Podcast beleuchtet das Thema KI aus einer außergewöhnlichen Perspektive“, so Liminski in seiner Laudatio. Fast beiläufig werden Grenzen und ethische Fragen diskutiert, wie etwa: „Darf man die Stimme eines Toten nutzen? Was bedeutet Kreativität einer KI? Was macht Autorenschaft aus? In der letzten Folge entsteht ein professionell anmutendes Krimi-Hörspiel, ein Ergebnis, das sich hören lassen kann, auch wenn hier vor allem der Weg das Ziel war“, so Liminski weiter. Und die Sonderpreis-Jury begründet ihre Entscheidung: „Ein außergewöhnliches Experiment. Zunächst die großartige Idee der Podcast-Macher*innen, das so überaus beliebte Krimi-Genre dafür zu nutzen. Überragend witzig, unterhaltsam und nahbar meistern die Hosts Janina Rock und Christian Schiffer diese Herausforderung und vermitteln fast nebenbei auch Wissen über technologische Grundlagen Künstlicher Intelligenz.“

Autor:

Siegfried Schönfeld aus Marl

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