„Werdet meine Zweitzeugen!“
Eva Weyl, eine Überlebende des Holocaust, zu Gast an der Willy-Brandt-Gesamtschule
Kürzlich besuchte die 83-jährige Holocaust-Überlebende Eva Weyl die Schüler der Jahrgangsstufen 9 und 11 der Willy-Brandt-Gesamtschule Marl und berichtete von ihrer beeindruckenden Überlebensgeschichte des Holocaust.
Frau Weyl wurde 1935 geboren und lebte in den Jahren 1942 bis 1945 im niederländischen Konzentrations-Sammellager Westerbork, von wo aus fast alle dort gefangen gehaltenen Juden in Vernichtungslager deportiert wurden. Bewegend schilderte Frau Weyl die Geschichte ihrer Familie. Es musste alles ganz schnell gehen im Januar 1942. Die jüdische Familie Weyl, die schon 1933 aus Deutschland in die Niederlande geflohen war, packte zusammen. Nur das, was sie tragen konnte, durfte mit. Alles andere musste zurückgelassen werden. Die Diamanten nähte ihre Mutter kurzerhand in den Wollmantel der kleinen Eva Weyl, die nicht viel von der Aufregung verstand. Sie war gerade sechs Jahre alt, als sie mit ihren Eltern ins KZ-Sammellager Westerbork gebracht wurde, kurz vor der deutschen Grenze.
Besonders eindrücklich schilderte Frau Weyl dabei den „perfiden schönen Schein“, der im Lager herrschte: Um die Transporte in die Vernichtungslager im Osten möglichst reibungslos zu gestalten, sorgte der Kommandant Konrad Gemmeker für vergleichsweise gute Zustände. So gab es ein Krankenhaus, ein Orchester oder ein Theater. Dass es sich bei dem Lager lediglich um eine Zwischenstation auf dem Weg in die Vernichtungslager handelte, musste auch die Zeitzeugin erleben: Dreimal entkam sie mit ihrer Familie nur knapp dem Transport Richtung Osten.
„Ihr seid nicht schuldig, aber ihr habt Verantwortung!“
Frau Weyl betonte mit Nachdruck, dass sie mit ihrer Geschichte nicht die heutigen Schülerinnen und Schüler anklage, sondern die Erinnerung wachhalten wolle. Gerade vor dem Hintergrund aktueller Entwicklungen müsse sich auch die gegenwärtige Schülergeneration der Vergangenheit bewusst sein und Verantwortung für die Zukunft übernehmen. Bald werde es keine Zeitzeugen des Holocaust mehr geben; sie – die Schülerinnen und Schüler – seien dann „Zweitzeugen“, die mit der eigenen politischen und gesellschaftlichen Zukunft verantwortungsvoll umgehen müssen.
Im Anschluss nutzten die Schüler die Gelegenheit, Fragen an Frau Weyl zu stellen.
Autor:Lokalkompass Marl aus Marl |
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