BÜRGERSTIFTUNG ERKLÄRT STRAßENNAMEN
Erich Klausener: von Marlern geliebt, von Nazis ermordet
Er war Jurist, Landrat, Ministerialdirektor, Leiter im Innenministerium und später im Visier Adolf Hitlers: Dr. Erich Klausener. Die Marler Bürgerstiftung enthüllte nach einer kurzen Sommerpause gleich fünf neue Schilder zu Ehren des Mannes, der für seine Werte und Überzeugungen vor genau 100 Jahren sterben musste.
Erich Klausener wurde 1885 in Düsseldorf geboren und promovierte später in den Rechtswissenschaften. In einen ersten Kontakt mit Recklinghausen kam Klausener als er 1906 Alfred Drissen, Sohn eines hohen Bergbaubeamten von Zeche „General Blumenthal“, kennenlernte. Es ist überliefert, dass Klausener nach Schilderungen Drissens über dessen Heimat gesagt haben soll: „Gehen Sie mir doch weg mit ihrem Recklinghausen, dass ja eigentlich Schrecklinghausen heißen müsste, weil sich dort die Leute für einen Liter Schnaps gegenseitig totschlagen.“
Doch ausgerechnet in dieses Recklinghausen kam Erich Klausener 1919 nach mehreren Zwischenstationen, um im schon damals größten Landkreis Deutschlands als Landrat die Regierungsgeschäfte zu übernehmen.
Projektleiter Matthias Pothmann hat sich intensiv mit dem Leben und Wirken Klauseners auseinandergesetzt. Er berichtet: „Zwar waren es am Ende nur fünf Jahre als Landrat, doch seine Amtszeit hat bis heute hier im Kreis bedeutende Spuren hinterlassen. Auf ungewöhnlich vielen Gebieten gestaltete Klausener das soziale, wirtschaftliche und kulturelle Leben im Vest. Mir als Historiker ist natürlich besonders sein Engagement um die Lokalgeschichte wichtig. Klausener ist der Begründer des bis heute erscheinenden Vestischen Kalenders, einem Buch mit Beiträgen zur Geschichte, Mundart und Kultur hier im Kreis.“
Erich Klausener galt im Volk als empathischer, nahbarer und besonders sozialeingestellter Landrat. Er stellte einen orthopädischen Facharzt ein, der in allen Kreisstädten niederschwellig für Rat und Behandlungen vor Ort sein sollte und richtete ebenso Vorsorgestellen ein für Tuberkulose, Säuglingsversorgung und Mütterberatung. Klausener gründete die Vestische Kinderheim GmbH mit einem Haus auf Norderney, weitete das Straßenbahnwesen beträchtlich aus, ließ neue Lippebrücken bauen, war Mitbegründer der Kreisbank AG und Förderer der Landwirtschaft, u.a. durch den Bau einer zweiten Landwirtschaftsschule in Dorsten.
Pothmann weiter: „Erich Klausener lag seine „Dienstheimat“ sehr am Herzen. Weil er sich während der Ruhrbesetzung 1923 für seine Bevölkerung einsetzte und nicht Willens war, sich dem Diktat der belgischen und französischen Besatzung zu beugen, wurde er zu 60 Tagen Gefängnis verurteilt und zeitweise aus seinem eigenen Kreisgebiet ausgewiesen.“
Seine loyale Haltung gegenüber dem Staat sowie seine herausragende Arbeit beförderten ihn nach Berlin. Dort wurde Klausener mit einem sehr bedeutenden Amt betraut, nämlich Leiter der polizeilichen Abteilung im preußischen Innenministerium zu werden. Die Polizei war für ihn ein Garant staatlicher Macht, weswegen er sie konsequent gegen links- wie rechtsradikale Kampfverbände wie die SA einsetzen ließ. Als führender Teil der „Katholischen Aktion“ in Berlin sprach sich Klausener in einer öffentlichen und viel beachteten Rede gegen die Weltanschauung der NSDAP aus.
Matthias Pothmann sagt, dass mit der zunehmenden Machtfülle der Nationalsozialisten Klausener immer mehr ins Visier Hitlers geriet. Klausener sei für das Regime als potenziell gefährlich eingestuft worden. In einer heimtückischen Aktion wurde Erich Klausener am 30. Juni 1934 in seinem Dienstzimmer von SA-Männern durch einen Kopfschuss ermordet. Pothmann: „Sein Mord wurde im Zuge des sog. Röhm-Putschs vollführt, der nichts anderes war als eine mörderische Säuberungsaktion, um sich aller politischen und intellektuellen Gegnern zu entledigen. Klausener starb, weil sein Wort etwas galt und er seine Überzeugungen nicht verriet. Er war eines der ersten Opfer des Dritten Reichs.“
In vielfältiger Weise wurde bereits an Erich Klausener erinnert, u. a. tragen einige Schulen seinen Namen. Auch die Post brachte bereits eine Gedenkbriefmarke heraus. Vorsitzende Uta Heinrich führte bei der Enthüllung aus: „In Marl beschloss der Stadtrat kurz nach Kriegsende die Umbenennung der früheren Hindenburgallee in „Dr.-Klausener- Straße“. Diese Form der Ehrung ist wichtig, da sein Wirken und auch sein Opfer uns ermutigen und mahnen, Eigeninitiative zu ergreifen und für das einzutreten, was uns wichtig ist. Obwohl schon 2008 der Rat beschloss, hier erklärende Schilder anzubringen, ist dies in 16 Jahren nie passiert. Nun füllen wir als Bürgerstiftung die Erinnerung an Erich Klausener im 100. Todesjahr wieder mit Leben. Sein Vermächtnis lassen wir nicht in Vergessenheit geraten.“
Autor:Pasch Gregor aus Marl |
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