"Durch Nacht zum Licht?" die Geschichte der Arbeiterbewegung auf der Zeche Zollern
Vor gut 150 Jahren schlug mit der Gründung des Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins die Geburtsstunde der organisierten Arbeiterbewegung. Die Ausstellung "Durch Nacht zum Licht?" erinnert an die Anfänge und zeigt außerdem, wie sich die Arbeitswelt seither verändert hat. Die Ausstellung ist vom 13. März bis 18. Oktober im LWL-Industriemuseum Zeche Zollern in Dortmund zu sehen. Dort sind über 500 Exponate - vom Gehrock von Karl Liebknecht bis zum Industrieroboter.
Die Arbeiterbewegung hat das Ruhrgebiet und Westfalen nachhaltig geprägt. Viele Ideen und Forderungen, für die damals so vehement gekämpft wurde, sind für uns heute fast selbstverständlich und ein fester Bestandteil des Sozialstaates geworden.
"Durch Nacht zum Licht?"
Die Schau "Durch Nacht zum Licht?" gibt in einem chronologischen Rundgang einen Überblick über die gesellschafts- und sozialpolitische Entwicklung der letzten 200 Jahre, nimmt aber auch die Lebensbedingungen der Arbeiter sowie deren reichhaltige Kultur mit eigenen Vereinen und Genossenschaften in den Fokus.
Die Arbeiterbewegung wurde in Deutschland bis gegen Ende des 19. Jahrhunderts ausgegrenzt und unterdrückt, fand jedoch seit dem Kaiserreich nach und nach ihren Weg in die Mitte der Gesellschaft. "Im Ruhrgebiet fassten Organisationen der Arbeiterbewegung erst spät Fuß. Die Schachtanlagen und Hüttenwerke entstanden nördlich der Ruhr auf der grünen Wiese. Sie beschäftigten Arbeiter aus den umliegenden landwirtschaftlichen Gebieten, die sich dem Regime der Zechen- und Schlotbarone unterordneten", erklärt Dr. Anne Kugler-Mühlhofer, Leiterin der Zeche Zollern. So wurde erst in Folge des großen Bergarbeiterstreiks, der sich 1889 wie ein Flächenbrand im Revier ausbreitete, eine Gewerkschaft gegründet, die dauerhaft Bestand hatte. Aus dieser Zeit stammt auch der Titel der Ausstellung: "Durch Nacht zum Licht" ist eine Verszeile aus einem internationalen Knappenlied, das der Arbeiterdichter Heinrich Kämpchen anlässlich der Streiks dichtete.
Heute ist die Arbeiterbewegung nach wie vor ein wichtiger Mitgestalter des Sozialstaates. Sie muss angesichts neuer Entwicklungen jedoch ihre gesellschaftliche Rolle und Relevanz neu bestimmen. War im 19. Jahrhundert der Wandel von der Hand- zur Maschinenarbeit eine grundlegende Erfahrung vieler Arbeiter, werden die Arbeitsplätze in der Bundesrepublik von heute durch die Globalisierung ebenso beeinflusst wie durch die Digitalisierung.
Besucher können in der Ausstellung am Beispiel verschiedener Branchen nachvollziehen, wie sich die Arbeitsbedingungen verändert haben. So sind etwa die Mechanisierung der Schneiderarbeit und der Bergarbeit, die Anfänge der Fließbandfertigung sowie ein Call-Center-Arbeitsplatz au heutiger Zeit zu sehen.
Insgesamt zeigt das LWL-Industriemuseum auf 800 Quadratmetern Ausstellungsfläche über 500 Exponate von mehr als 70 Leihgebern, darunter einen vom gelernten Drechsler August Bebel selbst gefertigten Türknauf, die Totenmaske von Ferdinand Lassalle, den Haftbefehl gegen Erich Honecker und eine Guy-Fawkes-Maske, die durch die Occupy-Bewegung und die Internetbewegung "Anonymous" bekannt wurde.
In der Ausstellungsgestaltung kommen Baugerüste und Zahnräder zum Einsatz, die Aufstieg und Krise der industriellen Arbeit in einer sich auf- und wieder abbauenden Maschine symbolisieren. "Damit wird deutlich, dass die Arbeiterbewegung vor allem als ein Prozess zu verstehen ist, der nie zum Stillstand oder gar einem Ende kommt", erläutert Kugler-Mühlehofer.
Autor:Siegfried Schönfeld aus Marl |
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