Digitale Vortragsveranstaltung, die Geschichte der Lohntüte
Was sind Lohntüten? Die ältere Generation wird sich an die Bezeichnung vielleicht noch erinnern, die Wenigsten werden ihren Lohn oder ihr Gehalt aber tatsächlich noch Woche für Woche freitags bar in einer kleinen Papiertüte erhalten haben. Das Geld von den Arbeitgeber:innen wird heute bequem auf Giro-Konten überwiesen, von dort kann es abgehoben oder via Karte direkt ausgeben werden. Bernd Thier, Mitglied der Kommission Alltagskulturforschung beim Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL), berichtete in einem Vortrag im Internet anhand einer über Jahrzehnte aufgebauten umfangreichen Sammlung über die Vielfalt und vor allem über die Probleme der damaligen Auszahlungsmethoden.
Historisch betrachtet ist die Zeit der Lohntüten aber gar nicht so lange vorbei: Zwischen etwa 1890 und 1960 waren die "Lohndüten", wie sie zunächst genannt wurden, eines der wichtigsten Hilfsmittel, um Millionen von Arbeitern und Arbeiterinnen wöchentlich ihren verdienten Lohn auszuzahlen. Milliarden solcher Tüten wurden in dieser Zeit von unzähligen Druckereien für kleinste Handwerksbetriebe oder riesige Firmenkonsortien hergestellt und zur Lohnzahlung verwendet. Heute sind nur sehr wenige davon erhalten.
"An den mitunter unscheinbaren Papierbelegen lassen sich die großen Epochen der neueren deutschen Geschichte, Aspekte der Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, aber auch viele kleine persönliche Geschichten und Schicksale einzelner Menschen ablesen", gibt Thier einen Vorgeschmack auf den digitalen Vortrag. "Lohntüten waren natürlich auch ein Medium, über das jede Woche Millionen Menschen am langersehnten Zahltag erreicht wurden. Ihnen konnte man via Tüte Werbung für Tabak, Fernsehgeräte, Automobile, Immobilien und Bausparverträge, menschenverachtende NS-Propaganda, Bilder zur Unfallverhütung und sogar Gedichte nahebringen," ergänzt er.
Autor:Siegfried Schönfeld aus Marl |
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