Bekanntgabe des 59. Grimme-Preises, Fernsehen im Jubiläumsjahr

Die Jurys des 59. Grimme-Preises haben entschieden. Insgesamt 16 Grimme-Preise sowie drei Sonderpreise werden am 21. April 2023 im Marler Theater vergeben. Es ist eine besondere Preisverleihung für das Grimme-Institut, das in diesem Jahr seinen 50. Geburtstag feiert. Moderator Jo Schück wird erneut durch die Preisverleihung führen.

„Wir blicken auf ein Jahr zurück, welches von Ereignissen geprägt ist, die den Menschen und der Gesellschaft viel abverlangen. Und wann diese multiplen Krisen bewältigt sein werden, ist heute noch nicht mal abzusehen“, so Grimme-Direktorin Dr. Frauke Gerlach. Gleichzeitig wüssten wir aber, dass wir in einer robusten und liberalen Demokratie mit freien Medien und kultureller Vielfalt leben. „Eine feste Größe ist dabei das Grimme-Institut, das seit fünf Jahrzehnten Impulse und Maßstäbe setzt, wenn es um die Qualität von Medien geht, egal auf welcher Plattform Inhalte verbreitet werden“, so Gerlach weiter, mit dem Grimme-Preis als „Kernbestandteil“ und noch längerer Tradition. Für das Hier und Jetzt freue sie sich, „mit unseren Auszeichnungen ein breites Spektrum an qualitativ hochwertigen Produktionen auszuzeichnen, die unser komplexes Heute auf so vorbildliche Art und Weise bearbeiten.“

Maren Kroymann

erhält in diesem Jahr die Besondere Ehrung des Deutschen Volkshochschul-Verbandes (DVV). „Maren Kroymann ist eine wahre Pionierin der deutschen Fernsehgeschichte“, so Annegret Kramp-Karrenbauer, Präsidentin des Deutschen Volkshochschul-Verbandes. „Als erste Frau bekam sie eine eigene Satiresendung in der ARD. Diese Bühne hat sie genutzt, um zu zeigen, dass Frauen im Fernsehen nicht nur Beiwerk sind, dass ihnen neben einer eigenen Stimme auch eine eigene Haltung zusteht. Mit dieser Botschaft, die ihr Wirken bis heute prägt, ist Maren Kroymann nicht nur eine Vorreiterin, sondern auch ein Vorbild für zukünftige Generationen von Medienmacherinnen“, so Kramp-Karrenbauer weiter.

Über die

Auszeichnung für die Besondere Journalistische Leistung

darf sich die Redaktion des Politmagazins „Kontraste“ (rbb) freuen, das von der Jury „für die kontinuierlichen investigativen Recherchen zu Randthemen des Rechtsradikalismus“ gewürdigt wird. Die Jury der Kategorie Information & Kultur zeichnet zudem weitere vier Produktionen aus. Der Dokumentarfilm „Atomkraft Forever“ (PIER 53 Filmproduktion für SWR/NDR) verfolgt die Debatte um Kernenergie, die seit der Energiekrise infolge des Krieges in der Ukraine erneut in den Fokus rückt. Bilder teils ungeheurer Zerstörung der ukrainischen Kleinstadt Butscha zeigt die Dokumentation „Die Story im Ersten: Leben nach Butscha – Trauma und Hoffnung“ (Wildfilms für WDR). Zwei weitere ausgezeichnete Produktionen befassen sich mit Widerstand: „The Other Side of the River” (Doppelplusultra Filmproduktion/Pink Shadow Films/Greenlit Productions OY für ARTE) begleitet eine kurdische Frau im autonomen Rojava, während der Dokumentarfilm „Unrecht und Widerstand – Romani Rose und die Bürgerrechtsbewegung“ (strandfilm/Navigator Film für ZDF/3sat) die Familie des Bürgerrechtlers Romani Rose und ihren Kampf gegen die Diskriminierung von Sinti und Roma portraitiert.

In der Kategorie Kinder & Jugend

werden drei Produktionen ausgezeichnet, die mitunter komplexe Themen für die junge Zielgruppe aufbereiten. Die Produktion „Sandmann-Rahmen: Recycling-Fahrzeug“ (ANDERTHALB Medienproduktion für rbb) widmet sich der Nachhaltigkeit, der TikTok-Kanal „smypathisch“ (whylder für funk) bereitet allgegenwärtige Themen satirisch und lustig auf, während die Autor*innen von „STRG_F bei den Taliban: Warum finden Menschen sie gut?" (NDR/funk) von der Jury einen Spezialpreis „für die differenzierte Auseinandersetzung mit der Situation in Afghanistan“ erhalten.

Vier Grimme-Preise

sowie ein Spezialpreis werden in der Fiktion verliehen. Zum 80. Jahrestag wurde mit „Die Wannseekonferenz“ (Constantin Television für ZDF) das historische Treffen verfilmt, auf dem die Funktionäre der Nationalsozialisten die „Endlösung der Judenfrage“ beschlossen. Das Drama „Im Feuer – Zwei Schwestern“ (Pallas Film/Match Factory Productions/View Master Films für ZDF/ZDF – Das kleine Fernsehspiel/ERT/ARTE) begleitet eine junge Bundeswehrsoldatin auf der Suche nach ihrer im Irak vermissten Schwester. Mit dem Rachefeldzug einer ehemaligen Stasi-Auftragsmörderin in „KLEO“ (Zeitsprung Pictures für Netflix) und dem Kontrollverlust eines kleinen Ortes in „Neuland“ (Odeon Fiction für ZDF) werden zudem zwei Serien ausgezeichnet. Einen Spezialpreis erhält Caroline Link für die herausragende Leistung, das Seelenleben von Kindern in „Safe“ (Claussen + Putz Filmproduktion für ZDF/ZDFneo) als handlungs- und spannungstragendes Erkenntniselement im Buch herauszuarbeiten und in der Regie mit den Kindern gemeinsam zu inszenieren.

Die Studierendenjury

zeichnet mit dem Horrorfilm „Schlaf“ (Junafilm für ZDF/ZDF – Das kleine Fernsehspiel) in diesem Jahr ebenfalls eine fiktionale Produktion aus. Der Publikumspreis der Marler Gruppe geht indes an die Serie „Zum Schwarzwälder Hirsch – eine außergewöhnliche Küchencrew und Tim Mälzer“ (Vitamedia Film für VOX), die zusätzlich auch einen der drei Preise aus der Kategorie Unterhaltung erhält. Hier überzeugte das „ZDF Magazin Royale“ (Unterhaltungsfernsehen Ehrenfeld für ZDF) mit journalistischer Recherche und unterhaltsamer Aufbereitung. In der doppelt ausgezeichneten Reihe „Zum Schwarzwälder Hirsch – eine außergewöhnliche Küchencrew und Tim Mälzer“ (Vitamedia Film für VOX) wird der Aufbau eines inklusiven Restaurants begleitet. Ein Spezialpreis für die Ensembleleistung geht an die „Fab Five“ von „Queer Eye Germany” (ITV Studios Germany für Netflix).

„Die Preisträger*innen der vier Kategorien sowie der Sonderpreise demonstrieren die Widerstandsfähigkeit, Vielfalt und Innovationskraft des deutschen Fernsehens. Insgesamt bilden die Auszeichnungen eine große Themenvielfalt ab, sie informieren uns, regen uns zum Denken und Handeln an“, so Grimme-Direktorin Gerlach. Aber sie stehen auch noch für mehr: „Die vorbildlichen Produktionen zeigen beispielhaft, worum es bei der aktuellen Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gehen muss“, so Gerlach. Die strukturelle Neuordnung des Systems sei kein Selbstzweck: „Vielmehr geht es um die Zukunftsfähigkeit und Akzeptanz des demokratiesichernden Auftrags des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Jeder Reformschritt sollte deshalb davon geleitet sein, diesem Ziel zu dienen.“

Autor:

Siegfried Schönfeld aus Marl

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