Am Bauhaus wurde Gleichberichtigung postuliert, gelebt wurde sie jedoch nicht

Porträt von Benita (Koch)-Otte (1892-1976),
Foto: Heinrich Koch (1896-1934),
© Kulturstiftung Sachsen-Anhalt, Kunstmuseum Moritzburg Halle (Saale), CC-BY-NC-SA
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  • Porträt von Benita (Koch)-Otte (1892-1976),
    Foto: Heinrich Koch (1896-1934),
    © Kulturstiftung Sachsen-Anhalt, Kunstmuseum Moritzburg Halle (Saale), CC-BY-NC-SA
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Der Internationale Frauentag am 8. März erinnert an den Kampf um Frauenrechte. Nach dem Ersten Weltkrieg erhielten Frauen in vielen Ländern erstmals die Möglichkeit, zu wählen. Die tatsächliche, auch gesellschaftliche Gleichstellung war (und ist) jedoch noch weit entfernt. Auch am Bauhaus wurde Gleichberichtigung postuliert - gelebt wurde sie jedoch nicht immer.

Am 8. März ist der Internationale Frauentag. Initiiert wurde er vor dem Ersten Weltkrieg von so berühmten Frauenrechtlerinnen wie Clara Zetkin. Sie forderten die politische und gesellschaftliche Gleichstellung von Mann und Frau. Mit der Weimarer Verfassung konnte zumindest die politische Gleichstellung verwirklicht werden: Darin wurden das aktive und passive Frauenwahlrecht festgeschrieben. Es ist mutigen Frauen (auch aus dem Westen) zu verdanken, die sich dafür einsetzten. Deren Biografien erforscht und präsentiert das vom Forum Geschichtskultur und Ruhr und Emscher mit Unterstützung des LWL-Industriemuseums getragenen Online-Portals Frauen.ruhr.Geschichte.

Damals begann sich auch der gesellschaftliche Status und der Selbstanspruch der Frauen zu verändern, jedoch nicht so radikal, wie man heute glaubt, wenn man an die Neue Frau der 1920er Jahre denkt. Die Ausstellung Mythos Neue Frau (17.2. - 17.11.2019) des LVR-Industriemuseum Tuchfabrik Müller thematisiert diesen Widerspruch zwischen Realität und Mythos. Gezeigt wird die Schau vom 29.3. bis zum 1.11.2020 auch im LWL-Industriemuseum TextilWerk Bocholt. Wie sich die Stellung der Frau auf dem Land veränderte, wird das LVR-Freilichtmuseum Lindlar mit der Sonderausstellung Neue Politik. Frauen auf dem Land ebenfalls ab März 2020 zeigen.

Auch das Staatliche Bauhaus, 1919 in Weimar gegründet, versprach ein gleichberechtigtes Miteinander von Männern und Frauen. Tatsächlich gab es im ersten Semester sogar mehr Studentinnen als Studenten. Schnell zeigte sich jedoch, dass die gängigen Geschlechterkonzeptionen der lehrenden Männer sehr traditionell waren. In der Realität stand den Frauen daher meist nur die Weberei-Werkstatt als Ausbildungsort offen. Berühmt ist Oskar Schlemmers Ausspruch: "Wo Wolle ist, ist auch ein Weib, das webt und sei es nur zum Zeitvertreib." Johannes Itten unterstellte Frauen sogar ein "zweidimensionales Sehen", daher sollten sie lieber in der Fläche arbeiten.

Einigen Frauen arrangierten sich mit diesem Schicksal und die Weberei bot ihnen die Möglichkeit, Großes zu leisten. Deren Leiterin wurde 1927 Gunta Stölzl. Auch Anni Albers entdeckte ihr Talent für das Weben. Ihr Werk hat die Kunstsammlung NRW (K 20) in Kooperation mit der Tate Modern, London schon im Sommer 2018 vorgestellt. Ebenfalls in die Weberei ging die aus Uerdingen stammende Benita Koch-Otte. Sie begann, zu experimentieren, ohne sich an die Regeln des Handwerks zu halten. Sie war maßgeblich an der Ausstattung des Hauses am Horn beteiligt, also dem Musterhaus, das im Rahmen der ersten Bauhaus-Ausstellung gebaut wurde.

Nach dem Weggang Gunta Stölzls besetzte der dritte und letzte Bauhaus-Direktor Ludwig Mies van der Rohe die Stelle mit seiner (beruflichen wie privaten) Partnerin Lilly Reich. Reich wurde oftmals nur als Mies Assistentin angesehen; wie groß ihr Anteil an seinem Schaffen allerdings tatsächlich war, hat das Forschungsprojekt Bauhaus und Industrie in Krefeld des Projekts mik e.V. herausgefunden. Deren Ergebnisse werden ab vom 7.4. bis zum 28.10.2019 in einem von Thomas Schütte gebauten Pavillon in Krefeld präsentiert.

Doch es gab auch Frauen, die in anderen Werkstätten reüssieren konnten. Ein sehr erfolgreiches Beispiel ist Marianne Brandt, deren geometrische Teekanne und Aschenbecher berühmt geworden und noch heute begehrte Design-Objekte sind. Ihre Entwürfe machten einen Großenteil der Modelle aus, die aus der Metallwerkstatt kamen: Erfolge, die niemand leugnen konnte!

Margarete Heymann-Loebenstein hatte es ungleich schwerer an die Werkstatt ihrer Wahl, nämlich die Keramik-Werkstatt zu gelangen. In einer Meisterratssitzung wurde sogar entschieden, vorerst keine Frauen mehr aufzunehmen. Frustriert verließ sie nach knapp einem Jahr das Bauhaus wieder und gründete 1923 mit ihrem Mann die kommerziell erfolgreichen Haël-Werkstätten. Ihrem Œuvre und dem ihrer Cousine widmet sich die Ausstellung 2 von 14. Zwei Kölnerinnen am Bauhaus des Museums für Angewandte Kunst Köln (MAKK) vom 12.4. bis 11.8.2019.

Die wenigen positiven Beispiele von Frauen am Bauhaus können also nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Männer am Bauhaus formal Frauen eine gleichgestellte Ausbildung ermöglichen wollten, ihnen dies in der Realität aber oftmals verweigerten. Damit steht das Bauhaus exemplarisch für die gesellschaftliche Stimmung in der Weimarer Republik.

Autor:

Siegfried Schönfeld aus Marl

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