Bundeskriminalamt : Gewaltkriminalität steigt im ersten Halbjahr 2023
Die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) zeigt im ersten Halbjahr 2023 einen Anstieg der Fallzahlen im Bereich Gewaltkriminalität um rund 17 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. In der PKS werden alle der Polizei bekannt gewordenen und durch sie endbearbeiteten Straftaten erfasst.
Anstieg der Gewaltdelikte vor allem im öffentlichen Raum
Eine Zunahme an Gewaltdelikten, bei denen eine Tatörtlichkeit erfasst wurde, ist vom ersten Halbjahr 2022 bis zum ersten Halbjahr 2023 vor allem im öffentlichen Raum und weniger im privaten Wohnraum zu verzeichnen. Beispielsweise sind die Fallzahlen von Gewaltdelikten auf öffentlichen Straßen und Plätzen um rund 14 Prozent im Vergleich zum ersten Halbjahr 2022 angestiegen. Beim privaten Wohnraum ist lediglich ein Anstieg von rund drei Prozent zu verzeichnen.
Woher kommt der Anstieg der Fallzahlen bei den Gewaltdelikten?
Die Kriminalitätsforscherinnen und -forscher des BKA haben drei zentrale Faktoren für den Anstieg der Fallzahlen identifiziert:
Erhöhte Mobilität bietet mehr Tatanlässe und -gelegenheiten
Während der Covid-19-Pandemie war die Mobilität stark eingeschränkt. Das heißt, die Menschen hielten sich generell mehr zuhause und im nahen Umfeld auf. Mit dem Wegfall der letzten coronabedingten Einschränkungen im Frühjahr 2023 sind die Menschen wieder mehr unterwegs; tendenziell verstärkt im öffentlichen Raum. Dadurch ergeben sich mehr Tatgelegenheiten und -anlässe. Das Vor-Corona-Niveau in Bezug auf die Mobilität wurde Ende 2022 jedoch noch nicht erreicht.
Wirtschaftliche und soziale Belastungen
Erstmals seit Jahren wird die Inflation in der Bevölkerung als wesentliches Problem wahrgenommen. Dies korreliert mit der Zahl der Gewaltdelikte. In ökonomisch schwächeren Regionen fallen die Fall- und Tatverdächtigenzahlen höher aus. Hinzu kommen Belastungen im sozialen Bereich. Insbesondere Kinder und Jugendliche haben mit erhöhten psychischen Belastungen als Folge der Corona-Maßnahmen zu kämpfen, was sich auch auf ihre Anfälligkeit, Straftaten zu begehen, auswirken kann.
Migration
Deutschland verzeichnet aktuell eine hohe Zuwanderungsrate. Dadurch steigt die Bevölkerungszahl an und der Anteil an Nichtdeutschen an der Gesamtgesellschaft nimmt zu. Es ist davon auszugehen, dass viele Schutzsuchende mehrere Risikofaktoren aufweisen, die Gewaltkriminalität wahrscheinlicher machen. Dazu gehören die Lebenssituation in Erstaufnahmeeinrichtungen sowie wirtschaftliche Unsicherheit und Gewalterfahrungen.
Fokus: Anstieg nichtdeutscher Tatverdächtiger bei Gewaltdelikten
Bei den Gewaltdelikten ist ein stärkerer Anstieg der nichtdeutschen Tatverdächtigen festzustellen. Im Verhältnis zu der durch Einwanderung deutlich gestiegenen Anzahl nichtdeutscher Personen in der Gesamtbevölkerung, fällt der relative Anstieg an deutschen und nichtdeutschen Tatverdächtigen jedoch ähnlich aus:
Fokus: Anstieg der Gewaltkriminalität bei Kindern und Jugendlichen
Auch bei Minderjährigen zeigt sich insgesamt ein auffälliger Anstieg der Tatverdächtigenzahlen. Insbesondere bei den Jugendlichen spielen wahrscheinlich auch sogenannte „Corona-Nachholeffekte“ eine Rolle. Für diese Altersgruppe relativ typische Normüberschreitungen waren während der Pandemie nur begrenzt möglich und werden nun möglicherweise verstärkt ausgelebt.
Vergleicht man die Tatverdächtigenzahlen vom ersten Halbjahr 2022 mit den Zahlen zum ersten Halbjahr 2023, hat das Bundeskriminalamt auch bei der Kinder- und Jugendgewaltkriminalität einen stärkeren Anstieg der nichtdeutschen Tatverdächtigen festgestellt. Ähnlich wie bei den erwachsenen nichtdeutschen Tatverdächtigen relativiert sich dieser Anstieg jedoch, wenn man die Zahlen im Verhältnis zu ihrem Anteil an der Gesamtbevölkerung betrachtet:
Autor:Siegfried Schönfeld aus Marl |
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