Bundesrat blockiert Hartz-IV-Reform
17.12.2010
Wer derzeit aufmerksam den Pressemeldungen zu der so genannten „Hartz IV-Reform“ folgt, wird feststellen, dass die Überschriften nahezu übereinstimmend alle in die Irre leiten.
„Die Welt“ tituliert „Bundesrat blockiert die Hartz-IV-Reform“ und beginnt mit der Aussage: „SPD-Länder verweigern von der Leyens Gesetz die Zustimmung - damit gibt es zum 1. Januar weder eine Regelsatzerhöhung noch ein Bildungspaket für bedürftige Kinder.“
Die Sueddeutsche schreibt: „Hartz-IV-Empfänger müssen warten“, die Frankfurter Rundschau „Nicht mal ein Almosen“, die Deutsche Welle „Hartz-IV-Reform im Bundesrat gescheitert“, Stern „Hartz-IV-Empfänger erhalten nicht mehr Geld“ und die Financial Times klingt fast traurig: “Hartz-IV-Empfänger müssen auf 5 Euro mehr warten“. „Bildungspaket vereitelt“; „Hartz IV-Empfänger haben das Nachsehen“ lauten andere Artikel.
Alle diese Aussagen sind zunächst sachlich richtig und vordergründig betrachtet „wahr“. Aber die verschwiegene Wahrheit ist das Gefährliche daran. Was alle diese Artikel verschweigen, ist die Tatsache, dass mit der Abweisung des Gesetzes im Bundesrat auch eine ganze Reihe von Verschlechterungen gestoppt wurden.
5,00 € mehr und Bildungspaket – nur Schlagworte, aber nicht das Gesetz!
Das derzeitige komplette Gesetzespaket enthält eine Vielzahl von Kürzungen für Hartz IV-Empfänger, so die Streichung des Elterngeldes und der Rentenbeiträge.
Das Übergangsgeld, dass den Übergang von ALG I in ALG II etwas abfangen sollte, soll mit sofortiger Wirkung entfallen. Außerdem ist eine erhebliche Verkürzung der rechtlichen Möglichkeiten vorgesehen.
Mehr zu den im Streit stehenden Gesetzesänderungen ab Januar 2011 finden Sie unter der Adresse: http://www.tacheles-sozialhilfe.de/aktuelles/2010/Zusammenstellung_Referententwuerfe.aspx
Kein Gesetz, keine Auszahlung.
„Sozialleistungen die das Existenzminimum betreffen, können nur auf einer gesetzlichen Grundlage erbracht werden.“
Ursula von der Leyen (CDU)
Was für die Auszahlung an Hartz IV-Bezieher gilt, ist offensichtlich für die ARGE Märkischer Kreis nicht bindend. Kürzungen werden bereits vor der Verabschiedung eines Gesetzes vorgenommen.
In vielen Bescheiden der ARGE MK finden sich dieser Tage Textbausteine wie dieser:
„Eine geplante Rechtsänderung sieht vor, dass der Zuschlag zum Arbeitslosengeld II ab dem 01 .01.2011 entfällt. Den lhnen bewilligten Zuschlag habe ich daher zunächst auf den 31.12.2010 befristet.“
In der Konsequenz bedeutet das, dass den Bedürftigen ohne jegliche gesetzliche Grundlage zum Auszahlungstermin 31. Dezember Leistungen vorenthalten werden. Der Verein aufRECHT e.V. (www.aufrechtev.de) rät dazu, unverzüglich Widerspruch gegen die rechtswidrigen Bescheide einzulegen.
Bundesverfassungsgericht
Am lautesten aber wird verschwiegen, dass die Regierung den Auflagen des Bundesverfassungsgericht nicht gerecht wird, dass eine gründliche Ermittlung der tatsächlichen Grundbedarfe der Erwachsenen und der Kinder ins Urteil geschrieben hat.
http://www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/ls20100209_1bvl000109.html
Mit der weiten Formulierung des Urteilstextes hatten die Verfassungsrichter der Regierung Raum und Zeit gegeben, das Gesicht zu wahren. – Die Regierung hat die Zeit nicht genutzt.
„Der Sozialrichter Jürgen Borchert, dessen Senatsvorlage maßgeblich dazu beitrug, dass die Hartz-IV-Regelsätze vom Bundesverfassungsgericht gekippt wurden, hält auch die neuen Berechnungen für verfassungswidrig. "Die Vorgabe des Gerichts, den Regelbedarf transparent und nachvollziehbar zu ermitteln, wurde nicht erfüllt", sagte Borchert der "Welt". Er ist einer der Experten, die zur Anhörung über die Hartz-IV-Reform in den Bundestag geladen.“
http://www.welt.de/print/die_welt/wirtschaft/article11121793/Richter-Neue-Hartz-IV-Plaene-sind-verfassungswidrig.html
Autor:Ulrich Wockelmann aus Iserlohn |
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