Man kann nichts ändern?
Berlin: gerichtlicher Erfolg im Kampf gegen Mobbing

Nachfolgender Bericht soll Beschäftigte ermuntern, sich gegen Ausbeutung und Mobbing durch ihre Arbeitgeber zu wehren. Solidarität vieler führt oft zum Erfolg, wie folgender Bericht zeigt (Quelle: www.bundesweite-montagsdemo.de):

Starke Solidarität beim Prozess gegen Behinderung von Betriebsratsarbeit bei Siemens/Siemens Energy. Betriebsrat Felix W. widerlegt die diffamierenden Anschuldigungen von Siemens und Siemens Energy aus 7 Abmahnungen. Außerdem wichtiger Sieg für die Berliner Kollegen der Firma Gorillas für ihr Betriebsratsrecht.

Es war ein Tag der Arbeitersolidarität. Am Berliner Arbeitsgericht hatten sich am 17.11.21 zu dem Prozess 30 Arbeiter, darunter von Schaltwerk Spandau und der Turbine aus Moabit, Gewerkschafter und Unterstützer aus einem breiten Spektrum versammelt. Die klare Forderung war: „Weg mit den 7 Abmahnungen von Siemens Energy gegen den Betriebsrat Felix W. und Schluss mit der Behinderung von Betriebsrats- und Gewerkschaftsarbeit“. Dazu gab es mehrere Solidaritätsgrüße. Die Solidaritätskundgebungverband sich auch mit den kämpferischen Kollegen der Firma Gorillas, die für eine Betriebsratsgründung am selben Vormittag einen siegreichen Prozess führten. Im Prozess gegen die 7 Abmahnungen sprachen Anwesende im Verhandlungsraum von einem Sieg für den Betriebsrat Felix W. Das Urteil des Arbeitsgerichts ist noch nicht veröffentlicht.

Das Gericht stellte zu Beginn an Siemens die Frage, warum 6 Abmahnungen aus einem Zeitraum von mehreren Monaten in einem Personalgespräch im März 2020 erteilt wurden, erhielt dafür aber von Siemens keine nachvollziehbare Erklärung. Betriebsrat Felix W. erläuterte, dass seine konsequente Kritik vom Standpunkt der Belegschaftsinteressen in dem Zeitraum der Abspaltung des Energy-Bereichs von Siemen der wesentliche Ausgangspunkt für die zahlreichen Repressionen der Geschäftsleitung war.

Die von ihm prognostizierte Arbeitsplatzvernichtung durch die Abspaltung wird inzwischen umgesetzt: 2.600 in Deutschland, 602 davon in der Moabiter Turbinenfabrik. Der ganze Fall ist wie eine Wiederholung der Abmahnungen von 2015/16, die Betriebsrat W. erhielt, als er sich aktiv mit vielen Kollegen erfolgreich gegen die Einführung der Wochenendarbeit im Schaltwerk einsetzte. Alle Abmahnungen hatte das Gericht kassiert.

Betriebsrat Felix W. widerlegte in der Verhandlung sachlich und überzeugend alle Falschbehauptungen in den Abmahnungen. So werde seine Betriebsratstätigkeit behindert durch Verwehrung eines Computer-Arbeitsplatzes und 6 Abmahnungen auf einmal zeigenden Charakter eines Einschüchterungsversuch gegenüber einem kämpferischen Gewerkschafter und seinen Kollegen. Er erhält auch wegen seiner Betriebsratstätigkeit keine berufliche Qualifizierung und die entsprechende Entgeltstufe. Des weiteren werden ihm in übler Weise diffamierende Behauptungen unterstellt und es wurde ihm verboten, seine Kollegen über die Abmahnungen zu informieren.

Durch gründliches Nachfragen des Gerichts zeigte sich, wie wenig Kenntnis die Vertreter von Siemens über Herrn W. Bedingungen für seinen Arbeitsplatz und seine Betriebsratsarbeit haben und so konnte es unsachliche Argumente von Siemens zurückweisen. Das Gericht gab Siemens Energy den Auftrag, einen abschließbaren Computerarbeitsplatz in der Abteilung zur Verfügung zu stellen, der zu jederzeit zugänglich ist und gab Hinweise für eine tarifgerechte Einstufung.

Das Gericht verteidigt die Meinungsfreiheit, die auch im Betrieb gilt.

Nach soviel Infragestellung der Begründungslage für die Abmahnungen suchte der Anwalt des Verbandes Metall und Elektroindustrie (VME) Berlin Brandenburg seine Flucht in spekulativen Behauptungen. Er versuchte die Abmahnungen und den Solidaritätskreis als Inszenierungen einer linken Partei darzustellen. Das Gericht wies auch dies als unsachgemäß zurück, da es nichts mit den genannten Abmahnungsbegründungen zu tun habe. Ausdrücklich stellte es fest, dass weltanschauliche Fragen keine Berücksichtigung bei der Urteilsfindung fänden und es verwies auf die grundgesetzlich garantierte Meinungsfreiheit (Artikel 3 und 4 Grundgesetz), die auch ihre Gültigkeit im Betrieb hat!

Somit wurde die Motivation der Firma Siemens deutlich. Jede mögliche „Störung“ der Profitmaximierung muss verhindert, eine Spaltung in der Belegschaft versucht werden und eine Weltanschauung der Arbeiterbewegung bekämpft werden, die eine Alternative zum kapitalistischen Krisengeschehen ist.

Der Solidaritätskreis stellt fest:
1. Wer hat die insgesamt 14 Abmahnungen auf unhaltbarer Grundlage „inszeniert“, Herr W., der         Solidaritätskreis oder Siemens?
2. Wir kämpfen mit Felix W. für die Forderung “Weg mit allen Abmahnungen des
    Betriebsrats Felix W. und Beendigung der Behinderung der Betriebsrats- und
    Gewerkschaftsarbeit.“
3. Jeder der diesen Kampf unterstützen will, kann auf antifaschistischer Grundlage
  mitarbeiten.
4. Der Solidaritätskreis ist überparteilich, finanziell unabhängig und wir finanzieren unsere
    Arbeit selbst aus Spenden.

Der Solidaritätskreis bedankt sich für die vielfältige Solidarität, für die Prozessunterstützung durch den DGB und IGM Berlin und die Berichterstattung. Wer diesen Kampf gegen Mobbing und die Behinderung der Betriebsratsarbeit bei Siemens unterstützen will, kann sich gerne an den Solidaritätskreis wenden und sollte sich in der Gewerkschaft organisieren.

In einer Solidaritätserklärung von Kollegen von Siemens Energy Berlin heißt es:
„Wir haben dich bei deinen mehrfachen Besuchen bei unseren Streiks und Protestaktionen vor den Toren der Turbinenfabrik über die Jahre hinweg immer als solidarischen und kämpferischen Gewerkschafter erlebt. Es hat uns auch sehr gefreut, dass du Dich 2019 als einer der ganz wenigen Betriebsräte im Siemens – Konzern entschieden gegen dieAbspaltung des Energy – Bereichs gestellt hast.

1000 Kollegen hatten damals bei uns auf dem Werkshof ebenfalls gegen die Abspaltung gestimmt. Denn es war sonnenklar, dass diese Abspaltung nur einen einzigen Zweck hatte: Profitsteigerung auf dem Rücken der Konzernbelegschaft.

(…) Lieber Felix, lass Dich weiterhin nicht unterkriegen! Wir brauchen gradlinige und konsequent auf der Seite der Belegschaft stehende Betriebsräte wie Dich. Mehr Informationen sind auf www.solikreis-felix-weitenhagen.de zu finden.

Kontakt: H. Gerecke: solikreis-f.weitenhagen@posteo.de

Hier appelliere ich an alle Beschäftigten: Lasst euch von euren Arbeitgebern nicht einschüchtern und gründet, wo es nach dem Betriebsverfassungsgesetz möglich ist, schnellstens Betriebsräte! Das darf der Unternehmer nicht blockieren!  Auch Mitarbeiter in kleinen oder Kleinstbetrieben, wo das Betrriebsverfassungsgesetz nicht greift, sind nicht völlig schutzlos! Im Arbeitsrecht gilt auch dort ein Kündigungsschutz, der Unternehmer darf also nicht machen, was er will! Bei Schikane oder Mobbing durch den Arbeitgeber: Sofort juristische Schritte einleiten!

Autor:

Ulrich Achenbach aus Bochum

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