Roman

Beiträge zum Thema Roman

Kultur

Christoph Heins Roman „Das Narrenschiff“
An der Zeitachse entlang

Die deutsch-deutsche Geschichte mit all ihren gegensätzlichen Befindlichkeiten, die sie entfachte, wird den inzwischen 81-jährigen Schriftsteller Christoph Hein (vermutlich) nicht mehr loslassen. „Nach 1989 gab es eine ungeheure Dämonisierung der DDR, jetzt eine rosarote Verklärung. Das würde ich mit Humor und Gelassenheit nehmen. Wer wirklich etwas über die DDR erfahren will, der muss Bücher lesen, die in dieser Zeit geschrieben wurden“, erklärte Hein vor einigen Jahren und empfahl in diesem...

Kultur

Antje Ravik Strubel: „Der Einfluss der Fasane“
Aufstieg und Fall

Die 51-jährige Schriftstellerin Antje Ravik Strubel, die schon vor einem knappen Vierteljahrhundert mit dem angesehenen Ernst-Willner-Preis in Klagenfurt ausgezeichnet wurde und 2021 für ihren Roman „Blaue Frau“ den Deutschen Buchpreis erhielt, hat sich in ihrem neuen Roman mit dem deutschen Feuilleton, dem Suizid eines Theaterintendanten und dem Aufstieg und Fall einer Journalistin beschäftigt. Im Mittelpunkt des Romans steht Hella Karl, Feuilletonchefin und renommierte Theaterkritikerin einer...

Kultur

Jente Posthuma: „Woran ich lieber nicht denke“
Bruder wird immer da sein

Die niederländische Autorin Jente Posthuma war hierzulande bisher ein unbeschriebenes Blatt. Das dürfte sich nun ändern, denn mit „Woran ich lieber nicht denke“ (stand im letzten Jahr auf der Shortlist des International Booker Prize) ist nun in deutscher Übersetzung ein außerordentlich beklemmender Roman erschienen, der sich um Suizid, Trauer und eine übergroße Geschwisterliebe dreht. „Waterboarding, sagte ich zu meiner Mutter. Jemand legt einem ein Tuch aufs Gesicht und schüttet ständig Wasser...

Kultur

Mascha Unterlehbergs Debütroman „Wenn wir lächeln“
Wut und Ohnmacht

„Ich schreibe selbst oft Texte aus einer Wut heraus, die durch ein Gefühl von Ohnmacht entsteht. Es hat etwas Befreiendes, sie beim Schreiben rauszulassen“, hatte die in Mülheim an der Ruhr geborene Mascha Unterlehberg nach Veröffentlichung ihres ersten Romans erklärt. Der literarische Erstling der Absolventin des Leipziger Literaturinstituts kreist um eine innige, aber dennoch fragile Freundschaft von zwei Teenager-Mädchen. Jara und Anto wachsen im Ruhrgebiet auf. Anto stammt aus einer...

Kultur

Fernando Aramburus Roman „Der Junge“
Literatur und Wahrheit

Obwohl Fernando Aramburu seit rund vierzig Jahren in der Nähe von Hannover lebt, gilt er als bedeutendster zeitgenössischer baskischer Schriftsteller. Sein verfilmter Bestseller-Roman „Patria“ (dt.: 2018), der um das ureigene baskische Lebensgefühl kreist und sich mit dem Terror der ETA auseinandersetzt, wurde in mehr als zwanzig Sprachen übersetzt und mehr als 800 000mal verkauft. In den begleitenden, kommentierenden Notaten seines Romans „Langsame Jahre“ (2019) schrieb Aramburu, dass er...

Kultur

Debütroman von Ines Habich-Milović
Roman als Spurensuche

Die 46-jährige Ines Habich-Milović hat bisher als Theaterautorin und Regisseurin auf sich aufmerksam gemacht. In ihrem Romandebüt setzt sie sich mit dem Lebensweg ihres als Kind nach Deutschland gekommenen Mannes auseinander. „Im Roman geht es um eine Spurensuche“, hatte die gebürtige Gelsenkirchenerin kürzlich in einem Interview mit dem WDR-Fernsehen erklärt. Vorgestellt hat sie ihren literarischen Erstling in ihrem Wohnort Recklinghausen - also mitten im Ruhrgebiet, wo ein großer Teil der...

Kultur

Kathrin Weßlings Roman „Sonnenhang“
Lebenssinn durch Seniorenheim

"In mir herrscht ganz viel Schwere, ich habe ganz viel Scheiße in meinem Leben erlebt. Aber ich bin gesegnet mit einer humorvollen Leichtigkeit, die mir hilft, da durchzugehen“, bekannte kürzlich die Autorin Kathrin Weßling, die mit ihren gerade einmal 40 Jahren schon eine Menge auf dem Buckel hat. Nach ihrem Abitur im westfälischen Ahaus ging sie zum Studium nach Köln, brach ab und arbeitete dann für vier Jahre als Regieassistentin und Souffleuse an den Hamburger Kammerspielen. Sie war als...

Kultur

Jonas Lüschers Roman „Verzauberte Vorbestimmung“
Zu viel Wissen, zu wenig Leben

„Man hatte nahezu jede erdenkliche Maschine, die die Spitzenmedizin in ihrem Arsenal vorrätig hielt, um mein Bett versammelt und an meinen Körper angeschlossen, mein Leben war vollständig vom Funktionieren dieser Geräte abhängig“, heißt es im neuen teils autofiktionalen, teil stark essayistischen Roman „Verzauberte Vorbestimmung“ des 48-jährigen in der Nähe von Zürich geborenen und in München lebenden Schriftstellers Jonas Lüscher. Dazu muss man wissen, dass Lüscher in der ersten Corona-Welle,...

Kultur

Michael Köhlmeiers Roman „Die Verdorbenen“
Verdorben und doch unschuldig

„Du bist verdorben auf die Welt gekommen. Ein verdorbener Mensch und dennoch unschuldig. Das gibt es“, heißt es über den Ich-Erzähler Johann. Der 75-jährige österreichische Autor Michael Köhlmeier, der seit den 1980er Jahren auf durchgehend hohem Niveau veröffentlicht und mit vielen Preisen ausgezeichnet wurde, hat nach den zuletzt hoch gelobten, relativ schmalen Romanen „Das Philosophenschiff“ (2024) und „Frankie (2022)“ wieder ein auf der Waage leichtes Buch vorgelegt – den novellenartigen,...

Kultur

Leon de Winters Roman „Stadt der Hunde“
Der sprechende Hund

„Mein erster Auftrag ist natürlich, eine spannende und unterhaltsame Geschichte zu schreiben. Wenn es auch noch etwas sagen könnte über unsere Wirklichkeit: Ja, natürlich, gerne! Ich schreibe so eine Geschichte nicht in einem Vakuum“, hatte der 70-jährige niederländische Schriftsteller Leon de Winter im Zuge der Veröffentlichung seines Romans „Geronimo“ (dt. 2016) erklärt, in dem Osama bin Laden eine zentrale Rolle einnahm. De Winter, Sohn orthodoxer Juden, ist immer auch ein politischer...

Kultur

Ursula Krechels Roman Sehr geehrte Frau Ministerin
Mütter und Söhne

Ursula Krechel setzt sich in ihrem neuen Roman anhand von drei höchst unterschiedlichen Frauenbiografien mit den teilweise abgründigen Beziehungen von Söhnen zu ihren Müttern auseinander. Eine fiktive Justizministerin, eine mittellose Kräuter-Verkäuferin und eine ambitionierte Lateinlehrerin stehen im Mittelpunkt. Und dann gibt es noch einen jungen Stalker, der gewalttätig wird. Die 77-jährige Ursula Krechel, die 1971 mit einer Arbeit über den Dramaturgen und Regisseur Herbert Ihering...

Kultur

Daniel Glattauers Roman „In einem Zug“
Leiden unter dem Glück

Seinen literarischen Durchbruch schaffte der 64-jährige Wiener Daniel Glattauer mit seinem 2006 veröffentlichten Roman „Gut gegen Nordwind“, einem modernen Briefroman, der ein wenig an den Kinofilm „Email für dich“ mit Tom Hanks und Meg Ryan erinnerte. Im Mai 2009 wurde eine Bühnenfassung in den Wiener Kammerspielen uraufgeführt. 2019 folgte die Verfilmung des Bestsellers mit Nora Tschirner und Alexander Fehling in den Hauptrollen. In den letzten knapp zwanzig Jahren ging es bei Daniel...

Kultur

Julia Schochs Roman „Wild nach einem wilden Traum“
Bei lebendigem Leib in Schrift verwandelt

Die 50-jährige Schriftstellerin Julia Schoch hat mit ihrem nun vorliegenden Roman „Wild nach einem wilden Traum“ ihre Trilogie mit dem Untertitel "Biographie einer Frau" zum Abschluss gebracht. In "Das Vorkommnis" (2022) begegnete eine Schriftstellerin auf einer Lesung eine ihr unbekannte Halbschwester und in "Das Liebespaar des Jahrhunderts" steht eine Ehe im Zentrum, die einen emotionalen Zerfall durchläuft. Im Mittelpunkt des neuen Roman steht eine namenlose Schriftstellerin, die...

Kultur

Stefanie vor Schultes Roman „Das dünne Pferd“
Wenn alles aus dem Ruder läuft

„Warum muss er finden, was niemand finden will. Warum muss er wissen, dass die Menschen selbst schlimmer sind als alle Dämonen, vor denen sie sich grausen“, hieß es über den 11-jährigen Martin, Protagonist des bitterbösen und gleichzeitig hochmoralischen Debütromans „Junge mit schwarzem Hahn“ (2021) aus der Feder von Stefanie vor Schulte. Als ihr 2021 in Hamburg der Mara-Cassens-Preis verliehen wurde, lobte die Jury: „Mit einer klaren und bildhaften Sprache, schafft es die Autorin,...

Kultur

Über KI: Charles Lewinskys Roman „Täuschend echt“
Wenn Kirsten einen Roman schreibt

Er war schon sechzig Jahre alt, als ihm 2006 mit seinem euphorisch gefeierten Roman "Melnitz", der vom Schicksal einer jüdischen Familie in der Schweiz über mehrere Generationen von 1871 bis 1946 erzählt, der literarische Durchbruch gelungen ist. Dabei hat Charles Lewinsky, der einige Jahre als Redakteur und Ressortleiter der Sendung "Wort-Unterhaltung" des Schweizer Fernsehens gearbeitet hatte, schon früher viel geschrieben: sein erstes Theaterstück mit 16, den ersten (unveröffentlichten)...

Kultur

Antonio Lobo Antunes: Am anderen Ufer des Meeres
Einsames Unglück

„Was und wie ich schreibe, muss unbedingt etwas mit mir zu tun haben, mit meinen Hirngespinsten und Obsessionen“, hatte der große portugiesische Schriftsteller Antonio Lobo Antunes vor einigen Jahren in einem Interview über sein dichterisches Credo befunden. Seit mehr als zwanzig Jahren wird sein Name in jedem Herbst stets hoch gehandelt, wenn das Rätselraten um die Verleihung des Nobelpreises in die heiße Phase geht. Nun ist der 30. Roman des inzwischen 82-järigen Portugiesen erschienen, der...

Kultur

Clemens Böckmanns Debütroman
Mutmaßungen über Uta

Was für ein eindrucksvolles literarisches Debüt! „Die eindringliche, literarisch anspruchsvolle Schilderung des DDR-Alltags und die vielschichtige Charakterzeichnung Utas“, hat die Jury des Jürgen Ponto-Preises Clemens Böckmanns ersten Roman bereits vor dessen Veröffentlichung gerühmt. Ein Buch, das völlig ohne Ostalgie daher kommt, hier wird nichts verklärt, sondern ein DDR-Lebenslauf mit all seiner Tragik und Dramatik aus unterschiedlichen Perspektiven rekonstruiert. Hauptfigur ist die...

Kultur

Richard Powers' Roman „Das große Spiel“
Naturbilder in poetischem Hochglanz

Richard Powers ist ein universal gebildeter Zeitgenosse, ein belesener Experte auf dem Gebiet der Physik, der virtuellen Welten, der Neurobiologie und der Ökologie. Dass er überdies auch eine Menge von Musik versteht, hat er in seinem Roman "Der Klang der Zeit" (2004) unter Beweis gestellt, der zu einem Weltbestseller wurde. Der 1957 in Illinois geborene Schriftsteller, der 2019 für seinen Roman „Die Wurzeln des Lebens“ mit dem Pulitzer Preis ausgezeichnet wurde, ist mit seinem breiten...

Kultur

Isabelle Lehns Roman „Die Spielerin“
Blick hinter die Fassaden

„Es ist eine Welt des schönen Scheins und der Fassaden. Eine Welt, die glänzt und durch Komplexität blendet, um zu verbergen, was sich hinter den Fassaden verbirgt.“ Mit diesen Worten hat die 45-jährige Schriftstellerin Isabelle Lehn ihren neuen Roman beschrieben, der - in rasantem Tempo erzählt – zwischen Krimi und Tragödie changiert. In „Die Spielerin“ geht es um das Doppelleben der Protagonistin A, „man umschreibt sie als Frau mittleren Alters“ - unauffällig, zurückhaltend, eher „graue Maus“...

Kultur

Katja Lange-Müllers Roman „Unser Ole“
Wenn es an Liebe fehlt

Katja Lange-Müller ist alles andere als eine Vielschreiberin. Trotz ihres relativ schmalen Oeuvres gehört sie zu den renommiertesten Stimmen der zeitgenössischen Literatur. 2016 hatte sie uns zuletzt in ihrem schmalen Roman „Drehtür“ mit der Protagonistin Asta Arnold eine herzensgute, aber letztlich gescheiterte Figur präsentiert. „Ich mag solche Figuren und ich sehe sie auch überall. Ich hatte immer solche Randfiguren, vom ersten Buch bis zum jetzigen“, hat die inzwischen 73-jährige Autorin...

Kultur

Daniela Kriens Roman „Mein drittes Leben“
Tod der Tochter

„Wie ein schwarzes Loch steht es im Zentrum meines Seins und schluckt jede Zukunft, bevor sie beginnen kann.“ Das schwarze Loch, in das die Protagonistin Linda in Daniela Kriens neuem Roman gefallen ist, weitet sich aus zu einer tiefen Lebenskrise. Sie war als Kuratorin beruflich erfolgreich und führte mit dem bildenden Künstler Richard eine glückliche Beziehung. Und dann war nichts mehr so, wie es vorher war. Die siebzehnjährige Tochter Sonja stirbt bei einem Verkehrsunfall, wird auf dem Weg...

Kultur

Judith Kuckart: Die Welt zwischen den Nachrichten
Nichts war genau so

„Alles ist gewesen, nichts war genau so“. Dieses Motto hat Judith Kuckart ihrem neuen autofiktionalen Roman voran gestellt, in dem sie wichtige Etappen aus ihrer Vita aus heutiger Perspektive nach erzählt, sie mit reichlich zeitgeschichtlichem Kolorit versieht und sich wiederholt die Frage stellt, wie stark der Einfluss von Zufällen in ihrem Leben war. Judith Kuckart, 1959 in Schwelm geboren, ausgebildete Tänzerin und Choreografin, hat sich seit ihrem literarischen Debüt „Wahl der Waffen“...

Kultur

Michael Kumpfmüllers Roman „Wir Gespenster“
Du bist überall

„Mein Glück besteht darin, dass ich immer schreiben wollte, spät damit angefangen habe, jetzt aber seit über Jahren schreibe - ich auch weiter schreiben kann, was ja immer eine ökonomische Frage is“, bekannte Erfolgsautor Michael Kumpfmüller in einem Interview. Die Erfolgsgeschichte des inzwischen 63-jährigen Autors begann im Jahr 2000 mit seinem von der FAZ damals vorab gedruckten Romanerstling „Hampels Fluchten“. Mit Nachfolgewerken wie den verfilmten und in 27 Sprachen übersetzten Roman “Die...

Kultur

Reinhard Kaiser-Mühlecker: Brennende Felder
Luisa auf Abwegen

Reinhard Kaiser-Mühlecker passt ganz und gar nicht in unseren schnelllebigen Literaturbetrieb, denn der Niederösterreicher bewirtschaftet nebenbei noch den von den Eltern übernommenen Bauernhof. Als er 2008 mit dem schmalen Roman „Der lange Gang über die Stationen“ debütierte, wirkte seine Prosa über das bäuerliche Leben wie ein Relikt aus vergangener Zeit, wie eine Art verspäteter Heimatroman. Doch längst ist der 41-jährige Schriftsteller dem Status‘ des Geheimtipps entwachsen, hat etliche...