Blick auf die Frauengesundheit am Weltkrebstag
Versorgungslücken schließen
Am 4. Februar ist Weltkrebstag – in diesem Jahr unter dem Motto: "Versorgungslücken schließen". So möchte die Deutsche Krebshilfe über die Möglichkeiten der Krebsprävention und -früherkennung aufklären und zugleich über die aktuellen Entwicklungen auf den Gebieten der Diagnose, Therapie und Nachsorge informieren.
Was gibt es in Sachen Frauengesundheit zu beachten? Prof. Philipp Harter, Direktor der Klinik für Gynäkologie & Gynäkologische Onkologie an den Evangelischen Kliniken Essen-Mitte, klärt auf.
Prof. Harter, Vorsorge ist immer auch eine Frage der Eigenverantwortung. Was raten Sie Frauen, um sich gesund zu erhalten?
„Präventionsmaßnahmen wie die Krebsvorsorge bei der niedergelassenen Gynäkologin oder dem Gynäkologen sollten unbedingt eingehalten werden. Jede Frau ab 20 Jahren kann und sollte einmal jährlich die gynäkologische Vorsorgeuntersuchung wahrnehmen. Das liegt in der eigenen Hand und sollte niemand schleifen lassen. Die gesetzliche Krankenversicherung übernimmt einen Zellabstrich vom Gebärmutterhals, den sogenannten Pap-Test. Dort aufgespürte Zellveränderungen lassen sich, frühzeitig erkannt, unkompliziert behandeln. Frauen ab 35 Jahren erhalten alle drei Jahre einen zusätzlichen Test auf humane Papillomviren (HPV). Wir haben in Deutschland diese Vorsorgestrukturen und verzeichnen eine verbesserte Frauengesundheit. So hat seit Einführung der Krebsvorsorge bei Gebärmutterhalskrebs vor rund 50 Jahren die Zahl an Neuerkrankungen um ein Vielfaches abgenommen.“
Trotz allem erkranken Frauen an Krebs. Welche weiteren Risiken gibt es?
„Das ist zum einen die erwähnte HPV-Infektion, die jeden Menschen treffen kann und zunächst in der Regel unbemerkt verläuft. Eine Folge kann jedoch Gebärmutterhalskrebs sein – oft Jahre bis Jahrzehnte später. Gegen einige Virustypen können Jungen und Mädchen ab einem Alter von neun Jahren geimpft werden, das empfiehlt auch das Robert-Koch-Institut. Ganz wichtig ist außerdem das Thema der genetischen Testung. Dies sollten Menschen in Erwägung ziehen, bei denen es auch weitere Angehörige mit bösartigen Erkrankungen gibt. Jemand unbelastetes hat ein Lebenszeit-Risiko von ca. 1,5 Prozent für die Entwicklung eines bösartigen Tumors der Eierstöcke. Je nach genetischer Vorbelastung sind es allerdings 50 bis 60 Prozent. Nach einem positiven Gen-Test gibt es dann unter anderem etwa die Möglichkeit, die Eierstöcke prophylaktisch entfernen zu lassen. Denn bei Eierstockkrebs gibt es im Gegensatz zu Brust- oder Gebärmutterhalskrebs keine effektive Vorsorge.“
Was empfehlen Sie Frauen, die an einem bösartigen gynäkologischen Tumor oder einem Mammakarzinom erkrankt sind?
„Schnell entsteht Panik, wenn ein Krebsverdacht im Raum steht. Eine nachvollziehbare Reaktion, doch sollten sich die Betroffenen in Ruhe ihre nächsten Schritte überlegen. Ich rate Frauen, sich in spezialisierte Kliniken zu begeben, in denen sich tagtäglich mit nichts anderem beschäftigt wird. Auch weite Anfahrtswege dürfen hier keine Rolle spielen, sondern vielmehr, wo es die optimale Behandlungsmöglichkeit gibt. Aktuelle Studien zeigen: Wer in einem spezialisierten Zentrum behandelt wird, lebt länger. Zertifizierungen durch die Deutsche Krebsgesellschaft (DKG) sind ein wichtiger Indikator für ausgezeichnete Behandlungsqualität und das Überleben. Auch in unserem Frauenkrebszentrum an den Ev. Kliniken Essen-Mitte profitieren die Patientinnen von der Zentrumsmedizin.“
Inwiefern? Was erwartet betroffene Frauen im Frauenkrebszentrum?
„Unsere Patientinnen erfahren einen ganzheitlichen Ansatz. Ihnen steht von Anfang an ein eingespieltes Team aus den unterschiedlichsten Fachdisziplinen zur Verfügung. In unseren interdisziplinären Tumorkonferenzen besprechen wir jeden Fall und einigen uns gemeinsam mit der Patientin auf eine individuell zugeschnittene Behandlung. Neben OP, Chemo- oder Strahlentherapie spielt unsere Integrative Medizin mit naturheilkundlichen Ansätzen eine große Rolle, wenn es darum geht, Nebenwirkungen von Therapien zu lindern und Hilfe zur Selbsthilfe zu erhalten, um das Befinden langfristig selber beeinflussen zu können. Darüber hinaus binden wir Ernährung und Bewegung über die Physiotherapie direkt in die Therapie mit ein. Unsere Psychoonkologinnen und -onkologen fangen Patientinnen und Angehörige in dieser Ausnahmesituation auf, Ergotherapie und Sozialdienst helfen dabei, wieder in den Alltag zurück zu finden.“
Welche modernen Krebstherapien kommen zum Einsatz?
„Eine Neuerung ist zum Beispiel das „Wächterlymphknoten-Verfahren“, bei dem der erste Knoten der Lymphbahn markiert, entfernt und auf Tumorzellen untersucht wird. Finden sich hier keine Krebszellen, können wir davon ausgehen, dass keine weiteren Lymphknoten befallen sind und erhalten bleiben können. Dadurch kommt es zu weniger Lymphproblemen. Insgesamt erholen sich Patientinnen heute viel schneller, auch nach radikalen Operationen. Hier spielt sicher auch die bereits erwähnte frühzeitige Einbettung in Begleittherapien eine große Rolle. Nebenwirkungen, auch innerhalb der Systemtherapie, lassen sich so sehr häufig auf einem moderaten Level halten. Gleichzeitig profitieren unsere Patientinnen dank aktueller und internationaler Studien, die bei uns im Hause durchgeführt werden, bereits Jahre vor der Zulassung von neuen Behandlungsoptionen.“
Autor:Michael Köster aus Essen |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.