Jahresbilanz zum Arbeitsmarkt in Essen
Schwache Wirtschaftsentwicklung beeinflusst den Arbeitsmarkt
Andrea Demler, Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Essen, und Dietmar Gutschmidt, Fachbereichsleiter des JobCenters Essen, ziehen Bilanz zum Essener Arbeitsmarkt im Jahr 2024 und geben einen Ausblick auf die Perspektiven für 2025.
Andrea Demler, Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Essen:
„Im Jahr 2024 zeigte sich der Essener Arbeitsmarkt zweigeteilt: Einerseits erreichte die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten ein neues Höchstniveau, andererseits stieg auch die Arbeitslosigkeit. Im Jahresdurchschnitt waren 32.960 Menschen arbeitslos gemeldet. Die Konjunkturflaute hinterlässt Spuren, zeigt sich in Essen jedoch moderat. Unsere Stadt ist von der aktuellen Transformation im industriellen Sektor weniger betroffen, und Beschäftigungszuwächse kommen vor allem aus dem Dienstleistungssektor. Wir rechnen dennoch mit einer steigenden Arbeitslosigkeit.
Trotz der konjunkturell bedingten Zurückhaltung der Unternehmen bei Neueinstellungen bleibt der Fachkräftebedarf in allen Branchen hoch und bremst so wiederum das Wirtschaftswachstum aus. Die Babyboomer-Generation geht in Rente und diese Stellen müssen neu besetzt werden. Das birgt Chancen für gut qualifizierte Menschen, stellt aber auch eine der größten Herausforderungen dar: Über 80 Prozent der offenen Stellen erfordern Fachkräfte oder höher Qualifizierte, während sechs von zehn Arbeitslosen nur Helferqualifikationen haben. Diesem Passungsproblem begegnen wir mit hoher Priorität durch verstärkte Investitionen in Weiterbildung und Qualifizierung. Der Erfolg zeigt sich in der Integrationsquote: Fast 80 Prozent der Teilnehmenden an Qualifizierungsmaßnahmen finden anschließend Arbeit oder sichern ihre bestehende Beschäftigung dadurch ab. Auch im vergangenen Jahr nahmen viele Menschen berufliche Weiterbildung wahr, um ihre Arbeitsmarktchancen zu verbessern. Wir setzen diesen Kurs fort, um Arbeitskräfte dorthin zu bringen, wo sie gebraucht werden.
Dabei ist uns bewusst, dass es manchmal auch den Mut für Plan B erfordert - sicher kein leichter, aber notwendiger Prozess, den wir mit unserer Beratung unterstützen. Trotz einiger negativer Prognosen möchte ich den Blick in 2025 auf die Chancen richten. Gemeinsam mit den Ressourcen aller Partner am Arbeitsmarkt sind wir gefordert, um auf die wirtschaftliche Entwicklung zu reagieren. Ein wichtiges Instrument ist die Arbeitsmarkt-Drehscheibe, die bei angekündigten Entlassungen greift und idealerweise einen direkten Wechsel von Job zu Job ermöglicht, ohne dass es zur Arbeitslosigkeit kommt.“
Dietmar Gutschmidt, Fachbereichsleiter JobCenter Essen
„Dem JobCenter Essen ist es trotz der wirtschaftlich schwierigen Bedingungen in 2024 gelungen, seine Integrationserfolge zu steigern: Mit voraussichtlich 11.200 Integrationen von Bürgergeldbeziehenden in sozialversicherungspflichtige Arbeit oder Ausbildung wird das Ergebnis des Vorjahres um absehbar etwa 484 Arbeitsaufnahmen verbessert. Für die Zukunft ist es wichtig, dass das JobCenter weiterhin über ein breites Angebotsspektrum von Integrationsmaßnahmen verfügt. Denn die Struktur der Arbeitsuchenden bleibt - mit vielen Langzeitarbeitslosen, Menschen, denen Kenntnisse, Qualifikationen und Abschlüsse fehlen und einem hohen Anteil von Geflüchteten - schwierig.“
Die Zahlen im Einzelnen:
Erneut historischer Höchstwert der Beschäftigung zu den Vorjahren
Zum aktuellen Stichtag Ende Juni 2024 stieg die Zahl der sozialpflichtig Beschäftigten auf Rekordniveau: Insgesamt 270.597 Personen waren sozialversicherungspflichtig beschäftigt, 3.631 mehr als im Juni 2023, ein Plus von 1,4 Prozent. Die stärksten Steigerungen waren in der Energieversorgung, im Gesundheitswesen und in der öffentlichen Verwaltung zu verzeichnen. Den höchsten Rückgang gab es – bedingt durch die Schließung eines Großlager – in der Lager- und Logistik-Branche, gefolgt von den Bereichen Herstellung von Druckerzeugnissen sowie Post-, Kurier- und Expressdienste (betrachtet werden hier jeweils März 2023/März 2024, aktuelle Daten stehen turnusgemäß Mitte Januar zur Verfügung). Die meisten sozialversicherungspflichtig Beschäftigten sind mit 9,8 Prozent im Gesundheitswesen und mit 6,5 Prozent im Einzelhandel tätig.
Konjunkturelle Entwicklung beeinflusst den Arbeitsmarkt
Im Jahresdurchschnitt 2024 waren 32.960 Essenerinnen und Essener arbeitslos gemeldet. Das sind 1.130 Personen oder 3,5 Prozent mehr im Vergleich zum Vorjahr. Im langjährigen Verlauf stieg die Arbeitslosigkeit damit auf vergleichsweise niedrigem Niveau. Die Arbeitslosenquote lag bei 10,8 Prozent.
Bei den jungen Arbeitslosen bis 25 Jahren stieg die Arbeitslosigkeit um rund 7 Prozent.
Steigerungen waren bei den arbeitslos gemeldeten ausländischen Personen zu verzeichnen, sie sind vorwiegend auf die geflüchteten ukrainischen Menschen im Rechtskreis SGB II zurückzuführen.
Rund zwei Drittel der arbeitslos gemeldeten Frauen und Männer sind lediglich auf Helferniveau qualifiziert. Sie passen damit nicht immer zum Anforderungsniveau auf dem Arbeitsmarkt, der in allen Branchen einen hohen Fachkräftebedarf aufweist.
Vor allem Fachkräfte sind gefragt
Mit 3.530 gemeldeten Arbeitsstellen im Bestand waren 486 Stellen weniger zu verzeichnen, 12,1 Prozent weniger als im Vorjahr. Bei den neu gemeldeten Arbeitsstellen zeigt sich im Jahresdurchschnitt die Zurückhaltung der Arbeitgeber deutlich mit einem Rückgang von 1.429 Stellen oder 15,2 Prozent auf insgesamt rund 8.000 Stellen.
In der konjunkturell angespannten Situation halten die Arbeitgeber ihre Belegschaften, stellen aber weniger neu ein. Bei den ausgeschriebenen Stellen werden zu über 80 Prozent Fachkräfte oder höher qualifizierte neue Mitarbeitende gesucht. Die stärksten Steigerungen beim Fachkräftebedarf liegen im Bereich IT, bei der Gebäudetechnik und beim Rechnungswesen.
Weiterbildungsoffensive weiterhin wichtiges Thema
Durch das verstärkte Engagement in Weiterbildung konnten in Essen insgesamt 2.096 Menschen berufliche Weiterbildungsmaßnahmen besuchen, eine Steigerung um 4,2 Prozent.
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