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AWO-Integrationsagentur Gelsenkirchen bietet mehrsprachige Corona-Hotline an
Gegen die Stille

Miora Boboc und Danail Veselinov (Hintergrund) beraten an der Corona-Hotline. Sie soll schnelle und unbürokratische Hilfe bieten und das in über 20 Sprachen.  | Foto: © Jürgen Peperhowe
  • Miora Boboc und Danail Veselinov (Hintergrund) beraten an der Corona-Hotline. Sie soll schnelle und unbürokratische Hilfe bieten und das in über 20 Sprachen.
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Ein besorgter Familienvater ist am Telefon. Sein Lkw-Führerschein läuft bald ab – und ohne „Lappen“ ist auch der Arbeitsplatz in Gefahr. Aber wie kann er das Dokument verlängern, wenn die Ämter den Publikumsverkehr eingeschränkt haben? Ein typischer Fall für die Corona-Hotline der Arbeitswohlfahrt (AWO) in Gelsenkirchen: Sie vermittelt, hilft, beantwortet Fragen – und das in über 20 Sprachen!

Erste Ansprechpartnerin
Kaum hat sie einen Anrufer weiterverbunden, klingelt es schon wieder: Bei Birgit Bendixen im AWO Quartierszentrum im Gelsenkirchener Ortsteil Feldmark laufen alle Fäden zusammen. Sie ist meist die erste Gesprächspartnerin, wenn jemand die mehrsprachige Corona-Hotline anwählt. „Ich frage zunächst, worum es geht und welche Sprachen der Anrufer beherrscht. Dann kann ich zu einem unserer Kollegen weiterverbinden.“ Oft sind es wiederkehrende Fragen, mit denen sich die Ratsuchenden beschäftigen: Wann ist wieder Schule? Dürfen sich die Kinder mit ihren Freunden treffen oder nicht? Was muss ich tun, wenn mein Chef Kurzarbeit angekündigt hat?

Schnelle Hilfe

„Vieles können die Integrationslotsen direkt beantworten. Bei speziellen Fragen stellen sie den Kontakt zu Ämtern und Behörden oder weiteren Anlaufstellen wie der Arbeitsagentur her. Dabei bleiben die Kollegen zur Sprachvermittlung weiter in der Leitung“, erklärt Admir Bulic, Leiter der AWO-Integrationsagentur. „Viele Anrufer freuen sich einfach, jemanden zu haben, der ihnen zuhört – gegen die Stille und die Einsamkeit in den eigenen vier Wänden“, berichtet Miora Boboc. Die langjährige Integrationslotsin der AWO, die nun beim Diakoniewerk arbeitet und Soziale Arbeit studiert, hilft am Telefon mit ihren rumänischen und arabischen Sprachkenntnissen. „Es ist ein besonderes Gefühl, wenn man Menschen unterstützen kann, die an einem Punkt sind, an dem man sich in der Vergangenheit selbst befunden hat.“

Licht ins Dunkel
Als die Ausmaße der Corona-Krise immer deutlicher wurden, hat die AWO nicht lange gezögert. Die Integrationslotsen, die sonst im direkten Kontakt Menschen mit Migrationshintergrund betreuen, mussten ihre übliche Tätigkeit mit Hausbesuchen unfreiwillig verändern. Warum also nicht per Telefon helfen? Auf die erste Idee folgten schnell Taten. Bereits am 1. April ging die mehrsprachige Corona-Hotline, erreichbar über die zentrale Rufnummer der Stadt Gelsenkirchen, an den Start. Das hilfreiche Angebot hat seitdem für Hunderte Menschen Licht ins Dunkel gebracht. „Viele gerade zugezogene Menschen sprechen noch wenig Deutsch, doch natürlich haben sie auch viele Fragen bezüglich der aktuellen Situation und der sich immer wieder ändernden Regeln und Vorgaben“, erklärt AWO-Geschäftsführerin Gudrun Wischnewski. „Hier wollten wir mit dem Brückentelefon eine schnelle und unkomplizierte Hilfe anbieten.“

Über 20 Sprachen
Andere Kommunen bieten ebenfalls mehrsprachige Telefonberatungen an. In ihrem Umfang ist die Gelsenkirchener Hotline aber wohl landesweit einmalig. Neben Deutsch ist die Beratung schwerpunktmäßig in den Sprachen Englisch, Polnisch, Arabisch, Türkisch, Farsi, Bulgarisch, Rumänisch und Russisch möglich. Doch nicht nur das: „Unsere Teams sind interkulturell, so dass wir mehr als 20 Sprachen abdecken können. Für die Hotline haben wir unsere fachlichen und sprachlichen Ressourcen gebündelt, um die vielfältigen Beratungsangebote trotz Kontaktverbot fortführen zu können“, erklärt Bulic. Denn die Krise ist nur zu meistern, wenn alle Bürger ausreichend aufgeklärt sind. „Die zahlreichen Anrufe zeigen, wie sehr die Hotline benötigt wird und wie kompetent die mehrsprachigen Kollegen der AWO weiterhelfen können. Ein toller Service!“, sagt Uwe Gerwin, Leiter des Referates Zuwanderung und Integration bei der Stadt Gelsenkirchen.

Füreinander da sein
Dutzende Anrufe pro Tag zeigen den hohen Bedarf an Information und Beratung. Und ein Abflachen der Nachfrage ist noch nicht zu erkennen. „Jetzt rücken zunehmend Themen wie Sorgen um den Arbeitsplatz in den Vordergrund“, erläutert Wischnewski. Daher soll die Corona-Hotline bis auf weiteres erreichbar bleiben. Zusätzlich hat die AWO-Integrationsagentur seit Mitte Mai auch wieder die persönlichen Beratungsangebote anlaufen lassen – natürlich mit Sicherheit und gebotenem Abstand. Zudem gibt es statt sonst üblicher offener Sprechstunden nun feste Terminvereinbarungen. Eines steht dabei stets im Mittelpunkt: „Wir müssen aufeinander achten und füreinander da sein, um die schwere Zeit erfolgreich zu bestehen“, sagt AWO Mitarbeiter Danail Veselinov, der am Telefon auf Bulgarisch und Türkisch weiterhelfen kann. Manchmal genügt dazu schon eine kleine Geste: So haben AWO- und Diakonie-Mitarbeiter sowie Ehrenamtler über 300 kreative Postkarten gestaltet, die an ältere und einsame Menschen verteilt wurden – als herzlicher Nachbarschaftsgruß.

Fortsetzung erwünscht
In der Corona-Zeit haben die AWO-Mitarbeiter eine spannende Erfahrung gemacht. „Durch das Telefonangebot haben wir viele Menschen erreicht, zu denen wir bislang gar keinen Kontakt hatten“, sagt Miora Boboc. Daher könnte aus der Corona-Hotline, die ad hoc ohne zusätzliche finanzielle Mittel realisiert wurde, sogar eine feste Einrichtung im Beratungsangebot werden – über die aktuelle Gesundheitskrise hinaus. Dafür allerdings, räumt Bulic ein, ist zunächst die Projektförderung zu klären. „Unser Wunsch ist es, immer nah bei den Menschen zu sein – wenn es nicht anders geht, auch mit Abstand und per Telefon.“
Die Hotline ist montags bis freitags von 8 bis 18 Uhr unter Tel. 0209/169-7000 zu erreichen.

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